Film: Alice im Wunderland
Filmstart: 4. März 2010
Länge: 108 min.
Altersfreigabe: 12
Schauspieler: Johnny Depp (Der Hutmacher), Mia Wasikowska (Alice), Helena Bonham Carter (Rote Königin) u.a.
Regisseur: Tim Burton (andere Werke: Planet der Affen, Charlie und die Schokoladenfabrik, Sweeney Todd)
Story:
"Alice hat ihre Albträume aus der Kindheit schon längst vergessen. Aus dem kleinen, schüchternen Mädchen ist eine junge Frau geworden - eine Frau, die, wie es sich für die damalige Zeit gehört, zu heiraten hat. Nicht aus Liebe, sondern eine Vernunftheirat, am besten mit einem Lord, und sei dieser noch so geschniegelt. Als dann auch der Verlobungsantrag kommt, weiß Alice weder ein noch aus - und sieht ein weißes Kaninchen mit Weste, welches mit ein paar Fingerdeutungen auf die Uhr klar macht, dass die Zeit drängt. Kurz entschlossen flüchtet Alice vor der Feiergemeinschaft und eilt dem Wesen hinterher, das in einem ziemlich großen Kaninchenbau, eher einem schwarzen Loch, verschwindet. Ehe sich Alice versieht, ist sie hineingefallen - und findet sich an einem Ort namens "Unterland" wieder, der von grinsenden Katzen, verrückten Hutmachern, sprechenden Tieren und vielen Abstrusitäten mehr bevölkert wird. Zu allem Überdruss wird ihr auch noch prophezeit, dass sie ein geflügeltes Monstrum zu erschlagen hätte, um das unterdrückte Volk von der Herrschaft der brutalen Herzkönigin zu befreien. Eindeutig ein Traum - oder etwa doch mehr...?"
"Alice im Wunderland" ist als eine Fortsetzung zu Disneys Zeichentrick-Version gedacht und auch klar als solche angesiedelt. Das Wunderland erkennt man sofort wieder, auch wenn es jetzt, seit der fortwährenden Herrschaft der Herzkönigin, viel düsterer und ungemütlicher aussieht, und alte Bekannte trifft man allerorten. Alice ist dieses Mal jedoch kein kleines Mädchen mehr, sondern eine emanzipierte junge Frau, die fest davon überzeugt ist, zu träumen - und die ihren Weg zurück erst einmal wieder finden muss.
Damit wäre eigentlich auch schon die gesamte Handlung zusammen gefasst. Was folgt, ist einer Geschichte aus dem Wunderland absolut unwürdig: War die Zeichentrick-Version noch voller Überraschungen, unvorhersehbaren Ereignissen und ohne klar strukturierter Handlung, an der man sich zumindest grob hätte orientieren können, läuft in diesem Film alles nach Schema F ab. "Vorhersehbar" ist nicht mehr nur noch ein Wort - mit diesem Film hat es eine neue Definition erhalten.
Wer den Kino-Trailer des Films schon gesehen hat, kennt bereits fast alle guten bzw. spannenden Szenen. Spielerische Meisterleistungen kann man von Mia Wasikowska alias Alice nicht erwarten - sie bleibt während des gesamten Films eine starre Puppe, der man keine tatsächliche Charakterentwicklung ansieht. Johnny Depp als verrückter Hutmacher hingegen hat wieder einmal eine (verrückte) Paraderolle, die er mit Irrsinn, Witz und (verrücktem) Charme vollkommen auszufüllen weiß. Allerdings ist es fraglich, ob man nur wegen Johnny Depp einen Film sehen will, der ansonsten nichts zu bieten hat, außer einer humorvollen Grinse-Katze und einigen wenigen lustigen bis komischen Szenen, die sehnsüchtig an das wahre Wunderland denken lassen. Allerdings sind diese verrückten Szenen nur so selten eingestreut und werden ständig von lieblosen Übergängen, welche die Story gnadenlos vorantreiben, unterbrochen, dass sie niemals die Chance bekommen, sich zu entfalten und die wahre Wunderland-Atmosphäre zu verströmen, wegen der man eigentlich in das Kino gegangen ist.
Die (angebliche) Aussage von Tim Burton, er hätte den Film nicht gedreht, wenn er nicht die Möglichkeit des 3D-Kinos zur Verfügung gehabt hätte, ist, sollte er sie tatsächlich so geäußert haben, ein Witz. 3D-Elemente kommen ohne Zweifel vor, doch hätte man sie genauso gut weglassen können. Verglichen etwa mit einem in Bezug auf diese Technik monumentalen Film wie "Avatar" erscheinen die hier verwendeten Effekte schmalspurig bis nichtig, gar unnötig. Hätte man sie weggelassen, wäre es insgesamt auf das Selbe herausgekommen - man hätte eben keine Brille über die Brille auf die Nase setzen müssen, wenn man eine Sehschwäche hat, und man hätte trotzdem nichts Sehenswertes verpasst.
Wofür man den Regisseur allerdings loben muss, ist die musikalische Untermalung, die wirklich perfekt zur düsteren Optik oder zum strahlend weißen Horizont passt, wenn das Blickfeld einmal von der Herz- auf die weiße Königin wechselt. Dorthingehend hat sich Burton wahrlich nicht lumpen lassen - dennoch ist der Film eindeutig keine Fortsetzung seiner beeindruckenden Karriere, sondern eher ein Rückschlag.
Fazit: Hätte ich eine Skala zwischen Eins und Zehn, würde ich wohl eine 3 vergeben - und das wahrscheinlich auch nur, weil ich lediglich einen kleinen Teil des Anfangs des Zeichentrick-Vorgängers gesehen habe und somit noch ziemlich unvoreingenommen dastehe, im Gegensatz zu meinen Kino-Begleitern. In einem waren wir uns allerdings einig: Für den Film einen 3D-Zuschlag zu zahlen, ist wahrlich eine Unverschämtheit. Überhaupt kann das im Vorfeld doch recht hochgelobte "Kinospektakel" in praktisch keiner Kategorie überzeugen. Erwartungen, vor allem an die Handlung, werden im Allgemeinen enttäuscht, die Charakterentwicklung von Alice bleibt fast vollkommen aus, und auch Johnny Depp kann hier den Tag nicht retten, wie er es beispielsweise in den "Fluch der Karibik"-Filmen mit seiner humorvollen und verrückten Art gemacht hat.