Vorab sei angemerkt: Dieses Doppel-Review bezieht sich auf “No More Heroes: Heroes’ Paradise”, das 2011-PS3/Xbox360-Remake des ersten Teils (back in 2008 auf der Wii erschienen, wobei ich natürlich auf Versionsunterschiede eingehe) sowie „No More Heroes 2: Desperate Struggle“ (anno 2010, Wii only). Dies liegt größtenteils daran, dass die Spiele einerseits viele Ähnlichkeiten, andererseits aber auch sehr viele Unterschiede aufweisen, weswegen es sich lohnt, sie als mehr oder minder fortlaufenden Text näher zu beleuchten und zu kontrastieren. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
Teil 1: You don't want this to become NO MORE HEROES FOREVER, do you?
Über No More Heroes wird in Rezensionen ja viel erzählt. Manch einer vergleicht es mit Tarantino-Filmen, andere betonen die angebliche Japanlastigkeit und wieder andere haben noch weitere aberwitzige Thesen am Start. Fakt ist jedenfalls: Der erste Teil der Reihe ist eine beißende Satire auf (nicht ausschließlich, aber vornehmlich) westliche Pop- und Gamingkultur. Nicht mehr und nicht weniger. Der Hauptcharakter Travis Touchdown, der in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung seiner Leidenschaft für Anime, Videospiele und Anverwandtes frönt, bekommt während eines alkohollastigen Abends in der Death Match Bar von der charmanten Sylvia Christel, einer Agentin der United Assassins Association (kurz UAA), das reizvolle Angebot, sich in der Liga der Auftragskiller ganz nach oben zu arbeiten. Da trifft es sich natürlich prima, dass er kürzlich eh gerade ein Lichtschwert bei einer Online-Auktion ersteigert hat und ansonsten mit seinem langweiligen Leben nicht viel anzufangen weiß. Soweit klar? Okay.
Der Ablauf des Spiels ist dabei relativ linear vorgegeben: Ihr verdient euch in Nebenaufgaben genügend Geld, um das nächste Ranking Match bezahlen zu können, kämpft euch dann durch einen Haufen namenloser 08/15-Gegner und steht am Ende dem Levelboss gegenüber, der euch vom nächsthöheren UAA-Rang trennt. Diese Bosse sind ohne Zweifel das Sahnehäubchen des Spiels, da sie sehr detailliert in langen Cutscenes präsentiert werden und fast alle auf ihre Art und Weise einen aus Film und Fernsehen bekannten Stereotyp parodieren. So bekämpft man u.a. einen schizophrenen Superman-Verschnitt, einen Bühnenmagier mit Hang zu tödlichen Zaubertricks sowie einen abgehalfterten korrupten Cop mit begnadeter Gesangsstimme, der Charles Bronson auffällig ähnlich sieht. Und das sind noch die weniger abgefahrenen. Es ist sicherlich für jeden was dabei, lockere Sprüche und witzige, selbstreferentielle Dialoge inklusive. Und natürlich treibt einen die Frage: Wer wartet an der Spitze der Rankings? Was für dubiose Storywendungen hält das Spiel bereit? Und wer ist dieser Typ, der mir meinen Kill gestohlen hat? Auf all dies und mehr erhält der Spieler natürlich Antworten, die in sich wiederum Klischees auf die Schippe nehmen. Insbesondere in der zweiten Spielhälfte geht es zunehmend seltsamer zur Sache und man muss mit allem rechnen.
Die offen befahr- und erkundbare Stadt Santa Destroy, in der Travis unterwegs ist, erweist sich dabei mit ihrer forcierten Leb- und Lieblosigkeit als Seitenhieb auf Sandbox-Titel allgemein und die GTA-Reihe im Speziellen (was dieses Gameplay-Element leider nicht zu entschuldigen vermag). Ähnliches gilt für die Minijobs, denn bevor es ans lustige Morden geht, gibt es extrem alltägliche Aufgaben wie Rasenmähen, Volltanken und Müllsammeln zu erledigen. Der hinterlistige Humor von Goichi Suda, welcher mit seinem Studio Grasshopper Manufactures für den Spielinhalt verantwortlich zeichnet, schlägt sich damit nicht nur in den unterhaltsamen Zwischensequenzen, sondern auch massiv im Gameplay selbst nieder. Auf manchen mag es entnervend wirken, zunächst eine Reihe von Deppenjobs ausüben zu müssen, bevor die Teilnahmegebühr fürs nächste Blutbad zusammengerafft ist, aber mir persönlich haben die meisten davon zumindest beim ersten Spielen viel Spaß bereitet, da sie auch nicht sonderlich schwer sind. Anders sieht es da schon mit den Assassination Gigs aus, die zwar meist deutlich mehr Geld einbringen, euch aber häufig nur unter ganz bestimmten Bedingungen auf die Gegner loslassen, was sich stellenweise als durchaus knifflig erweist (es ist jedenfalls sehr nervenschonend, Upgrades so früh wie möglich im Spielverlauf zu erwerben). Wer damit noch nicht ausreichend bedient ist, kann sich Klamotten kaufen, Videos ausleihen (um neue Wrestling-Moves zu erlernen), im Thunder Ryu Buildung unter dem strengen Blick von Travis’ Mentor trainieren, von der verführerischen Doctor Naomi zusätzliche Lichtschwerter (mit nützlichen Erweiterungen) erwerben oder sich im Austausch gegen in der Stadt herumliegende Bälle von einem betrunkenen Russen verprügeln lassen, um neue Techniken und Gimmicks freizuschalten. So läuft das hier eben. Und wem das IMMER noch nicht reicht, der darf in den Müllcontainern von Santa Destroy nach Geld und T-Shirts suchen sowie allerorten nach Sammelkarten Ausschau halten, auf denen die Lieblingswrestler des Protagonisten bzw. (im zweiten Spieldurchgang) Concept Arts sämtlicher Haupt- und Nebencharaktere abgebildet sind.
Ich, der ich damals die Original-Version auf der Wii spielte, bin über dieses Remake in vielerlei Hinsicht sehr froh.
Punkt Eins: Es ist ungeschnitten. Ich bin zwar niemand, der in Spielen unbedingt saftige Blutfontänen braucht, doch in der zensierten Version wirkten einige Todesszenen leider unfreiwillig komisch und im Hinblick auf Teil 2 auch völlig unlogisch (Rank 7! Rank 7!).
Punkt Zwei: Es wurden einige Elemente in den Nebenaufgaben deutlich verbessert. So kann man, wenn man einen Assassination Gig oder einen Job wiederholen möchte (Stichwort Goldmedaille), den Fahrtweg dorthin zeitsparend überspringen und die Free Fight Missions (die man komplett ohne Gegentreffer schaffen muss— ist zum Glück machbarer, als es sich anhört) darf man, wenn man gescheitert ist, nun sofort und unbegrenzt nochmals versuchen und muss nicht erst 15 Minuten lang warten, bis das Missionssymbol zum nächsten Versuch wieder auf der Karte erscheint (die mit Abstand beste Änderung, wirklich).
Punkt Drei: Santa Destroy wurde verkleinert. Der komplette Norden der Stadt ist aus dem Spiel herauseditiert worden, die wenigen Collectibles und Missionen, die dort zu Wii-Zeiten noch platziert waren, wurden an anderen Punkten untergebracht. Da mag man sich, wenn man das Spiel nicht kennt, zwar zunächst aufregen wollen, dass hier Content gestrichen wurde, doch da besagter Stadtabschnitt eher wirkte, als wolle man Platz auf der Map auffüllen (nein, wirklich, da gab’s drei Nebenmissionen und fünf T-Shirts…? NIX!), ist dies sogar als Verbesserung zu werten. Weniger sinnloses Herumfahren ist immer gut.
Punkt Vier: Die Grafik wurde HD-mäßig überarbeitet und wirkt im Vergleich nun deutlich hübscher. Reißt zwar immer noch keine Bäume aus, aber das will das Spiel ja auch gar nicht. Zumindest wirken die Charaktere nun deutlich weniger klobig und übermäßig schattiert.
Allein schon aus diesen Gründen würde ich jedem, der No More Heroes spielen möchte, „Heroes’ Paradise“ wärmstens ans Herz legen, denn es ist dem Wii-Original in wirklich allen Belangen überlegen. Lediglich die Kollisionsabfrage des Schpeltiger kommt mir NOCH schlechter vor. Außerdem wurde ‚Heavenly Star’ komplett gestrichen. Aber angesichts der vielen Verbesserungen sind solche Kleinigkeiten zum Glück kaum von Belang.
Weiterhin gibt es einige Bonusinhalte wie die Möglichkeit, Zwischensequenzen noch einmal zu erleben sowie den Score Attack Mode, in dem man versuchen kann, die Bosskämpfe mit einer möglichst hohen Punktzahl abzuschließen. Oh, und wo wir gerade bei Bossen sind: Einige Charaktere aus No More Heroes 2: Desperate Struggle wurden in Form von Albträumen als zusätzliche Gegner ins Spiel integriert, jedoch geschah dies etwas lieblos, da man sie in einer standardisierten Arena und außerhalb jedes Storykontextes bekämpft, wodurch sie wirklich sehr viel von ihrem ursprünglichen Charme verlieren (insbesondere Kimmy Howell und Alice Twilight). Das im Vergleich zum Nachfolger bisweilen etwas ungelenke, aber dennoch einsteigerfreundliche Kampfsystem wurde unverändert beibehalten und geht auch ohne Move-Bewegungssteuerung (d.h. mit einem normalen Controller) leicht von der Hand. Der letzte Zusatz ist der Very Sweet Mode, ein lächerlich niedriger Schwierigkeitsgrad, dessen besonderer Reiz darin besteht, dass alle weiblichen Charaktere (…alle außer Speed Buster) in deutlich knapperen Klamotten daherkommen. Sicherlich ein netter Gag, aber nichts Atemberaubendes. (Für die 100%-Jäger unter uns bekam der Titel zudem eine anständige und recht problemlos komplettierbare Trophy List spendiert.)
Am Ende bleibt also ein satirisches Slasher-Abenteuer mit einem teilweise etwas gewöhnungsbedürftigen Gameplay und vielen bemerkenswerten Charakteren, mit dem man auf jeden Fall eine ganze Menge Spaß haben kann, sofern man den nötigen Humor (und genügend popkulturelles Vorwissen) mitbringt. Zur absoluten Großartigkeit fehlt dem Spiel, mehr Streamlining hin oder her, leider auch in dieser aufgepeppten Version noch immer das gewisse Etwas: Zu öde ist die Stadt, zu monoton das Money Grinding vor allem gegen Spielende, zu sehr verlässt sich das Spiel darauf, den Spieler ständig mit neuen verrückten Features und Charakteren überraschen zu wollen, scheinbar grundlos und just for the heck of it. Es hat seine Momente, in denen man wirklich begeistert ist, aber es hat auch zweifelsohne seine Längen.
7 von 10
Teil 2: This isn’t a battle anymore, it’s a motherfucking war!
Im Normalfall freut man sich ja, wenn ein zweiter Teil dort anknüpft, wo der erste aufhörte. Wenn man diesbezüglich von No More Heroes spricht, ist dies allerdings schwierig, da das Finale des ersten Teils ein wildes Durcheinander von Klischee-Storywendungen (bekannt aus Film und Fernsehen!) war, von denen wohl kein Spieler so genau wusste, was davon jetzt canon ist und was nur zur vollkommenen Verwirrung gedacht war. So beginnt die Fortsetzung des Überraschungshits nach einem Tutorial-Bosskampf auch gleich mit dem Hinweis seitens Sylvia, dass es Spieler gibt, die mit diesem Sequel starten und sich einen Dreck um Kontinuität scheren, außerdem dauere es viel zu lange, allen zu erklären, was bisher passiert ist. Diese Sequenz schürt zunächst gewisse Ängste: Geht es Suda51 wiederum schwerpunktmäßig um den pure popcultural crack ohne weiteren Sinnzusammenhang, wie es im ersten No More Heroes der Fall war?
Nein.
Denn interessanterweise sorgt sich Desperate Struggle im weiteren Verlauf sehr wohl darum, eine fortlaufende Geschichte zu kreieren. Henry Cooldown (Fans auch bekannt als „Mister Sir Henry Motherfucker“), mittlerweile Sylvias Ex-Mann, bekommt ebenso seine Screentime spendiert wie Scarlet Jacobs AKA Shinbou, die Travis im ersten Teil verschonte. Sogar Dr. Shake und John Harnet AKA Destroyman sind wieder mit von der Partie. Und verdammt noch eins, die gesamte (!) Story lebt von drei belanglosen Nebenmissionen aus Teil 1. Wo jener allerdings kaum Wert auf Zusammenhänge legte, atmet dieses Spiel geradezu Kontinuität. Man beginnt nach und nach, mehr für die Figuren zu empfinden, auch für die Assassinen, da sie mit fortlaufender Handlung zunehmend tragischer und ernster werden… nun, zumindest bis zum großen Finale. Doch dahingehend möchte ich nicht zu viel verraten, denn diesen Wahnsinn muss man selbst erlebt haben. Oder wie Henry es so schön ausdrückte: „I can’t be associated with that travesty. I’ve got standards, for fuck’s sake!”
Der Titel macht hierbei einiges anders als sein Vorgänger. Zunächst einmal bemüht es sich überhaupt darum, ein sich in geschlossenes Spiel zu sein. Im Vergleich dazu wirkt das originale ‚No More Heroes’ wie durch überbordenden Style zusammengehaltenes Patchwork. Desperate Struggle möchte nicht durch schräge Effekthascherei glänzen, sondern möchte uns eine Geschichte erzählen. Eine Parabel auf das Thema Rache. Dass der Mord an Bishop Shidux, Travis’ bestem und (neben seiner Katze Jeane) einzigen Freund, dessen blutige Rachegelüste auf Hochtouren bringt, dürfte niemanden überraschen. Doch darauf liegt nicht der Fokus der Geschichte, es geht dabei vielmehr um Mr. Touchdowns charakterliche Entwicklung. Der ewige Loser wird erwachsen, er lernt Verantwortung kennen und wird mit der wahren Bedeutung des Kampfes, den er führt, konfrontiert. Dementsprechend ist auch die brachiale Komik, die den Erstling auszeichnete, hier über weite Strecken subtiler geworden. Die Handlung lässt Deutungsspielraum, ist aber in sich geschlossen.
Aber versteht mich nicht falsch: Es geht noch immer sehr skurril zu. Im NMH-Universum sind drei Jahre vergangen und es hat sich viel geändert. Das Stadtbild des vormals etwas verschlafenen Santa Destroy wird mittlerweile von milliardenschweren Großkonzernen beherrscht, die nicht aufzuhaltende Kommerzialisierung schreitet weiter voran. Ranglistenkämpfe der UAA sind zum Entertainment für die Massen geworden. Wirtschaftliche Effizienz ist das A und O. Dementsprechend wurde auch das Gameplay angepasst: Die vormals offene Stadt ist zu einer Art World Map geworden, auf der man neben seinem aktuellen Missionsziel auch Travis’ Zimmer, den T-Shirt-Shop von Mask D’Uh, Naomis Waffenlabor, das (neu hinzugekomene) Workout Gym des fragwürdigen Ryan Yamazaki (can you say ‚Tingle meets Freddie Mercury’?), verschiedene Nebenjobs („It’s whore time!“) sowie die Revenge Missions ansteuern kann. Weiterhin gibt es für Ranglistenkämpfe nun kein Eintrittsgeld mehr. Ja, richtig gehört. Dieser Umstand lässt die Nebenjobs komplett optional werden, der Spieler kann theoretisch jederzeit in der Story voranschreiten, ohne dass ihm das Erlangen irgendwelcher Plot Coupons im Wege steht. Zusammen mit der menüartig aufgebauten Stadtkarte sorgt dies für einen extrem flüssigen und lückenlosen Spielablauf. Theoretisch kann man bis zum Abspann spielen, ohne jemals etwas anderes als ‚Next Ranking Battle’ angewählt zu haben. Theoretisch. Doch damit der Spieler auch nebenbei Kurioses zu tun hat, sind alle Nebenmissionen im originalgetreuen 8-Bit-Retrostil gehalten und bieten die Möglichkeit, sich in allgemein hoch angesehenen Handwerksberufen wie Pizzalieferant, Kammerjäger oder müllsammelnder Astronaut (ja, genau) zu beweisen. Gleiches gilt für die nicht ganz einfachen (und stets teurer werdenden) Trainingseinheiten, mit denen man seine Schlagkraft und Vitalität verbessern kann. Wer glaubt, schon stark genug zu sein, kann sich vom erarbeiteten Geld stattdessen auch T-Shirts oder neue Waffen kaufen. Im Motel selbst gibt es zudem die Möglichkeit, sich an dem Bullet Hell-Videospiel „Pure White Lover Bizarre Jelly 5“ zu probieren und Travis’ Hauskatze Jeane, die mit der Zeit ein paar Pfunde zugelegt hat, in niedlichen kleinen Minispielen beim Abnehmen zu helfen (was nicht unbelohnt bleibt). Weiterhin gibt es hin und wieder die Möglichkeit, sogenannte ‚Revenge Missions’ zu spielen, in denen man nach und nach die Mitglieder des Assassanation Squads umlegt, die Bishop das Hirn weggeblasen haben. Dort und in den Hauptmissionen gibt es übrigens neben Geld auch immer wieder kleine Geschenke zu sammeln, die dann als Deko bzw. Merchandising im Motelzimmer auftauchen, das sich so mit der Zeit immer mehr füllt. Kein killer feature (…haha), aber allemal ein netter Zusatz.
Dennoch: Wie im Vorgänger liegt das Hauptaugenmerk erneut auf den höchst seltsamen Auftragskillern, denen der Hauptcharakter sich entgegenstellen muss. Wie gewohnt durchläuft man zunächst eine lineare einleitende Stage (mit einigen Ausnahmen bzw. Änderungen), in denen aufdringliche Handlanger umgenietet werden, bis man sich zum Versteck des Bosses vorgekämpft hat, der dann mal mit mehr, mal mit weniger Tamtam vorgestellt wird, bevor es losgeht. Wie üblich verfügt jeder von ihnen über einen ganz eigenen Kampfstil, was es notwendig macht, zunächst ganz klassisch die Bewegungen und Angriffe zu beobachten, ihnen ausweichen und die Momente zu finden, in der Feind ohne Deckung und somit offen für Angriffe ist. Mit blindem Draufschlagen wird man selbst auf ‚Sweet’ (dem leichtesten Schwierigkeitsgrad, darüber gibt es wie gehabt ‚Mild’ und ‚Bitter’) nicht so besonders weit kommen. Zwar sind die Gegner nicht mehr besonders schwer, wenn man die richtige Strategie einmal herausgefunden hat und mit dem Kampfsystem vertraut geworden ist, aber das war auch im Vorgänger schon der Fall. Es sei dahingehend noch lobend erwähnt, dass Kämpfe nun deutlich flüssiger ablaufen, da Travis nicht mehr so abgehackt agiert. Und allein der Umstand, dass er endlich eine Rolle auf einen anvisierten Gegner zu ausführen kann, ist ein großer Segen. Diese erhöhte Präzision kommt vor allem auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad ‚Bitter’ zur Geltung, welchen man wie gehabt voll ausgerüstet als New Game+ starten kann und der einige Bosskämpfe zu wirklich haarsträubenden Angelegenheiten werden lässt Wo das Spiel auf ‚Sweet’ und ‚Mild’ einen Hauch zahmer ist als sein Vorgänger, wird man auf ‚Bitter’ schon vom allerersten Boss mit dem zynischen Kommentar „Maybe you should go back to the tutorial!“ über den Haufen geschossen. Für Gamer, die Herausforderungen suchen, also in jedem Fall auch einen Blick wert. Dezente (manchmal auch… nicht ganz so dezente) Anspielungen auf Anime, Videospiele und Filme gibt es, selbstverständlich, gratis dazu, ebenso wie unerwartete Wendungen innerhalb der Kämpfe sowie die Möglichkeit, im Laufe der Geschichte auch als Shinobu und Henry zu spielen.
Abgesehen von zwei etwas hektisch ins Spiel integriert wirkenden ‚hi/bye’-Assassinen, zu denen man aufgrund der argen Kürze ihres Auftritts kein klares Verhältnis aufbauen kann (namentlich Cloe Walsh und, allen voran, Million Gunman) beinhaltet Desperate Struggle eine große Anzahl an denkwürdigen Charakteren, die man zwangsläufig im Gedächtnis behält. Einerseits, weil sie Travis’ Einstellung zu Themen wie Töten und Rache prägen, andererseits aufgrund der Art und Weise, wie sie nicht mehr wie in Teil 1 überwiegend durch ausladende, dialoglastige Zwischensequenzen, sondern vielmehr durch Kontext und Atmosphäre einen ganz eigenen Charakter bekommen. Der Vorwurf der ‚charakterlosen’ Bossgegner, den sich das Spiel in vielen Kritiken gefallen lassen musste, ist bei näherer Betrachtung überhaupt nicht haltbar. Insbesondere die zweite Spielhälfte weiß hierbei zu glänzen.
Was bleibt also schlussendlich noch zu sagen? Nichts. No More Heroes 2: Desperate Struggle nimmt sich alle Qualitäten seines Vorgängers, streicht überflüssige Elemente (allen voran das frei befahrbare Santa Destroy), verfeinert das Kampfsystem, bringt mehr ‚flow’ in den Spielablauf und legt eine (an Suda51-Standards gemessen) deutlich ernstere und moralischere Geschichte vor. Oh, und die beste Waffe im Spiel bekommt man von Takashi Miike (u.a. verantwortlich für Ichi the Killer und Audition) geschenkt. Wenn das mal nicht fantastisch ist, dann weiß ich auch nicht.
9 von 10
…und damit bin ich nun am Ende. Buchstäblich. Abschließend möchte ich nur noch sagen, dass es sich bei NMH 1 & 2 um sehr einzigartige und ziemlich abgedrehte Titel handelt, die für jeden, der Videospiele zu seinen Hobbies zählt, von Relevanz sind. Selbstverständlich spiegeln diese Zeilen nur meine ganz persönliche Meinung wider, andere mögen das alles ganz anders empfinden. Ich hoffe, ich konnte einen halbwegs interessanten Eindruck vermitteln und das allgemeine Interesse wecken an diesem Franchise, das wie kaum ein anderes die Gratwanderung zwischen Indie-Blockbuster und Geheimtipp vollzieht.
Schließen möchte ich diesen Text mit einer kleinen Linkliste, über die man sich näher mit den Charakteren, der Geschichte, den möglichen Absichten des Spiels und allem weiteren beschäftigen kann. Danke an alle, die das hier komplett und aufmerksam gelesen haben. Ihr habt 'n special place in meinem Herzen.
Fakten Fakten Fakten:
Interessante Interpretationen:
(…und ganz zum Schluss noch ein paar „Anspieltipps“, AKA eine kleine Liste der Gegner aus beiden Teilen, die mir aus verschiedenen Gründen am besten gefallen haben. Jeweils fünf. Warum? Weil mir danach ist.)
[spoiler=The wall is high, higher than you will ever know.]
Death Metal
Doctor Peace
Holly Summers
Bad Girl
Henry Cooldown
+++
Kimmy Howell
Ryuji
Margaret Moonlight
Alice Twilight
Jasper Batt Jr.[/spoiler]