Zitat
Original von Yunavi
Ganz ehrlich? Keine Ahnung, warum, wieso und weshalb so etwas passiert. Aber mir geht es ähnlich, besonders, wenn schlechte Zeiten kommen oder ich niedergeschlagen bin, hat die Vorstellung von fiktiven Freunden schon etwas sehr Tröstendes. Sie enttäuschen nicht, in der Fantasie sind sie genauso, wie man sie sich erträumt, und sie haben immer, wirklich immer, Zeit für dich. Das klingt auf Menschen, die so ein Gefühl nicht kennen, bestimmt krank, aber ich glaube, es ist - jedenfalls bei mir - so eine Art Schutzhaltung, die ich mir seit meiner Kindheit beibehalten habe.
Imaginäre Freunde sind oft begleitende Symptome einer schweren Kindheit, habe ich mal gehört, und ohne jetzt großartig über ein schweres Schicksal zu jammern, will ich anmerken, dass mir das früher auch sehr geholfen hat. Dabei geht es mir gar nicht um Liebe, Verlangen oder dem perfekten Äußeren, oft sind es einfache Dinge wie Treue, Hingabe oder der Charakter, die Charakter anziehend auf mich wirken lassen. Vielleicht bin ich in meinem Leben einfach schon oft genug ver*rscht worden, keine Ahnung, aber in mancher Hinsicht habe ich einfach das Bedürfnis, irgendwann mal jemanden zu finden, der zumindest ein Stück so ist, wie ich mir einen wahren Freund wünschen würde. Gleichzeitig bedeutet so eine Art von fangirlischen Träumereien ein Stück Isolation, denn wer will schon jemanden, der mit den Gedanken ständig woanders ist?
Was mir aber auch noch gerade in den Sinn kommt - Menschen, die sehr kreativ sind, ob sie nun RPGs betreiben, Fanfiction schreiben oder Fanart zeichnen, sind oft sehr viel emotionaler als andere, besitzen mehr Empathie und so weiter. Vielleicht ist das Geschwärme für eine fiktive Figur einfach der Ruf danach, jemanden zu finden, der genauso einfühlend veranlagt ist wie man selbst.
Ich wollte bereits seit Tagen auf diesen Beitrag antworten, aber bisher war ich entweder zu geschafft oder einfach geistlich emotional nicht gut drauf (oder man schläft an einem Samstag den ganzen Schlaf der Woche nach...). Was ich sagen wollte, dass diese ganzen Zeilen so deutlich und so genau den Zustand beschrieben haben, wie es mir seit Kindesbeinen an ergangen ist... Meine Schwärmereien und Geschichten, die ich geschrieben, gezeichnet und in Gedanken ausgemalt habe, halfen mir, über meine schwierige Kindheit hinweg zu kommen - über die Schulzeit und die vielen Jahre danach bis zum heutigen Tag. Ich wurde sehr oft von meinen anderen Mitmenschen wegen meiner Gutmütigkeit und meiner Naivität, zu schnell das Gute in einem Menschen zu sehen, benutzt und verarscht, sodass ich sehr früh angefangen habe, mich vor anderen Schülern und später generell anderen Menschen zurück zu ziehen - und obwohl ich es heute besser weiß, muss ich immer noch sehr oft spüren, wie falsch, stolz oder egoistisch einige Leute sind.
Meine Geschichten und RPGs - und darin die resultierenden Figuren und Schwärmereien - waren das Einzige, was mich dann über viele traurige und schreckliche Situationen hinweg gebracht haben. Demnach habe ich auch in den Jahren verschiedene Figuren heiß und innig begehrt, nachdem mir viele Jahre lang meine Mitschüler und "Jungs" (die ich toll fand) mir klar und deutlich gezeigt haben, dass ich ein abstoßendes und hässliches dummes Mädchen sei.
In die Figuren, die ich also stattdessen in meinen Gedanken liebte und bis heute auch schwärme, so finde ich, haben wie schon von anderen Vorpostern beschrieben Charaktereigenschaften und Charisma, die ich da draußen nicht gefunden habe und die mich auch nicht ablehnen konnten. In meinen Werken konnte ich so sein, wie ich war und war nicht gefangen in einen Körper, der nach außen hin alles andere für meine Mitmenschen repräsentierte (und egal was ich auch versuchte, dieses Außenbild zu ändern, ich hatte bereits verloren). Hier ist es entscheidend, wie viel einer in seine Gedankenwelt Dinge empfinden und erleben kann, denn hierfür braucht es neben Empathie auch sehr viel Vorstellungskraft, was bei sehr kreativen Personen meiner Ansicht nach der Fall ist. Für mich waren früher meine Geschichten und Gedankenwelten die einzige Möglichkeit, in meiner Umgebung seelisch zu überleben. Wie Yunavi so schön beschreibt, man konnte nicht hintergangen werden. Klingt drastisch, war leider tatsächlich so.
Demnach war es für mich in den letzten 3 Jahren dann eine unerwartete Erfahrung, als (kaum hatte ich dann auch noch stark abgenommen in dieser Zeit) mich fremde Männer als auch Freunde ansprachen, dass sie mich toll finden oder sogar verliebt hatten. Und das der Reihe nach! Mich hat das erschreckt. Mal ernsthaft: Da wird man über das halbe Leben lang verarscht und als ekelig empfinden und dann kommt der Hammer, man sei attraktiv? Ich konnte damals damit nicht umgehen und habe mich dann erst recht zurückgezogen.
Lange Zeit wollte ich aufgrund meiner Schwärmereien einfach keinen Partner oder konnte mir nur schwer vorstellen, mich jemanden anzuvertrauen. Das hatte zum einen mit meinen vielen negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit zu tun, zum anderen hatte ich einfach kein klares Bedürfnis mehr - ich wollte nicht enttäuscht werden. In Punto Beziehungen bin ich in meiner Einstellung ziemlich bodenständig erzogen worden - ich bin loyal und treu bis zum Lebensende, das erwarte ich aber auch von meinem Partner und ich glaube, da werde ich niemanden so leicht finden. Genau aus diesem Grund denke ich, den Rest für mein Lebens allein zu bleiben (obwohl ich ein Familienmensch bin und so gern Kinder hätte und backe und koche), da viele eher ausprobieren wollen, bevor sie fest zusagen. Ich kann das nicht.
Inzwischen hat sich erster Punkt geändert - meine Vergangenheit belastet mich nicht mehr und ich wünsche mir gerne einen Partner, weil ich mich doch in diesem Leben einsam fühle - trotz meiner Schwärmereien, die die Lücke in gewissen Situationen auch nicht bessern können. Man will einfach nicht alles alleine machen müssen, jeden einzelnen Stein selber erklimmen müssen und wenn man fällt, dann fällt man tief... da ich aber nach wie zuvor klare Stellung beziehe, was meine Einstellung zu einer Partnerschaft habe, gehe ich wahrscheinlich trotzdem meinen Weg alleine. Da bleibt nur noch der Zufall. Ich hoffe trotzdem, dass der Richtige für mich mir nicht nur die Zeit gibt, ihn kennen zu lernen, sondern auch mir deutlich macht, dass er mit niemanden anderen außer mir den Weg gehen will. Da bin ich wohl zu sehr die Romantikerin.
:engel: