Ehrlich gesagt habe ich nur damit gerechnet, dass du hier schreibst, weil ich mir schon dachte, dass du enttäuscht sein würdest von dem Anime. Der passt einfach nicht in dein Schema.
Ich selbst bin noch damit beschäftigt, meine Gedanken zu ordnen zu ihm, aber eins steht schon mal fest: Das Ende hat mich mit einem mehr oder weniger bittersüßen Gefühl zurückgelassen. Vorhersehbar? Nicht wirklich, ich habe immerhin eher damit gerechnet, dass Urobuchi einen Hammer rausknallt und alle meine Lieblingscharaktere abschlachtet. Von daher war das Ende absolut nicht das, was ich erwartet hatte, was aber auch daran gelegen haben mag, dass die tumblr-Community vorher solchen Stress gemacht hat und an allen Ecken und Enden geleakt wurde, dass der Staff beim Synchronisieren der Folge heulen musste. xD
Ich glaube allerdings tatsächlich, dass du da mit den falschen Erwartungen rangegangen sein könntest, Martik. Ich erinnere mich noch an ein knappes Gespräch, das wir vor 'ner Weile hatten, in dem du gerade Folge 12 (Background-Story Yayoi) so negativ bewertet hattest – allein die hatte schon eine ganz andere Wirkung auf mich als die, welche du beschrieben hattest. Vielmehr hatte sie noch stärker herausgestellt, wie verdreht Sibyl ist. Dass sie im Hinblick auf das Ende natürlich keinen großen Effekt hatte, ist klar, aber es ist schließlich nichts Ungewöhnliches für einen Anime, nach einer so krassen Folge wie eben der 11. einen Filler zu setzen. Als störend empfand ich den nicht, allerdings bestärkt der ein wenig dieses Bittersüße, das ich vorher ansprach: Warum eine Gruppe von Terroristen in den Vordergrund rücken, wenn sie in der zweiten Hälfte der Serie/Staffel keine Rolle mehr spielen? Ich hatte fest damit gerechnet, dass eine Verbindung zwischen ihnen und Makishima hergestellt werden würde. Da fehlt mir tatsächlich etwas.
Ich rechne daher fest damit, dass zu der Serie noch mindestens ein Film folgen wird, je nach Resonanz der Fanbase auch eine weitere Staffel. Das Ende war einfach ZU offen – denn der Kreis, den Urobuchi mit dem Wiederholen der Crime Scene geschlossen hat, ist in meinen Augen nicht ganz rund: Und das passt nicht zum restlichen Gefühl, das die Serie vermittelt hat. Urobuchi ist zudem bekannt dafür, die Charaktere am Ende einer Art spirituellen Reinigung zu unterziehen (dazu gibt's auch einen literarischen Fachbegriff, der mir gerade partout nicht einfallen will). Und auch das wurde außer bei Makishima, der letztlich seinen Seelenfrieden finden konnte, bei den Charakteren nur im Ansatz gezeigt.
Etwas fehlte daher, aber eine Enttäuschung ist der Anime auf gar keinen Fall für mich, im Gegenteil. Psycho-Pass hat es nie darauf angelegt, besonders sensationsgeil oder dergleichen zu sein. Kriminalfälle, explodierende Leichen? Alles nur Beiwerk, um die Charaktere zu entwickeln. Der Fokus lag ganz klar auf der Literatur und den Parallelen, die von ihr zu der Gesellschaft in Psycho-Pass – und auch unserer Gesellschaft gezogen werden können. Ich habe die Sachen alle nicht mal ansatzweise gelesen und daher auch nicht alle Anspielungen verstanden (Stichwort Panopticum u.ä.), aber im Grunde wurde für mich sehr deutlich, dass man sich Zeit nehmen, hinter die Kulissen schauen muss. Es wird eben auch nicht alles erklärt, was in den Charakteren vorgeht, welche Beweggründe sie haben. Psycho-Pass serviert diese Sachen nicht auf dem Silbertablett. Der einzige, dessen Motive einem immer deutlich waren, ist Kogami – und besonders glücklich sah der am Ende auch nicht aus, möchte ich meinen. Eher… leer. Hatte nicht so viel von Seelenheil.
Was Makishima angeht, so ist das wohl Geschmackssache. Ich könnte ganze Aufsätze zu ihm formulieren, so sehr hat er mich als Figur eingenommen. Und was macht ihn denn weniger psychopatisch, nur weil er der Einsamkeit überdrüssig war? Die letzten Momente, die man ihn in der Folge sieht, sind natürlich sehr traurig, und das wohl auch auf eine jämmerliche Art und Weise – aber genau das macht diese Figur schließlich so facettenreich. Makishima ist niemand, der nach Macht strebt, er strebt auch nicht nach bloßer Zerstörung, sondern seine Ziele lagen dazwischen; jemand, der die Extreme sucht, wird daher wahrscheinlich mit Urobuchis Charakteren ohnehin nicht so furchtbar viel anfangen können. Soweit ich bisher gelesen habe, ist es genau sein Stil, eben nicht in Schwarzweißmalerei überzugehen. Er nutzt die Zwischentöne, um eine Geschichte zu erzählen – und das ist ihm, insbesondere bei Makishima, in meiner Meinung nach beeindruckender Art und Weise gelungen. :)