Als Vertreter der angesprochenen Fraktion melde ich mich nun hier auch einmal zu Wort. Dies ist wohl auch passend, angesichts der thematischen Diskussion ;-).
Ich selbst treffe in der Schule als momentaner Lehramtsstudent in meinen universitär vorgeschriebenen Praktika auf viele Klassenstufen und Altersstufen der heutigen Jugend. Dabei wurde mir innerhalb von einer Woche im ersten Praktikum klar, dass meine einfach erkenntliche Homosexualität ein weiterer Faktor ist, der mir das Unterrichten definitiv erschweren wird. Ich kann zwar als positives Beispiel für andere Homosexuelle in der Schülerschaft agieren und als Ansprechpartner dienen, jedoch bin ich für Mobbing, Schubladeneinsortierung und Vorurteile somit auch weit anfälliger.
Es wird sicherlich auch Elternteile geben, die ihre Kinder aus meinen Unterricht entfernen lassen wollen. So kann ich nur innig hoffen, dass mich das Kollegium und die Schulleitung meiner zukünftigen Schule, wenn ich das Studium einmal beendet haben und Referendar sein werde, unterstützten wird. Ich mache mir schon ein wenig Sorgen in dieser Richtung, da man es mir wohl sehr anmerkt, dass ich homosexuell bin. Sodann versuche ich es auch gar nicht, auf Dauer zum Geheimnis zu machen, sondern spreche es beiläufig aus. Das erscheint mir als der beste Weg, wenn ich allerdings auch keine guten Erfahrungen damit vorweisen kann. Die Ablehnung der Jugend ist beschränkt, das liegt aber wohl an meiner Position im Unterricht. Hinter meinem Rücken werde ich ausgelacht, das ist ein Faktum, dass mir nicht entgangen ist ...
Sodann möchte ich auch etwas zur Adoption von Kindern sagen. Ich möchte später einmal in irgendeiner Weise Kinder haben. Ob dies über eine Adoption oder künstliche Befruchtung geschehen wird, weiß ich derzeit noch nicht. Eine Adoption von Kindern wäre für mich auf jeden Fall denkbar. Somit hoffe ich doch, dass möglichst auch die letzte, etwas bürokratische Hürde der nicht erlaubten gemeinsamen Adoption gleichgeschlechtlicher Partner demnächst der Geschichte angehören wird und im Nirwana der Gesetzestexte landet.
Auch zur gleichgeschlechtlichen Ehe bleibt mir eine ähnliche Rederichtung erhalten. Ich finde es enorm bestürzend, dass Deutschland noch immer nicht dazu gekommen ist, die Ehe für alle zu öffnen und die Sonderbehandlung der Gleichgeschlechtlichkeit in Partnerschaften zu beseitigen. Sie war und ist noch immer ohnehin nur ein Übergangsinstrument, bis die Ehe geöffnet wird. Ich möchte meinen Partner heiraten können, keine Sonderbehandlung. Ich möchte auch nicht de facto in meiner Steuererklärung angeben müssen, dass ich homosexuell oder bisexuell bin, indem ich etwas anderes als Ehegatten ausfülle. Das ist doch wirklich eine bürokratische Diskriminierung.
Ich suchte mir meine sexuelle Orientierung nicht aus, sonst wäre ich wohl heterosexuell geworden. Damit besitzt man einige Probleme weniger, womit die Frage, die immer wieder auftaucht, ob man es sich aussucht, homosexuell zu sein, auch klar zu verneinen sei. Kaum ein Mensch sucht sich selbstständig und wissentlich eine in vielen Gesellschaften als negativ deklinierte Position freiwillig aus. Das erscheint als plausibel ...
Da ich keine Orientierungsentscheidungsgewalt besitze, möchte ich auch nicht danach beurteilt werden und nicht danach rechtlich gestellt werden. Ein Schwarzer kann ebenso eine Weiße heiraten, damit auch ein Mann einen Mann. Viele Personen werden diskriminiert, nur fast jeder besitzt andere Ecken und Kanten. Homosexualität solle damit wohl eine der meinen Ecken sein, welche die Gesellschaft kritisch beäugt.
Nun gut, ich habe mir nun einmal einige Gefühle zu diesem Thema aus dem Herzen geschrieben. Ich hoffe, das war nicht zu viel oder zu kräftig ...