So damit der Thread nicht vollkommen ausstirbt, mach ich mal wieder ne Kritik, diesmal zum Film "Brügge sehen...und sterben?" (OT: "In Bruges"), einer britisch-belgischen Produktion mit Colin Farell, Brendan Gleeson, Clémence Poésy, Ralph Fiennes und einigen anderen.
Da die meisten von euch diesen Film nicht kennen werden (und das obwohl er in ausgewählten Kinos immer noch läuft und mittlerweile auf DVD erhältlich ist), hier erst einmal ein kleiner Abriss der Story. Der junge und unerfahrene irische Killer Ray (Farell) und sein erfahrener und älterer Partner Ken (Gleeson) müssen, nachdem Ray bei seinem ersten Auftag aus Versehen ein Kind getötet hat, im belgischen Brügge untertauchen, einer Kleinstadt, die vor allem für ihren mittelalterlichen Stadtkern bekannt ist. Dort sollen sie tagsüber Sightseeing machen und nachts im Hotel auf den Anruf ihres cholerischen Vorgesetzten Harry Waters (Fiennes) warten. Ray lernt dabei auf einem Filmset die Belgierin Chloe (Poésy) kennen und verliebt sich in sie. Was danach passiert, müsst ihr schon selbst sehen, aber es gibt eine Menge abgedrehtes Zeug zu sehen. Die Story und der Film an sich werden oft mit Guy Ritchie oder Tarantino verglichen, obwohl ich den Film eher als Tragikomödie mit sehr viel britischem Humor und brillianten Wortgefechten einordnen würde. Die Story entwickelt sich langsam, aber dafür punktgenau, wenn auch gegen Ende etwas vorhersehbar.
Die Schauspieler sind allesamt großartig besetzt und machen ihre Arbeit durch die Bank sehr gut. Colin Farell überzeugt als lustloser, großmäuliger und schlagkräftiger Killer, spielt aber gerade in den tragischen Momenten des Films am Besten. Brendan Gleeson spielt seinen ruhigen und Brügge-begeisterten Gegenpart ebenfalls hervorragend. Clémence Poésy sieht so wundervoll aus, wie ihr Name vermuten lässt und spielt bis zum Ende sehr geheimnisvoll und undurchsichtig und Ralph Fiennes brilliert als Gangsterboss der ganz kaputten Sorte, wesentlich böser als sein Lord Voldemort in den Harry Potter Streifen. Aber auch die kleineren Nebendarsteller überzeugen in jeder Beziehung. Da wären die schwangere und stolze Pensionsbesitzerin Marie, der rassistische Kleinwüchsige Jimmy, ein amerikanischer Schauspieler, der bei den Dreharbeiten im Film eine Hauptrolle spielt und Pferdeberuhigungsmittel einwirft, der eigenwillige Waffenhändler Yuri, ein weinerlicher Skinhead, fette amerikanische Touristen, ein fieser Ticketverkäufer, ein arrogantes kanadisches Ehepaar und und und...ihr seht, für genügend Zündstoff ist gesorgt.
Die Synchronisation ist ganz gut gelungen, allerdings ist der Film auf Englisch noch viel besser, einfach weil die vielen Dialekte (und so auch teilweise die Beweggründe der Figuren für bestimmte Äußerungen und Handlungen) besser zur Geltung kommen. Vor allem Farells irischer Dialekt ist sehr sympathisch und Ralph Fiennes, der extra einen Sprachcoach brauchte, meistert den harten Londoner Akzent mit Bravour.
"How can a fucking fairytale town not be somebodys fucking thing? Did you see the swan?" - "Yes, Harry." - "How can a fucking swan not be somebody fucking thing?"
Der Soundtrack ist nicht der Beste, aber er überzeugt und fällt eher positiv als negativ auf. Die Bilder des Films sind passend und schön in Szene gesetzt, sei es die Bootsfahrt durch Brügges Kanäle, das nächtliche Filmset oder das nächtliche Brügge im Nebel während des grandiosen Showdowns. Bei den Bluteffekten wurde meines Erachtens etwas tief in die Gore-Kiste gegriffen, aber da es nicht allzu blutig abläuft in diesen Film, geht das auch in Ordnung.
Wer also schon seit langem keinen Film mit feinem britischem Humor gesehen hat und auch Lust auf etwas mehr Anspruch als nur coole Sprüche klopfen und ballern hat, der sollte sich "Brügge sehen...und sterben?" auf jeden Fall ansehen. Und selbst für die, die nur nach simpler Unterhaltung suchen, könnte dieser Film noch interessant sein.