Nun wenn man nach einem Zentralabitur schreit, dann muss man auch nach einem einheitlichen Bildungssystem schreien. Es bringt, wie du schon sagst, gar nichts, wenn das Abitur zentral geregelt wird, die Bildung aber immer noch Sache der Länder ist. Mag sein, dass irgendwelche Chefs bei Anwärtern aus Bayern und BW den Schnitt hochrechnen, weil sie meinen, die wären besser, aber das ist immer noch die bessere Alternative. Denn wenn ein Zentralabitur kommt ohne einheitliches Bildungssystem, dann sind so Länder wie Sachsen-Anhalt, Brandenburg oder gerade Berlin aufgeschmissen.
Generell sollte unser Bildungssystem dringend reformiert werden. Dieses Hickhack zwischen 13 und 12 Jahren Abitur hat meinem Jahrgang (2007 Sachsen-Anhalt) zum Beispiel die Oberstufenzeit zur Hölle gemacht, weil wir den Stoff extrem komprimieren mussten, das kann nicht Sinn der Sache sein. Die DDR hatte das Schulssystem, das jetzt zum Beispiel Finnland hat, und Finnland ist in der vielzitierten PISA-Studie eines der besten Länder. Aber was aus der DDR kam, musste ja erstmal grundsätzlich abgeschafft werden und kommt jetzt so langsam wieder. Es ist eine Farce.
Und wo wir schon dabei sind. Was nutzt das beste Bildungssystem, wenn die Jugend keine Perspektive hat? Die Hörsäle an den Unis sind restlos überfüllt, es werden mehr BWLer ausgebildet als dieses Land überhaupt braucht. Wozu also Mathe und BWL pauken und die Zeit an der Uni quasi vergeuden, nur um dann hinterher zu merken, dass man doch keine Arbeit findet.
Die Betriebe wollen am besten Arbeitnehmer, die schon alles können, 20 Jahre alt und schon 10 Jahre Berufserfahrung. Die jungen Leute werden nicht genommen, weil sie keine Erfahrung haben, die alten nicht, weil sie eben zu alt sind. Die Betriebe stellen kaum Lehrlinge ein, weil man sie nicht belohnt, wenn sie ausbilden, wie es eigentlich sein sollte, wenn man die Arbeitslosigkeit wieder senken will, sondern werden bestraft, indem sie neue Steuersätze zahlen müssen, wenn sie Praktikanten oder Lehrlinge einstellen und ausbilden. Und beim Arbeitsamt wird Jugendlichen allen Ernsten ein Job im Callcenter empfohlen.
Das ganze Sozialsystem müsste reformiert werden. Hartz IV ist Gift für den Sozialstaat. Zwei Beispiele. Ein Kind von Hartz-IV-Empfängern will sich sein Taschengeld aufbessern und macht in den Schulferien einen Aushilfsjob. Sowohl Kind als auch Eltern werden bestraft, denn der Erwerb, den er macht, wird vom Hartz IV der Eltern abgezogen.
Zweites Beispiel: Ein älteres Ehepaar, hat das ganze Leben geschuftet und lebt seit Jahren von Arbeitslosengeld und Hartz IV. Jetzt ist die Frau so alt, dass sie Rentnerin ist, das Problem ist, dass der Mann jetzt in Frührente gehen muss, damit sie überhaupt noch Geld bekommen, denn das bisschen Rente, das die Frau bekommt, wird ihm vom Hartz IV abgezogen. Es ist eine Schande.
Unverheiratete zusammenlebende Paare sind eine Zweckgemeinschaft und werden beim Arbeitsamt auch so behandelt. Was sollen sie machen? Sich trennen? Und was ist das, dass man als sich liebendes Paar als Zweckgemeinschaft bezeichnet wird. Du bist Deutschland am Arsch.
Du siehst, es reicht nicht, nur einen Aspekt zu betrachten, das ganze Sozialsystem ist miteinander verwoben und muss dringend reformiert werden. Aber das wird nicht passieren. Es ist wahrscheinlich, dass einfach nur ein Zentralabi eingeführt wird, aber noch lange keine einheitliche Bildung. Bayern und BW sind fein raus, aber ein großer Rest ist am Arsch und der Osten wird endgültig zu Grunde gehen.
Deshalb Zentralabitur ja, aber mit allen anderen Reformen, die in der Konsequenz dazu stehen. Nur Zentralabi, definitiv Nein!