Also ich muss zugeben, dass ich von den deutschen Parteien und wie sie agieren, nicht so viel mitbekomme (auch wenn ich sie alle zuordnen kann und immerhin sogar ein paar Namen bzw. die Tätigkeiten weiß ^^). Daher werde ich mal die österreichische Sichtweise in meinen Augen wiedergeben.
Es ist hier ja genau das Gleiche: Die Leute fürchten sich, schimpfen auf die EU, kritisieren sie (FPÖ, BZÖ) - und ein paar Andere wollen am liebsten gleich das Bundesheer bei uns auflassen und eine EU-Armee zustande bringen (die NEOS - seit ich das erfahren habe, und, dass sie unser Wasser und die Spitäler privatisieren wollen, sind sie für mich komplett unwählbar geworden).
Manchmal habe ich das Gefühl, es gibt nur zwei Extreme bei uns. Die einen lehnen die EU komplett ab, die anderen würden am liebsten quasi gleich Österreich auflösen. Und dazwischen sind die üblichen Verdächtigen, die nicht genau Stellung beziehen, was sie möchten (ÖVP, SPÖ, teilweise die Grünen). Einerseits bei den Großen mitspielen, andererseits die heimischen Wähler mit allzu EU-verliebten Sprüchen verjagen. Nicht Fisch und nicht Fleisch.
Was ich mir eigentlich erwarten würde? Ich möchte, dass Österreich weiterhin neutral bleibt, sich raushält aus sonstigen Armee-Zeugs (ja, klingt nicht professionell; Blauhelme aber passen, dagegen will ich nichts sagen) und vor allem denen anständige Hilfe bietet, die es dringend notwendig haben. Gleichzeitig möchte ich auch, dass wir sagen können: Nope, nur weil so ein Lobbyist noch mehr Kohle verdienen möchte, will ich kein genmanipuliertes Schnitzel mit genmanipuliertem Gemüse auf dem Teller haben müssen. Der Herr Lobbyist soll gefälligst anderweitig um finanzielle Zuflüsse für sich schauen, aber nicht meine Gesundheit damit aufs Spiel setzen dürfen. Ich möchte, dass Monsanto sich wieder zurück in die USA verzieht und ich möchte, dass es nicht permanent fraglich wird, ob da irgendwer von den Clowns unser gutes Wasser privatisieren will. Verdammt nochmal, das sollte niemals in der Hand eines Einzelnen oder von ein paar Wenigen sein, das geht einfach nie gut! Und ein Gesundheitswesen wie in den USA? Ja, spinnens denn??
Aber mir ist durchaus bewusst, dass das so auch nicht laufen kann, wie ich es mir wünsche, jedenfalls nicht alles. Wir sind ohnehin ein zu kleines Land und momentan haben die anderen, kleinen (und so manch große) Länder andere Probleme, als ein genmanipulierter Brokkoli auf dem Teller.
Zur Wahl werde ich natürlich gehen, ich werde wie immer meine bevorzugte Partei wählen und wie immer etwas traurig sein, dass sie keinen so großen Stimmanteil haben. (Jetzt wissen vlt. schon einige, was es wird :zwinkern: ).
Vor kurzem habe ich etwas Interessantes gelesen. Ein Autor aus der Schweiz meinte, dass Menschen einfach nicht fähig sind, in so großen Einheiten zu denken. Und es stimmt. Wenn ich sage, "Ich bin Tirolerin", dann empfinde ich dabei eine gewisse Verbindung zu meiner Heimat. Nein, keinen Patriotismus, ich denke dabei an die Berge, an die gute Luft, das hervorragende Wasser, und und und. Ich SCHÄTZE meine Heimat, aber ich bin nicht stolz. Der Begriff passt einfach nicht für ein solches Heimatgefühl mMn. Wenn ich sage, "Ich bin Österreicher", dann geht es auch noch halbwegs mit der Identifikation, wobei ich mich nie als ein Salzburger, ein Kärntner, ein Wiener oder ein Burgenländer empfinden werde. Wien ist schon so weit weg und die Leute sind so anders... Da fällt es schwer.
Zu sagen, ich bin Europäer bzw. "Ich gehöre zur EU" - DAS ist bereits etwas, das kann ich persönlich schon nicht mehr ernsthaft und ehrlich erfassen. Klar, es ist auch so etwas wie Verbundenheit da, aber es ist einfach zu schwach, um mich damit zu identifizieren. Da finde ich auch nicht mal, dass die Politiker etwas falsch gemacht haben bisher. Man hätte natürlich ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl aufbauen können, ja, aber es ist halt eben wirklich schwer, eine Identität zu entwickeln, die den geistigen Rahmen vieler sprengt. Und wenn die Menschen die Möglichkeiten nicht nützen (können), im Ausland, innerhalb der EU, zu Arbeiten, ihre Ausbildung zu machen etc pp., dann können sie einen nicht dazu zwingen, sich als ein Teil eines großen Ganzen zu sehen.
Ich bin definitiv für eine EU, aber ohne eine Auflösung aller Staaten - das würde ich nicht wollen. Jedes Land hat seine Kultur, seine Bräuche und Geschichte. Es wäre etwas sehr schwierig, würde man das vereinheitlichen wollen. Ebenso braucht es schon auch eine klare Abgrenzung, meiner Meinung nach. Aber diese Grenzen sollen in den Köpfen der Menschen endlich aufgehen, das wäre mir das Wichtigste. Weil dieser heftige Rechtspopulismus und teilweise die extremen Haltungen sind einfach... Besorgniserregend.