Zitat[...] so frage ich mich halt lediglich, ob wir etwas, dass (zumindest scheinbar) so fragil ist, eine verlässliche Grundlage für die Rechtsprechung sein kann.
Ich frage mich an dieser Stelle hauptsächlich, was genau du unter dem Begriff "fragil" verstehst.
Meinst du damit fragil im Sinne von, sie werden zu oft misachtet, als dass man sich auf solche Werte verlassen könnte? Wir brauchen wohl nicht darüber diskutieren, dass das mit dem Übertreten der Menschenrechte viel zu oft in der Welt (z.T. auch hier in Deutschland) geschieht. Und es ist, denke ich mal, auch klar, dass dieser Umstand schlimm genug ist. Aber das ist kein Grund, Würde und die damit verbundenen Menschenrechte nicht als Grundlage für die Rechtsprechung zu verwenden.
Au contraire - wo würden wir denn leben, wenn diese nicht mal in den Regeln und den Sanktionen für das Brechen dieser verankert wären? Man könnte genauso sagen, dass die Strafe für Mord tausend Peitschenhiebe oder eine Runde auf das Rad spannen seien, aber dann wäre man schnell bei einer Rachekultur, die auch eine ziemlich arge Willkür beinhalten würde. Ich muss dann doch eine Lanze für das deutsche Rechtssystem brechen und sagen, dass wir froh sein können, dass es eben nicht möglich ist, als Strafe körperliche oder psychische Züchtigungen zu verwenden. Und die Grundlage dafür ist nun einmal das Grundgesetz, in dem die Ordnung der BRD - wozu auch die Menschenrechte zählen - verankert ist.
ZitatIch bin allerdings an dieser Stelle ebenso der Meinung nicht mit der Würde des Menschen zu argumentieren, da selbst ein reiner Strafprozess jene - milde ausgedrückt - antastet, egal wen es betrifft.
Ich könnte dir durchaus dabei zustimmen, Menschenwürde nicht als einziges Standbein der Argumentation zu verwenden (was ich zugegebenermaßen getan habe, aber ich wollte diesen Punkt halt unbedingt hervorheben), aber gänzlich aus der Betrachtung lassen, da muss ich doch widersprechen.
Ich würde nicht sagen, dass eine Strafe für ein Vergehen die Würde angreift, sondern wenn dann die Freiheit. Das ist ein gewisser Unterschied. Natürlich ist z.B. eine Gefängnisstrafe nicht mit dem Recht auf Freiheit zu vereinbaren (heißt ja nicht umsonst "Freiheitsstrafe"). Jedoch darf eine solche Sanktion nicht willkürlich geschehen. Die Bemühung besteht um eine menschliche (ethisch vertretbare) Strafe und dazu gehört auch, dass man die Würde der zu bestrafenden Person respektiert. Würde man das nicht tun, wäre man - wie weiter oben erwähnt - bei einer Rachekultur und entwürdigenden Strafen wie der körperlichen oder psychischen Züchtigung (z.B Folter).
ZitatDie Würde des Menschen würde ich an dieser Stelle außen vor lassen, da jene selbst nur eine 99 %-Regelung darstellt, wie mir ebenso scheint. Zwar gibt es Richtlinien, was alles unter die sogenannte "Würde" fällt, jedoch sind jene genauso schwammig, wie ihr Oberbegriff - zumindest das, was ich so bisher vernommen habe.
Grundsätzlich muss ich dir zustimmen, dass nicht eindeutig zu klären ist, was der Begriff "Würde", bzw. "Menschenwürde" denn nun genau bedeutet. Das ist sehr eng mit der Frage verwandt, was denn nun das menschliche Sein ausmacht und dabei sieht man deutlich, dass sich die Geister scheiden.
Jedoch gibt es sicherlich auch gute Ansätze und Grundgerüste, sowie Dinge, die - sage ich mal salopp - selbstverständlich sind. Du kannst mir, um auf den Ausgangspunkt Todesstrafe zurückzukommen, hoffentlich zustimmen, wenn ich sage, dass das Töten eines Menschen nicht mit der "Würde" von diesem vereinbar ist, oder?