Über den Kunst-Begriff habe ich mir lange Zeit nicht allzu viele Gedanken gemacht, obwohl ich jemand bin, der auch im "künstlerischen Bereich" tätig ist. Ich wurde immer von allen Seiten "Künstlerin" genannt, habe mich selbst aber nie als solche gesehen, da ich das Wort "Kunst" immer mit etwas Hochtrabenden, Besonderen in Verbindung gebracht habe, während ich das Zeichnen eher aus Spaß an der Freude betreibe.
Inzwischen stehe ich diesem Begriff aber nicht mehr ganz so distanziert gegenüber. Im Gegenteil, inzwischen bin ich der Meinung, dass Kunst wirklich im Auge des Betrachters liegt und dementsprechend nichts Elitäres sondern vielmehr etwas ist, was jedem zugänglich ist. Somit halte ich es für äußerst schwierig, da eine allgemeingültige Aussage bzw. Definition zu finden. Das genze Konzept Kunst hat auch viel mit Ästhetik und den damit verbundenen Gedanken und Gefühlen zu tun, die ja selbstverständlich differieren können. Nicht nur von Betrachter zu Betrachter, sondern auch von Künstler zu Betrachter. Eine Aussage, die in einem Kunstwerk steckt, ist für den Künstler und für einige Betrachter vollkommen klar, während sie jemand anderem überhaupt nicht aufgehen mag oder einfach ganz anders interpretiert wird. Ich bin auch der Meinung, dass es bei solch einer Interpretiation kein wirkliches "richtig" oder "faslch" gibt, zumindest nicht für einen persönlich. Klar, kann man komplett an der Intention des Künstlers "vorbei interpretieren", aber man kann genau so wenig genau richtig liegen, da Interpretation ja schon die persönliche Komponente voraus setzt. Soll heißen: Was der Künstler sich mit einem Werk dachte, weiß am Ende nur er selbst wirklich, während der Betrachter es höchstens erahnen kann, schließlich ist er ja nicht der Künstler und kann somit nicht den vollständigen Hintergrund nachvollziehen. Kunst ist eben, wie Herr der Zeiten bereits aufführte, auch eine Art der Kommunikation.
Eine große Rolle spielt bei dem ganzen nicht nur der persönliche Hintergrund, sondern auch der zeitgeschichtliche, bzw. gesellschaftliche. Nicht umsonst spricht man in Kunst- und Literaturgeschichte von Epochen, deren Werke sich von Antike bis Neuzeit stark unterscheiden mögen. Und dennoch sind sie auf ihre ganz einzigartige Art und Weise Kunst, auch wenn manch einer heute vor beispielsweise einem expressionistischen Kunstwerk steht und sich nur fragt, was in aller Welt das darstellen solle. Es ist wohl, der scheinbaren Undefinierbarkeit des grundlegenden Kunstbegriffes zum Trotz, durchaus sinnvoll Unterteilungen in Epochen zu unternehmen, wobei sie mir doch manchmal etwas starr vorkommen mögen. Wenn ich mich beispielsweise als Kind der Neuzeit eher dem romantischen Grundgedanken hingezogen fühle und dementsprechend Werke produziere, die "typische" Epochenmerkmale der Romantik aufweisen (vielleicht auch in gewisser Weise neu interpretiert), zählen diese dann zur Neuzeit oder Romantik oder etwas ganz anderem? (Wobei einem das als Künstler persönlich an dieser Stelle u.U. wahrscheinlich recht egal ist, mich würde das einfach mal interessieren.) Am Ende sollte man soetwas wohl eher als grobe Richtlinie als wahrhaftigen Maßstab sehen.
Zum Thema Talent hab ich persönlich ein recht gespaltenes Verhältnis, aber das ist eine etwas andere Geschichte. Talent ist wieder so ein schwammiges Konstrukt ähnlich wie Kunst, wobei ich denke, dass es bei der Festlegung des Talentbegriffes weniger auf das Berücksichtigen individueller Sichtweisen und Gefühle ankommt als vielmehr, das Wort an sich "greifbarer" machen zu können.
Talent ist zwar klar von "harter Arbeit und Fleiß" aka. erworbenen Eigenschaften zu trennen, aber nicht komplett gegensätzlich und es schließt sich erst recht nicht gegenseitig aus. Ich denke umgekehrt aber auch nicht, dass man Talent von Geburt an haben kann, aber das hängt wohl auch sehr mit der Vorstellung von Schicksal oder aus wissenschaftlicher Sicht mit Genetik zusammen und beides sind bisweilen keine allzu verlässlichen Argumentationsbasen (das eine aus philosophischer Sicht, das andere schlicht aus dem aktuellen Wissensstand heraus). Talent ist auch definitiv nicht die Voraussetzung zum Erwerb einer Fähigkeit, sondern vielmehr würde ich es als einen Wegbaustein sehen, sowie es auch die "harte Arbeit", also das intensive Auseinandersetzen mit der Thematik, Mechanik, etc. ist. In diesem Zusammenhang finde ich auch wieder das Bild des "Startkapitals", dass Herr der Zeiten erwähnt hat, durchaus passend, ohne jetzt genau sagen zu können, woher genau dieses Startkapital genau stammt. Gleichzeitig würde ich sagen, dass jeder ein gewisses Startkapital besitzt in allerlei Dingen, der andere mehr, der andere weniger. Talent sollte man nicht als etwas Absolutes sondern eher als etwas Relatives sehen.