Das Schicksal bezieht sich bei den Stoikern auf den Kausalitätsbegriff von Ursache und Wirkung, unterteilt in vorstellungsauslösende und dadurch den Anstoß zur Handlung gebende externe Ursachen oder Wirkung hervorbringende interne Ursachen, basierend auf der Wahlfreiheit des Menschen, wie er auf die Vorstellung reagiert, ob er den Anstoß zur Handlung umsetzt oder zurückweist.
Widervernünftiges Handeln ist nicht auf die Durchsetzung des Triebes gegenüber der Vernunft (Logos) zurückzuführen, sondern beruht auf einem falschen Verstandesurteil, die dem Trieb eine falsche Richtung weist. Die Affekte gehen auf falsche Urteile zurück oder sind selbst falsche Urteile. Erst durch das kognitive Urteil, die „Zustimmung“ (Assensio), werden die Wahrnehmungen des Bewusstseins (Propatheiai = unwillkürliche Gefühlsreaktionen als Vorstadien der Affekte), zu eigentlichen Affekten. Ein Affekt (Pathos) ist nach altstoischer Auffassung „pervertierte Vernunft“, angestoßen durch den Einfluss, welche die äußeren Dinge über die Vorstellungsbilder auf den Menschen ausüben und durch den Einfluss der Meinungen „der Vielen“.
Ziel ist die Vollendung des Logos, die völlige Freiheit (Apathie, was keineswegs Gefühllosigkeit bedeutet) von den auf falschen Urteilen basierenden Affekten.
Laut den antiken Stoikern werden also erst durch das kognitive Urteil der „Zustimmung“ die Wahrnehmungen des Bewusstseins (unwillkürliche Gefühlsreaktionen als Vorstadien der Affekte) zu eigentlichen Affekten.
Das passt ja wieder sehr gut zur heutigen Kognitionspsychologie, die auf dem antiken Stoizismus aufbaut.
Das habe ich mehrfach gelesen und wird auch von einem Verhaltenstherapeuten bestätigt, der ganz bewusst den Stoizismus mit der heutigen Verhaltenstherapie vergleicht in seinen interessanten englischsprachigen Texten, z. B. in folgendem Artikel, wo er sogar Bezug nimmt auf das Schiff im Sturm und dies nun auch noch verhaltenstherapeutisch ergänzt mit der sogenannten AWARE-Methode
AWARE (Accept - Watch - Act - Repeat - Expect), also
- Akzeptiere Deine Angst als normale, harmlose, vergängliche Erstreaktion, wie bei einem wogenden Schiff im Sturm.
- Schaue Dir diese flottierenden Angstgefühle mit Abstand wertfrei von außen an, wie vorüberziehende Wolken.
- Verhalte Dich der Angst gegenüber gelassen, sanftmütig, achtsam geduldig und mutig, ohne Überbewertung.
- Wiederhole angstneutralisierend die stoizistische Gelassenheit und gewöhne Dich an die Angst, ohne Vermeidung.
- Erwarte eine realistische Verbesserung dadurch.
Quelle: medium.com/stoicism-philosophy-as-a-way-of-life/being-aware-of-anxiety-1a71b9e1924d