Vor drei Tagen ging ich spontan ins Kino, um Elvis zu sehen. Normalerweise haue ich zu Filmen keine ausufernden Kritiken raus, aber für meine 12, 50 € will ich zumindest ein wenig abledern... also, los geht's.
Der Film wurde früh im Jahr 2021 für den November angekündigt, und die Biopic-Szene rieb sich die Hände. Nach grandiosen Werken wie "Rocketman", "Bohemian Rhapsody", "The Dirt" und sogar dem unfreiwillig komischen "Lords of Chaos" endlich - ENDLICH! - ein Film üder den King des Rock'n'Roll. Musik- und Filmfans gleichermaßen haben in freudiger Erwartung stärker mit den Hüften gezuckt als der "Titelheld" es zu Lebzeiten vermochte.
Nun wurde die Veröffentlichung des Filmes eben auf diesen Sommer verschoben, und die Erwartungen schraubten sich höher und höher. Es wurde sogar Tom Hanks in einer Hauptrolle angekündigt, was konnte da schon schiefgehen? Nunja... nicht alles, aber vieles.
Bevor wir zu Tom Hanks kommen, konzentrieren wir uns auf Austin Butler, der den Elvis mimt. Monatelang studierte er die Bühnenmoves, Mimiken und Gesten des Königs. Und wie gut er das tat! Er verkörpert die Bühnenfigur "Elvis Presley" perfekt. Aber eben auch nur die Bühnenfigur. Denn der Film gibt dem Zuschauer in rund 160 Minuten Länge kaum Gelegenheit, den Menschen "Elvis Presley" kennenzulernen. Zwar enthält der Film alle Meilensteine der Ikone, jedoch werden diese nur angedeutet, oder es wird, sobald es interessant wird, zur nächsten Episode gesprungen. Vielleicht war es Faulheit seitens der Regie. Vielleicht aber auch - und das fände ich durchaus verständlich - die respektvolle Intention, nicht die groben Fakten mit Mythen zu vermischen, wie es in Biopics eben oftmals der Fall ist.
Elvis Presley wird oft als Mensch beschrieben, der abseits der Bühne eine traurige, lethargische, gar lebensmüde Hülle war. Und nur dann zu dem allseits bekannten und beliebten Entertainer wurde, wenn er auf den Brettern stand. Viel ist über sein Privatleben nicht bekannt, denn im Gegensatz zu seiner extroventierter Bühnenpersona war er ein sehr kontaktscheuer Mensch. Diesen Eindruck hinterlässt der Film am Ende auch. Was soll man großartig über einen Mann erzählen, der Zeit seines Lebens nunmal nicht viel über sich erzählt hat?
Kommen wir nun also zu Colonel Tom Parker, dargestellt von Tom Hanks. Der ist nämlich der eigentliche Hauptcharakter, und die Geschichte des King wird aus seiner Sicht erzählt. Colonel Tom Parker war während Presleys gesamter Karriere sein Mentor und Manager, sein bester Freund und sein ärgster Feind. Ein zwielichter Charakter, fürwahr.
Jedoch: Würde man nicht wissen, dass es sich hierbei um eine reale Person handelt, käme man glatt auf den Gedanken, es wäre ein eigens für den Streifen herbeigedichteter 0815-Filmschurke. So überdreht sind sein düsteres Auftreten, seine Aalglattheit, seine dramatischen Erzähldialoge aus dem Off. Eine Heldengeschichte erzählt aus der Sicht des Antagonisten, so etwas hat man nicht oft.
Der Film selbst ist ein wilder Mix aus Musical, Drama, unfreiwilliger Komik und Geschichte. Über die vorhin angesprochenen 160 Minuten versucht man verzweifelt, eine Richtung zu finden, aber es klappt einfach nicht. Dem Film fehlt nämlich etwas sehr bedeutendes: Ein authentischer Soundtrack.
Ja, es gibt originale Elvis-Titel zu hören, doch im Hintergrund wummern ständig Elektro-Beats und Rapsongs, die mit den geliebten Hits des Kings lediglich die Texte gemeinsam haben. Entschuldigung!? Ich schaue hier einen Film über einen Musiker, der von den 50ern bis in die 70er aktiv war. Ich möchte Sounds aus dieser Zeit hören - und keinen Chartmist aus den 2020ern. Die Krönung ist allerdings das kurze Sample aus "Larger than Life" von den Backstreet Boys in einer Szene. Und dann kommt irgendwann der Abspann. Wenigstens dort erwartet man ein wenig echten Rock'n'Roll. Leider nein, leider gar nicht. Es wird gerappt, geschrammelt und mit Synthie-Teppichen herumgedudelt.
Unter'm Strich ist das eine ganz enttäuschende Nummer für alle Leute, die sich eine schonungslose Biografie Elvis' erhoffen. Schaut euch lieber Dokumentationen auf Arte an, in denen Zeitzeugen und Wegbegleiter zu Wort kommen, man in den Genuss alter Konzertaufnahmen kommt und man ein wenig mehr die Person hinter dem Entertainer kennenlernen kann.
Danke, war alles, tschüss