Otfried Preußler:
Krabat
Erscheinungsjahr 1971
ISBN 978-3423252812
Vielleicht ist einigen das Buch noch als Schullektüre bekannt; mir ist es während der Schulzeit gleich zwei Mal begegnet, zuerst in der Unterstufe und später nochmals in der Mittelstufe. Da Bands, die ich gerne höre, die Sage um Krabat ebenso bearbeitet haben, wurde ich neulich wieder daran erinnert und musste es unbedingt zur Hand nehmen.
Inhalt:
Es ist die Zeit des Großen Nordischen Krieges. In der Lausitz lebt der vierzehnjährige und verwaiste Wendenjunge Krabat. Bettelnd zieht er mit Freunden als Heilige Drei Könige im Winter um die Häuser, als ihn ein merkwürdiger Traum heimsucht. Darin wird er von einer fremden Stimme aufgefordert, zur Mühle im Koselbruch nahe Schwarzkollm zu gehen. Nach mehreren Nächten folgt er schließlich diesem Ruf.
Dort angekommen wird er vom Meister gleich als Lehrjunge aufgenommen und willigt ein, das 'Müllern und alles andere auch' zu erlernen. Die Arbeit ist zunächst hart, das Essen dafür reichlich und gut. Er ist der zwölfte Bursche; im Altgesellen findet er zugleich einen guten Freund, der ihm hilft so oft er kann - sogar auf anscheinend unerklärliche Weise.
Bald muss Krabat feststellen, dass in der Mühle ohnehin nicht alles mit rechten Dingen zugeht und er in eine sogenannte Schwarze Schule geraten ist. Der Meister ist ein mächtiger Zauberer; und jede Neumondnacht erscheint der Herr Gevatter, ein finsterer Mann, für den sie mahlen müssen. Trotz dieser und weiterer unheimlicher Vorkommnisse beginnt Krabat, die Schwarzen Künste, die selbst Macht über Könige und Fürsten verleihen, eifrig zu erlernen. Während der Meister in der Schwarzen Kammer aus dem Koraktor vorliest, sitzen die Burschen zu Raben verwandelt auf der Stange.
Die Magie eröffnet ihnen ungeahnte Möglichkeiten - doch zu welchem Preis ...?
Schreibstil:
Man merkt dem Buch natürlich an, dass es unter anderem auch für ein jugendliches Publikum gedacht ist. Der Stil ist schlicht, direkt und klar. Allerdings gelingt es dem Autor gerade mit diesen Worten eine fantastische Atmosphäre zu erschaffen. Gelegentlich tauchen veraltete Ausdrücke oder Titel auf, besonders die Sprechweise der Figuren überzeugt und sorgt für eine authentische Wirkung.
Der erfahrene Leser kann sich dabei über den versteckten Unterton einiger Passagen freuen, so wird zum Beispiel eine Truppe der Armee sehr spöttisch beleuchtet. Geschickt eingesetzt ist auch die Wiederholung bestimmter Abschnitte oder Formulierungen, die nochmals auftauchen, teils aber leicht verändert sind und plötzlich eine neue Bedeutung erhalten.
Durch den angenehmen Stil lässt sich das Buch unglaublich leicht lesen, man merkt gar nicht, wie schnell man von einer Seite zur nächsten gelangt.
Hintergrund:
Den Stoff für die Geschichte liefert eine sorbische Sagengestalt namens Krabat; die Sage um ihn spielt in derselben Gegend, in welcher der Roman angesiedelt ist. Dabei sind einige Versionen der Sage überliefert, die jeweils zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind. Sogar die Hauptfigur hat einen starken Wandel erfahren, so wird Krabat vom anfangs bösen zum guten Herrn (in den jüngeren Versionen), der den Menschen hilft.
Das Buch nutzt die bekannteste Fassung der Sage als Vorlage, in welcher Krabat ein Bettlerjunge ist. Dennoch ist der Roman als eigenständige Aufarbeitung des Stoffes zu sehen (schon allein, da unter anderem die übrigen Burschen in dieser Form frei erfunden sind), er weist einige Unterschiede zur Sage auf und viele Elemente stehen auch in einem neuen Kontext.
Beurteilung:
Ich habe das Buch innerhalb einer einzigen Nacht durchgelesen, da ich es einfach nicht mehr zur Seite legen konnte; sowohl die Handlung als auch die Sprache haben dafür gesorgt - und das, obwohl ich es längst kannte. Mich hat es damals in der Schule schon begeistert, es war eine der wirklich guten und interessanten Lektüren - und auch jetzt, ein paar Jahre später hat es nichts von seinem (ja ... Vorsicht, Wortwitz) Zauber verloren.
Das Buch selbst hat ja genauso bereits einige Jahre auf dem Buckel, aber büßt dadurch nichts ein. Einziger Wehrmutstropfen für mich war die Tatsache, dass meine Ausgabe noch nach alter Rechtschreibung verfasst war und ich dementsprechend leider häufiger über die anderen Schreibweisen gestolpert bin.
Jedenfalls ist die Geschichte noch 'Fantasy' in einer Art und Weise, die völlig ohne Elfen, Orks und alle möglichen anderen Elemente auskommt, von denen viele der heutigen Bücher leider ausschließlich leben. Obwohl auf den ersten Blick scheinbar triviale Themen Verwendung finden - so spielt beispielsweise die Liebe gegen Ende eine entscheidende Rolle - langweilt es keinen Moment lang. Vermutlich zeichnet genau diese Einfachheit die Geschichte aus, lässt sie zu jeder Zeit aktuell und interessant sein, wobei sehr wohl differenziert wird. Es geht letztlich um Gut und Böse und die Attraktivität der Schwarzen Künste, doch die Darstellungsweise im Buch ist nicht oberflächlich, nicht plakativ und verliert ebenso wenig an Verständlichkeit.
Wer 'Krabat' nicht in der Schule oder generell noch nicht gelesen hat (wobei es wohl durch die Verfilmung bekannter wurde, die - wie zu erwarten war - nicht mithalten kann), sollte es auf jeden Fall nachholen, sofern er sich für eine kurzweilige und trotzdem tiefgehende Fantasiegeschichte begeistern kann. Das Buch ist nämlich absolut empfehlenswert, egal ob man ein Kind, Jugendlicher oder Erwachsener ist, ob man unterhalten werden möchte oder über die tiefere Botschaft nachdenken will.