Scheidungskinder: Chance oder Belastung?

  • Endlich ein wenig Zeit gehabt, das Diskussionsforum zu durchstöbern, das wollte ich schon viel früher machen!


    Ausgehend von Merekos "Der perfekte Partner" will ich den Fokus auf die Familie richten. Wenn der Partner also alles andere als perfekt oder passend war und sich herausstellt, dass die Beziehung nicht mehr funktioniert – wohin mit den Kindern? Viele Eltern überlegen es sich zwei Mal, ob sie sich scheiden lassen wollen, wenn sie Kinder zu hüten haben. Einige bleiben dann sogar zum Wohle ihrer Kinder zusammen und versuchen es erneut.


    Aber ist das sinnvoll?
    Einige Aussagen dazu wurden ja schon im o.g. Thread getroffen.

    Zitat

    Original von bereth
    […] da sind so viele Unterschiede und diese beiden Menschen sind in ihrem Kern einfach DERART unterschiedlich, dass ich mich manchmal frage, wie ich es in meiner Kindheit nur ausgehalten habe, unter ihren ständigen Streitereien halbwegs (!) bei Verstand zu bleiben.


    Zitat

    Original von Dimension
    Ist für jemanden, der kein Scheidungskind ist, schwer vorstellbar, aber Du kannst schon froh sein, dass sich Deine Eltern nicht getrennt haben - vor allem dass sie sich nicht getrennt haben, als Du noch in eines der Tiefpunkte des Lebens (in der Regel vom Anfang der Pubertät bis ein paar Jahre nach Volljährigkeit) warst und dann Deine Jugend zu einer 90%-igen Vaterlosigkeit weiterlebst, zumal die psychische Anschlagbarkeit in dieser ganzen Lebenszeit sehr hoch ist.


    Zitat

    Original von All
    […] es kommt wirklich STARK darauf an, zu welcher Zeit das passiert. Ich selbst bin ja quasi eines, und ich muss sagen, dass es mir wirklich wenig ausmacht. Ich war damals noch im Kindergarten und meine Eltern haben sich in die Haare gekriegt, ich habe nict viel davon mitbekommen. Und ich würde sagen es ist mir so lieber, als wenn sie nur um der Kinder willen zusammen blieben. Ja, tatsächlich ist mir diese konstellation keinerlei Belastung, vielleicht war sie ja sogar positiv für meine Entwicklung, wer kann das schon sagen.


    Zitat

    Original von Mereko
    Ich finde es wirklich schwierig zu sagen, welche Kinder mehr geschädigt werden. Die, bei denen sich die eltern früh und schnell getrennt haben? Die, bei denen sich die Eltern mit einem schnellen klaren Schnitt getrennt haben, aber dafür mitten in der Pubertät? Oder doch die, bei denen der Trennung der Eltern eine jahrelange Zeit vorrausging in der einfach permanent der Haussegen mehr als nur schief hing.


    Mit Merekos Fragen möchte ich dann auch die Diskussion einleiten: Was meint ihr, unabhängig von diversen Studien, auf die ich nicht weiter eingehen will (vielleicht suche ich da im Laufe des Threads was zu raus oder jmd. anders ist so schlau) – wo liegt wohl am ehesten der Haken bei einer Scheidung?


    Dass eine Scheidung in der Pubertät herbe Auswirkungen haben kann, ist klar, doch ob sich das wirklich pauschalisieren lässt? Seid ihr Kinder aus einer "heilen" Ehe oder habt ihr selbst erfahren, wie eure Eltern sich haben trennen müssen? Was haltet ihr von Eltern, die allein zum Wohle der Kinder die Ehe aufrecht erhalten – nette Geste oder fataler Fehler?



    Mir ist nebenbei bemerkt klar, dass die Threads sich teilweise überschneiden könnten, aber um es in einem Thema zusammen zu fassen, erschien mit die Sache mit dem perfekten Partner doch zu spezifisch.

  • Ich persönlich komme aus einer sehr glücklichen Ehe mit klasse Eltern und kann es daher nicht nachvollziehen, wie es ist, wenn sich die Eltern trennen, oder wenn einer der Elternteile so sehr aus seiner Rolle fällt, dass man ihn dafür verachtet.
    Aber ich habe Leute in meinem Umfeld, bei denen das anders ist und kann daher gleich vorweg ein schönes Beispiel bringen:


    Ein Komilitone von mir, ist ein Scheidungskind, bei dem sich die Trennung "die letzten 24 Jahre hinzog und nur noch eine Scheinehe gelebt wurde" (Zitat von ihm. er ist 22!). Seine Eltern haben wohl nie wirklich zusammengepasst und sein Vater musste erst wirklich Mist bauen, dass seine Mutter keinen Bock mehr darauf hatte.
    Ob er dadurch jetzt einen psychischen Knacks davon getragen hat, der sich irgendwo nur nicht ganz offensichtlich manifestiert kann ich so nicht sagen, wahrscheinlich hat es ihn und sein Weltbild aber sehr beeinflusst.


    Ein anderes Beispiel ist ebenfalls ein Komilitone, bei dem sich die eltern fürher getrennt haben als nur vor kurzem, aber da kenne ich die Details nicht so gut. Was ich hier aber besser weiß, sind die Auswirkungen:
    Er ist, weil er für seinen Vater einen Haufen verachtung übrig hat und sich auf die Seite seiner Mum gestellt hat, zum totalen Muttersöhnchen verkommen, im sinne Von seine Mutter und seine Oma sind sein absolutes Heiligtum, aber in einem Ausmaß, dass absolut nicht mehr feierlich ist. Des weiteren hat er die Angewohnheit sich Damen-technisch schnell zu verrennen und sich in Sachen zu stürzen, die komplett aussichtslos und nur scadhaft für ihn sind, was er meist einfach nicht sehen will. Sein aufgeblaßenes Ego und seine manchmal unerträgliche Art schiebe ich lieber darauf, dass er Einzelkind ist...^^


    Der Haken bei einer scheidung ist wahrscheinlich, die psychische Belastung, der ein Kind in dieser Situation ausgesetzt ist: Das Elternhaus ist kein Symbol für Liebe, Geborgenheit und Harmonie mehr, die Eltern verlieren ihren Status als Vorbilder, mindestens Bezeihungstechnisch, manchmal sogar noch mehr und man ist zudem auch dem äußeren Druck ausgesetzt, dass man in einer Gesellschaft lebt, in der die meisten anderen Kinder aus einer glücklichen Familie kommen.
    Wie man mit diesem Druck umgeht, hängt von der eigenen geistigen entwicklung und der damit verbundenen psychischen Stärke/Belastbarkeit ab:
    Es gibt kleine Kinder, die eine Scheidung "oberflächlich" wegstecken wie nichts (innerlich sieht es aber bestimmt anders aus) und es Teenager, die durch eine Scheidung zerbrechen und einen Knick in ihrem Leben erfahren, der sie dann stark verändert und meist auf die Schiefe Bahn geraten lässt...

  • Ich hab es leider direkt vor Weihnachten zu spüren bekommen, wie sich meine Eltern zerstritten haben. Das war mit 13 Jahren und ich fühlte mich ohnehin schon mies, da es in der Schule nicht gut lief (Außenseiterleben) und mein Bruder von meiner Mutter bevorzugt wurde, trotzdem hatte ich mich entschieden mit meiner Mutter zu gehen, weil ich zu ihr einfach ein besseres Verhältnis hatte als zu meinen Vater. Mittlerweile hat sie schon einen Freund und ich bin auch schon mehr oder weniger ausgezogen. Obwohl ich manchmal auch glaube, dass es bei mir was hinterlassen hat, da ich allein durch diesen Terror in meiner Kindheit - Jugend immer wieder an Trennnungsängste leide. Na ja, also von heile Ehe kann man nicht sprechen, aber meine Mutter hat mir auch erklärt warum sie es mit meinen Vater nicht mehr aushielt und ich konnte es dann auch verstehen. Zwar erst als ich älter war, doch mittlerweile weiß ich, wieso sie es mit ihm nicht mehr aushielt und so verstand ich es auch langsam. Sie wollte eigentlich auch uns zuliebe mit meinen Vater noch zusammenbleiben, doch irgendwann gehts nicht mehr und ständig streiten ist für Kinder - Jugendliche ja auch nicht gerade gesund.


    Mittlerweile ist es so, dass ich sowohl meinen Vater, als auch meine Mutter nur noch ganz selten zu Gesicht bekomme. Was mir halt auffällt ist, dass sich mein Bruder irgendwie total verschließt. Meine Mutter sagt selber, dass es ein Kunststück ist irgendetwas aus ihm rauszubekommen. Mein Vater ist leider sehr streng. Er hat meinen Bruder (trotzdem, dass er schon fast volljährig war) das Rauchen verboten und so musste er es für eine Zeitlang heimlich machen und ich glaub das ist auch der Grund wieso es da eine gewisse Spannung zwischen den beiden gibt. Meine Mutter hat ihre Fehler selber eingesehen, da es in der Jugendzeit bei mir echt nicht so rosig lief und wir durch ihren neuen Freund und auch meinen Bruder, der einfach mehr Gemeinsamkeiten mit ihr teilte, kaum Zeit miteinander hatten und die Begeisterung Pferde konnten wir leider durch den Umzug auch nicht mehr teilen und so blieb uns nicht mehr viel übrig.


    Trotzdem habe ich immer noch Respekt vor meiner Mutter, da wir beide miteinander viel durchgestanden haben und sie immer die Liebe vor Geld gezogen hat (klar ohne Geld gehts nicht, aber ihr wisst was ich meine). Mein Vater ist da halt anders, aber ich akzeptiere beide Seiten, obwohl ich manchmal echte Probleme habe mit meiner Mutter über so bestimmte Themen zu reden, weswegen ich die dann eher meinen Freund anvertraue.


    Zitat

    [...] und es Teenager, die durch eine Scheidung zerbrechen und einen Knick in ihrem Leben erfahren, der sie dann stark verändert und meist auf die Schiefe Bahn geraten lässt...


    Wenn ich etwas dazu sagen darf: Ja schiefe Bahn ist bei mir nicht ganz das richtige Wort. Ich bin halt als das "brave Kind" erzogen worden, obwohl so Entscheidungen wie Rauchen anfangen, Alkohol trinken, ... ganz an mir selbst lagen. Bei mir lags da eher am Psychischen, weswegen ich auch schon zum Therapheuten musste. Ich hatte irgendwie die Selbstbeherrschung in dem Bereich, dafür hatte ich mich eine Zeitlang in die PC-/Internet-/Fantasiewelt zurückgezogen. Und da ich in der Schule auch keine Freunde hatte zog ich immer meine Tiere den Menschen vor, obwohl ich seit dem Kindergarten schon Probleme mit Menschen hatte. (Das hat dann das Problem wohl noch verstärkt).


    Ich selber sehe mittlerweile schon ein, dass ich das nicht auf eigene Faust regeln kann, weswegen ich mehr als froh bin, dass mein Leben wieder normale Bahnen einnimmt und ich ENDLICH wieder einen geregelten Tagesrhytmus habe. Das spielt ja auch eine Rolle, aber du hast Recht: Es gibt viele Scheidungskinder die durch den vielen Druck und Stress im familären Bereich sprichwörtlich zusammenbrechen. Ich glaube bei den ganzen jungen Kindern ist das einfach so, dass sie es noch nicht wirklich realisieren. Kann aber auch nur mutmaßen, da ich es nur als Teenager mitgekriegt habe.


    Soviel meinerseits :]


    MFG Alexandra

  • Zitat

    Dass eine Scheidung in der Pubertät herbe Auswirkungen haben kann, ist klar, doch ob sich das wirklich pauschalisieren lässt?


    Ich denke, man kann es nicht pauschalisieren, denn wie die Kinder bei der Trennung ihrer Eltern reagieren, hängt ganz von ihrem eigenen Charakter ab.
    Da ich selber ein Scheidungskind bin, meine Eltern trennten sich als ich vierzehn war, kann ich euch hierfür auch zwei gute Beispiele geben; mich und meinen Bruder.


    Wie ich schon einmal in dem "Seid ihr so, wie ihr sein wolllt?"-Thread sagte, war die Pubertät für mich eine harte Zeit. Ich wurde von anderen als Außenseiter behandelt und verspürte, obwohl meine Mitmenschen mich nicht so akzeptieren wollten, wie ich war, den Drang, zu ihnen zu gehören. Und gerade in dieser für mich ungemein schweren Zeit, trennten sich meine Eltern voneinander und es war keine schöne Trennung. Schon Wochen und Monaten zuvor, hatte ich bemerkt, dass sie sich immer öfter stritten und einander nur noch wenig zu sagen hatten. Wo sie früher gemeinsam auf dem Sofa gelegen und sich gemeinsam einen Film angeguckt hatten - oft hatten mein Bruder und ich uns zu ihnen gelegt und mit ihnen gekuschelt - saßen sie nun getrennt voneinander oder schauten erst gar nicht mehr gemeinsam einen Film. Die Spannungen zwischen ihnen war mit jedem verstrichenen Tag deutlicher zu spüren. Mir wurde recht schnell bewusst, dass die Beziehung in die Brüche gehen musste und so konnte ich mich schon Wochen im Voraus seelisch darauf einstellen. Als dann der Tag der Trennung kam, nahm ich es achselzuckend hin und sagte bloß: "Dass ich damit gerechnet hatte."
    Mein Bruder hingegen verarbeitete die Trennung nicht so gut wie ich. Er hatte nie damit gerechnet, dass sie sich trennen könnten und war, als er es erfahren hatte, ungemein deprimiert. Seine schulische Leistungen wurden schlechter und es war deutlich zu spüren, wie er unter der Trennung litt, während ich sie einfach hinnahm, da mir bewusst war, dass wir Kinder nicht die Schuld an der Trennung trugen und auch wenig dagegen machen konnten. Wenn zwei Menschen sich irgendwann nicht mehr lieben, dann ist das so. Gefühle verändern sich und ich halte es persönlich für äußerst ungesund sich selber und seinen Kindern etwas vorzuspielen. Ich halte somit wenig davon, zusammen zu bleiben, wenn man sich am liebsten doch die Köpfe einschlagen würde. Kinder bemerken so etwas, denn Veränderungen zwischen Vater und Mutter treten unweigerlich auf, wenn diese einander nicht mehr lieben. Die Zweisamkeit geht verloren und dafür haben Kinder, die von klein auf an dieser gewöhnt sind, einfach ein Gespür. Ich denke, das wichtigste bei einer Trennung ist die Art der Trennung. Wenn Eltern wie bei mir in Zwistigkeiten auseinandergehen, dann trifft das ein als Kind eher, als wenn die Eltern sich trennen und anschließend immer noch ein freundschaftliches Verhältnis zueinander aufrechterhalten.


    Als meine Eltern sich getrennt hatten, blieb ich, wie wohl viele andere Kinder es tun würden, erst einmal bei meiner Mutter. Zu Beginn machte es mir wenig aus, bei ihr zu leben, doch mit der Zeit hielt ich es einfach nicht mehr bei ihr aus. Sie war Ende dreißig und schien plötzlich das Verlangen in der Brust zu spüren, noch einmal der Jugendlichkeit zu frönen. Knapp ein halbes Jahr nach der Trennung, wollte ich mir meine Frühstücksbrötchen schmieren und wurde mit einem mir fremden Mann konfrontiert, der scheinbar die Nacht mit meiner Mutter verbracht hatte. Wenige Wochen später war dieser verschwunden und dafür stellte sie uns ihren festen Freund vor, der natürlich sofort einziehen musste. Ich ließ dies zwei Monate über mich ergehen und entschied mich dann zu meinem Vater zu ziehen. Ich empfand es als Frechheit, dass meine Mutter sich einem neuen Mann hingab und uns Kinder links liegen ließ. Mein Vater war da gänzlich anders. Seit seiner Trennung hat er sich keine neue Freundin angelacht (was er ruhig tun dürfte) und war immer für uns Kinder da, was ich ihm hoch anrechne. Inzwischen ist der Kontakt zu meiner Mutter gänzlich abgebrochen (von ihrer Seite aus). Zum letzten Mal, als ich etwas von ihr gehört hatte, hat sie mir zu meinem achtzehnten Geburtstag über ein Telefonat zum Geburtstag gratuliert – ungemein toll; bist erwachsen geworden und deine Mutter hält es nicht einmal für nötig, persönlich zu Besuch zu kommen und dir zu gratulieren.
    Ich finde diese Entwicklung echt ungemein traurig. Dennoch, eine gute Sache hatte sie für mich. Ich weiß ganz genau, was ich nie werden möchte. Alleine wenn ich mich in meinem Freundeskreis umhöre, dann stelle ich fest, dass die Eltern-Kind-Beziehung bei fast allen, in die Brüche geht. Sie werden von ihren Eltern unter Druck gesetzt, streiten sich nur noch mit ihnen und brechen dann mit ihnen. So etwas finde ich traurig und so etwas wünsche ich mir selber nicht. Sollte ich je Kinder haben, werde ich wohl versuchen, so etwas zu verhindern. Eltern sind für ihre Kinder einfach ihre ersten und wichtigsten Bezugspersonen und spielen somit auch eine tragende Rolle in ihren Leben.


    *seufz*

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