Killing Joke - MMXII
Format: CD (Europe), (LTD-Editions gibs nicht ;p)
Erscheinungsdatum: 30.03.2012
Label: Spinefarm Records (LIC: 2796310)
Genre(s): Post Punk, Art Rock, Industrial Metal
℗ © 2012 Spin-Farm OY under Exclusive License from Various Artists Management.
Mitglieder:
Jeremy Jaz Coleman - Lead Vocals, Keyboard
Kevin Geordie Walker - Guitar, Backing Vocals
Martin 'Youth' Glover - Bass
Paul Ferguson - Drums, Backing Vocals
Reza Udhin - Keyboard
Tracklist:
01 Pole Shift 8:57
02 Fema Camp 5:02
03 Rapture 4:16
04 Colony Collapse 5:05
05 Corporate Elect 4:00
06 In Cythera 4:30
07 Primobile 4:44
08 Glitch 4:48
09 Trance (In The Fields Of Light) 6:09
10 On All Hallow's Eve 3:22
1979 in England gegründet, entwickelten Killing Joke nach anfänglichen Experimenten im Dub-Bereich schnell eine ganz eigen Klangwelt von Post-Punk und Punkrock mit Ausflüge in Duitzende andere Genres wie Heavy Metal, Industrial, New Wave, Goa/Psytrance oder Liedermacherei. Mit ihren ersten Alben inspirierten sie unzählige Legendenbands wie Nirvana, Metallica oder den Foo Fighters. Ziemlich exakt 33 Jahre nach ihrer Gründung erschufen sie in der Originalbeetzung ein neues wegweisendes Album namens MMXII (Latein für "2012"), als Nachfolger von Absolute Dissent (2010). Das gesamte Album befasst sich - wie für Killing Joke üblich - mit der zeremoniellen Vernichtung der Welt. Wahnsinn, Voodoozauber und Misanthropie inlusive.
Rezension:
Schon der Opener Pole Shiftlässt aufhorchen, da er ungewohnt mit extrem kühlen und dunklen Synthieklängen beginnt und so eine unheimliche Atmosphäre aufbaut. Nachtsong per exellance. Der Song beschreibt den Beginn des Weltuntergangs durch eine Kernschmelze, wodurch die Pole abschmelzen und es zu einer ersten großen Umweltkatatsrophe kommt. Dieser gesamte Part wird abwechselnd mal mit schnellen treibenden Rhythmen und dann wieder langsamen, sphärischen Soundcollagen unterlegt - stets begleitet von der unverwechselbaren Stimme Jaz Colemans. Der fast neunminütige Opener - von vielen Metal-Hefftchen gnadenlos zerrissen - behauptet sich als ungewöhnlichstes Stück auf der Platte, aber gleichzeitig auch zu einem echten Höhepunkt. Der surrealistische Touch, welcher beinahe in einer AvantGarde übergeht, saugt sich tief ins Gehirn und lässt einen nach diesen 9 Minuten benommen aber seltsam-glücklich zurück. Fema Kamp ist da schon KJ-typischer aufgebaut. Besondere Stärke dieses Stückes, welches sich mit der eiskalten Auswahl der Infizierten druch das Militär in den Schutzzonen auseinandersetzt (Rote Pille sofortiger Tod, blaue Pille leediglich Lähmung) sind die Strophen, in denen Jaz geradezu emotionslos philosophiert, was erneut für eine beklemmende wie enge Atmosphäre sorgt - goßartig! Zum dritten Stück mit dem Namen Rapture, welches bereits im Februar als YouTube Video verfügbar war, muss ich kaum viel sagen: Prescht mächtig nach vorne, dickes wie tiefes Gitarrenspiel und ein sich immer aufbauschender Jaz Coleman, welcher zu diesem Stück sagt, dass er damit die Ekstase bei seinen Konzerten Ausdruck verleihen mag. Klappt definitiv! Colony Collapse ist nnoch straighter und brachialer. Bislang der härteste Song des Albums, welcher schon stark Richtung Metal driftet. Der Titelname ist hier klar Programm. Leider ist das Stück ein wenig zu lang geraten, da fehlt mir ein Schuss Abwechslung. Anders dagegen eines der besten Stücke des Albums, nämlich Coporal Elect. Von der ersten bis zur letzten Sekunde mächtig. Die neue Weltordnung wird ausgerufen und aus dem Notstand heraus eine neue Sklavenrasse an Menschen gezüchtet. Vernichtend misanthropisch und im Songaufbau vor allem live ein Brecher. Ein Song, der abermals beklemmend zeigt wie grausam Menschen sein können, wenn es um ihr eigenes mickriges Überleben geht. Mit Song Nummero 6 ist es dann endlich soweit: In Cythera wurde als Vorabsingle bereits ausgekoppelt, was nicht überrascht. Eingängigste Nummer des Albums, wird bereits oft mit ihrem Klassiker "Love Like Blood" verglichen, obgleich das Stück doch anders aufgebaut ist. Um es halbwegs kurz zu machen: Das melodische Stück mit den gefühlvollen Vocals und den sphärischen Gitarren von Geordie geht einfach nur unter die Haut. Wer hier keine Emotion verspührt, ist wohl ein Soziopath. Und obwohl ich nicht mehr oft bei Songs weine, so war das hier gleich mehrmals der Fall. Ist dieses Stück doch wie perfekt auf mich zugeschnitten. Im Zuge des Weltuntergangs wünscht sich ein Mensch (in dem Fall wohl Jaz), dass er mit allen Menschen, die ihm im Leben etwas bedeutet haben sich auf die griechische Liebesinsel "Cythera" zurückziehen möchte (was natürlich nicht geht und nur ein Tagtraum ist). Er denkt darüber nach, was er mit diesen Menschen alles Schönes unternommen hat und bedankt sich aufopfernd für all die schöne gemeinsame Zeit ("I'm grateful for all the times we've shared"). Denn auch er weiß, dass er den nahenden Weltuntergang nicht aufhalten kann - und womöglich auch gar nicht will. Außer "Le Epic" fällt mir dazu nicht mehr viel ein. Einfach wunderschön, bis zum ergreifenden klanglichen Schluss, wobei ich den Frühling spüren kann. Stärkstes Stück des Albums, ganz definitiv. Aber mit hoher Qualität gehts auch gleich weiter, denn Primobile ist ein melancholischer, (okay schwerdepressiver) Vertreter des "Loners" - also Einsamen, der viel über sein Leben nachdenkt und all das Leid, was ihm wiederfahren ist. Und ja, in diesem Stück - obgleich es so depressiv gestrickt ist - steckt verdammt viel Audi drin. Glitch kann die hohe Qualität dann leider auch nicht mehr so ganz halten, vesinkt aber keinesfalls in Belanglosigkeit. Die Menschheit wird hier so richtig duch den Dreck gezogen. Um die Bedeutung der Lyrics hier wiederzugeben, würde ich wohl eine Zensur riskieren. Matschig, wütend, hasserfüllt. Jaz in seinen besten Zeiten. Er brüllt alles der Welt entgegen, was sich besonders in den ergreifend-aufbauen Refrains niederschlägt. Wahnsinn mit Methode! Trance ist da schon braver, wenngleich nicht weniger pessimistisch. Hier gibt es wieder den typischen Disco-Bass, für den KJ u.a. berühmt sind, auf die Ohren, welchen ich immer wieder ern höre. Der Song erinnert etwas an "Absolute Dissident" und dann vor allem natürlich an den großen Klassiker dieses Basses "Pssyche". Das eigentliche Finale des Konzeptalbums gibt es hier zu hören. Nunja, die Welt geht unter, die Menschen sind dabei wie in Trance. Mit einem gleißenden allesumschlingenden Licht löscht der Meteorit alles Leben aus. Zurück bleibt ein unbelebter Erdball. Musikalisch ergreifend in Szene gesetzt. Der Schlußsong On A Hollows Eve ist dann musikalisch auch ganz anders gestrickt. Ruhig und bescheiden. Das gut dreiminütige Werk ist der einzige wirkliche Hoffnungsschimmer auf dem gesamten Album. Die Erde ist nun wieder leer, alles ist wieder wie vor der Evolution. Es gibt eine neue Chance....Lyrisch Wahnsinn, klanglich eher nicht so mein Fall. Was aber auch nur eine untegeordnete Rolle spielt, da der "brave" Sound total ins Konzept passt und das Album schlüssig beendet. Übrigens: In der ITunes Version von MMXII gibt es noch den Bonussong "New Uprising", welcher einen kleinen Ausblick darüber gibt wie die Welt sich ganz langsam wieder erholt. Das Stück ist allerdings eher mittelmäßig und ich würde sogar so weit gehen, es als den schlechtesten Song des Albums zu sehen. Deshalb stört es mich auch nicht weiter, dass er auf meiner normalen CD-Version nicht mit dabei ist.
Fazit:
Unglaublich eigentlich, dass dieses Album keine 2 Jahre Entstehungszeit auf dem Buckel hat. Für mich persönlich bislang klar das beste Werk ihrer gesamten Bandgeschichte. Und bei 33 Jahren Bestehen und unzähligen Alben will das schon was heißen. Es hat den Spirit ihrer New Wave Zeit (1985), die Brachialität der metallastigen Ära (2003), die avantgardischen Klangcollagen mit Nähe zum Industrial (1990) und letzendlich auch den unverwechslbaren KJ-Sound (1980-1983). Zwar ist meine Meinung (noch) nicht absolut objektiv, da ich noch immer in der Entwicklung ihrer Discographie stecke (beschäftigte mich intensiv mit der Band erst seit einem guten Jahr) und so viele Alben und EPs ihre Zeit brauchen, aber groß revidieren werde ich meine Meinung zu MMXII sicherlich auch in 20 Jahren nicht mehr. Die Post-Punk Ikonen zeigen hier nämlich eindrucksvoll und wunderbar, wie sich alte Professionalität mit der heutigen Zeit vermischt und meistern mit Bravour ein megastarkes Album mit vielen Höhepunkten und sehr wenig Längen. Die minimale Kritik wird den hochqualitativen Dimensionen dieses Albums allerdings wirklich nicht gerecht. Der Weltuntergang als zentrales Thema des Albms und damit wie auf KJ zugeschnitten. Man merkt die Leidenschaft der Band bei so vielen Dingen auf dem Album:; Der vielschichtige Gesang Jaz Colemans, das charakteristisch tiefe Gitarrenspiel Geordie Walkers. Es ist einfach eine eigene Klasse und vereint zum ersten Mal in hrer langen Bandgeschichte all ihre Stärken zu Einem. Ich persönlich hätte mir noch einen knorken Goasong mit dabei gewünscht, wie es zu Pandemonium-Zeiten üblich war, aber gut, darüber kann man bei dieser Klasse locker hinwgsehen. Wer auf eine tiefe, emotiinale aber auch depressive Erfahrung wartet und auf Rock/Punk/Metal steht, kann hier ohne Sorgen zugreifen. Killing Joke sind (wieder) im Underground angekommen und das ist gut so! Denn sie sind auf der Höhe ihrer Zeit. Mehr denn je, wie ich finde.
10/10
[SIZE=7]....An diesem grandiosen Album wird sich in diesem Jahr noch alles messen müssen..[/SIZE]