Genau genommen... ja, lediglich die Fähigkeit, Vergangenes zu bedenken und auf die (entferntere) Zukunft zu beziehen ist es, die uns von den Tieren unterscheidet und Vernunft für uns möglich macht.
Völlig stures Leben für den Moment ist heutzutage, wie du sagst, schlicht nicht mehr möglich. (Darauf komme ich aber nochmal zurück weiter unten. ^^) Es lässt sich ein Stück weit mit dem Epikureismus vergleichen - Menschen, die heutzutage von sich sagen, sie leben für den Moment, sind schlicht Epikureer. Wir tun nicht immer genau das, wonach uns der Sinn steht, sondern nehmen auch Unlust auf uns (ergo Arbeit), um damit an noch größeres Glück zu kommen (Anschaffungen, Unternehmungen), als wir es täten, wenn wir sofort unseren Drängen folgen würden (nicht arbeiten).
Ich selbst lebe meinerseits "für den Moment", wie du es ausgedrückt hast. Allerdings lebe ich eher für den Moment des Sterbens; sprich, ich versuche, so zu handeln, dass ich es am Ende meines Lebens nicht bereue und am Ende, zurückblickend in jedem Moment bestmöglichst gelebt habe.
Um mal dein Beispiel aufzugreifen... warum sollte ich jemanden töten wollen? Also wirklich mit eigenen Händen umbringen wollen? Warum sollte ich jemanden belügen wollen?
Ich zumindest kann wunderbar für den Moment leben, trotz Gesetzen, trotz moralischen Geboten. Ganz einfach daher, weil ich jene Regeln meist voll und ganz verstehe und gutheiße.
Allgemein ist es schwierig zu sagen, dass Regeln und Gesetze das "Leben für den Moment" einschränken. Das eine schließt ja das andere nicht aus. Ob du jetzt in einem regellosen Leben für den Moment lebst, oder eben unter anderen Bedingungen für den Moment lebst - welchen Unterschied macht das? Es kommt letztlich darauf an, was du draus machst - da finde ich es eine Ausrede, wenn man sagt, man könne das Leben nicht genießen, weil gewisse Regeln gelten.
Die Frage, ob es richtig ist, nur für den Moment zu leben, kann ich daher nicht beantworten - denn ich wüsste nicht, warum Gesetze und Regeln einen Menschen darin einschränken sollten. Wir sind doch anpassungsfähig, die Möglichkeit, den Moment zu genießen, wird also mit jeder Änderung der Situation neu gegeben.
(Kleines, banales Beispiel: Man hat's eilig, zu einem Bewerbungsgespräch zu kommen, die S-Bahn verspätet sich, es ist heiß, es ist voll. Anstatt sich also davon die Laune verderben zu lassen, kann man diesen Moment dennoch genießen und sich freuen, noch ein paar Minuten mehr etwas Zeit zu haben, oder etwas länger noch das Wetter genießen zu können, bevor es bald wieder regnet, oder oder oder... Daher hat dieses "Leben für den Moment", wie ich es sehe, meiner Meinung nach einfach unglaublich viel damit zu tun, Situationen etwas positives abgewinnen zu können, ohne sich selbst etwas schönzureden.)
Edit:
Um noch auf ASP einzugehen:
Ich gebe zu, ganz ohne zu planen kann ich auch nicht immer handeln, aber ich versuche es, wo es nur geht. Ich sehe es einfach nicht ein, mir meine Handlungsmöglichkeiten einschränken zu lassen, nur weil dann ein Aspekt meines Plans nicht aufgeht - daher versuche ich, erst gar nicht alles durchzuplanen, sondern mir nur zu überlegen, welche Möglichkeiten ich habe, und dann abzuwarten, welche sich dann erfüllt. Gerade in Sachen Studium z.B. finde ich es doof, wenn man sich zigmal den gesamten Karriere-/Lebensverlauf für jeden Studiengang, der infrage kommt, durchdenkt. Ich studiere dann das, was mir Spaß macht, und schaue danach, was sich mit dem Studium machen lässt. Und wenn's mit Studium nichts wird, such ich mir 'nen interessanten Job, und was danach kommt - was weiß ich! ^^