Ich muss gestehen, trotz meines eher rationalen Geistes an Geister und dergleichen zu glauben. Das geht sogar so weit, dass ich mich so weit damit befasst habe dass ich von anderen als Autorität zu diesem Thema gesehen werde und in einigen Fällen auch als Exorzist um Rat gefragt wurde. Dass ich dabei als Erstes alle rationalen Erklärungen abklappere und erst dann in Betracht ziehe eine übernatürliche Erklärung gelten zu lassen ist etwas, was viele mir nicht glauben. Tatsächlich aber mache ich es so und in fast 90% der Fälle kann ich eine rationale und vollkommen logische Erklärung für angeblich übernatürliche Dinge vorlegen.
Und dann.. tja, dann gibt es eben noch die "anderen" Fälle.
Der Fall den ich jetzt erzähle ist in Norddeutschland passiert, wo ich zu der Zeit Urlaub gemacht habe. Wo genau das will ich offen lassen, ebenso sehr die Namen der Beteiligten. Zur Erleichterung und für ein besseres Leserverständnis gebe ich welche an, das sind jedoch falsche Namen. Falls jemand glaubt dass er oder sie weiß wo es spielt.. ich werde nichts dazu verraten. Hab' ich damals versprochen.
Die Geschichte beginnt mit einem kleinen Wäldchen. Offiziell Privatbesitz wurde dort de facto eigentlich immer von jedem gefeiert, sogar die Stadt hat dort einige kleine Feiern ausgerichtet.. jedoch immer am Waldrand. In der Stadt hatte man gemerkt, dass das Innere des Waldes nicht ganz sicher war. Ein Bekannter aus dieser Stadt kannte meine Faszination und mein reichhaltiges Wissen um solche Dinge und bat mich, es mir einmal anzusehen. Von ihm habe ich eine Liste erhalten mit allem, was in diesem Wald nicht stimmt:
-Handys und ähnliche Geräte funktionieren in diesem Wald nicht. Es gibt kein Funkloch oder dergleichen, sie gehen nur einfach nicht an, beziehungsweise schalten sich ab sobald man den Wald betritt.
-Tiere meiden den Wald anscheinend. Es gibt ein paar Vögel, die jedoch fast überwiegend am Rand nisten, je weiter man hinein geht, desto weniger Tieren begegnet man, von Insekten einmal abgesehen.
-Obwohl dieser Wald nicht besonders groß ist (etwa die Fläche von sechs größeren Ackerfläschen) verlaufen sich regelmäßig Leute darin. Es gibt einige gut ausgetretene Wege, trotzdem scheinen diejenigen die in den Wald gehen in regelmäßigen Abständen von ihnen abzukommen und finden oft erst Stunden später wieder heraus.
-Einige wenige Leute haben in diesem Wald übernachten müssen, nicht selten weil sie sich dort verlaufen hatten. Fast jeder von ihnen berichtet von bizarren Albträumen und einige haben nachdem sie in diesem Wald waren eine starke Phobie vor fließendem Wasser entwickelt ohne dass einer von ihnen erklären könnte wo diese herkäme.
Michael, mein Bekannter, hatte den Wald selber noch nicht besucht und wollte sich mir anschließen, aus Neugier was es damit auf sich hätte. Auch eine Bekannte von ihm, Sophie, schloss sich uns an. Es gab einige Witze über das Blair Witch Project, wir haben sogar eine Kamera mitgenommen. Nach einer Nacht bei Michael (und einem sehr guten Frühstück) sind wir dann aufgebrochen, sicherheitshalber mit einigem Proviant und Schlafsäcken.. man weiß ja nie. Auch erzählten wir einigen Leuten wo wir hingehen würden, was bei zweien die schon da waren für mitleidiges Kopfschütteln sorgte.. man weiß ja, wie sowas ist.
Als wir den Wald betraten bekam ich sofort rasende Kopfschmerzen. Das ist bei mir meist ein Zeichen dass irgendetwas nicht stimmt und ich begann mich umzusehen. Sophie wieß mich darauf hin dass meine Nase blutete was mir selber garnicht aufgefallen war.. irgendwie rann das Blut einfach heraus ohne dass ich es wirklich spürte. Normalerweise blutet meine Nase nur bei extrem anhaltenden Hochdruckgebieten, was allerdings nicht der Fall war. Zudem ich das Blut normalerweise vorher bemerke, Nasenbluten kündigt sich bei mir mit einem gewissen Unwohlsein an was an einer überwundenen Epistaxiophobie (Angst vor Nasenbluten) liegt. Diesmal aber hatte ich überhaupt nichts gemerkt. Meine Kopfschmerzen wurden noch schlimmer.
Wie fast schon erwartet funktionierte unsere mitgebrachte Handkamera nicht. Wir versuchten alles, wechselten auch die Batterien, aber sie ging nicht an. Dasselbe war mit unserem Navi und unseren Handys, sogar einer Taschenlampe die wir dabei hatten. Das war schon ein wenig unheimlich, ich gebe es gerne zu. Auch das permanente Gesumme der Mücken wurde ein wenig nervig, insbesondere da kein einziger Vogel zu hören war.. die Biester waren einfach verstummt.
Den Tag über gibt es sonst nichts besonderes zu berichten. Ich, Michael und Sophie gingen ein wenig spazieren und bis auf die Tatsache dass es wirklich ennervierend ruhig war gab es eigentlich nichts auszusetzen. Hin und wieder sahen wir vom Förster angebrachte Wegzeichen, die jedoch etwas älter aussahen. Da diese Waldfläche recht klein ist und auch die Gemeinde in der sie liegt war dafür vermutlich ein Förster einer anderen Gegend zuständig der nicht sonderlich häufig hier war. Natürlich gab es Witze darüber dass der Förster hier gestorben wäre, insbesondere Michael hat darüber viel gerissen, was Sophie auf die Palme gebracht hat. Mich hat das eher kalt gelassen. Um ehrlich zu sein fand ich nicht viel schlimmes an diesem Wald. Sicher, etwas merkwürdig, aber deshalb gleich von Geistern, einem Fluch oder ähnlichem zu sprechen war in meinen Augen doch etwas übertrieben.
Ein wenig angenervt wurde ich dann später doch. Wir schafften es tatsächlich uns zu verlaufen. Trotz meines Vorschlages, einfach direkt den Weg zurück zu gehen den wir genommen hatten, irgendwo müssen wir falsch abgebogen sein, insbesondere da wir Genies keinen Kompass mitgenommen hatten. Über unseren Rückweg wurde es Nacht, wir schlugen unser Zelt auf und ruhten.
Ich habe schlecht geschlafen. Selten so schlecht wie in dieser Nacht und der Traum den ich hatte ist mir bis heute unheimlich. Es begann mit einem hohen Summen wie von einer Insektenlampe, das in das Summen von hunderten Mücken überging. Es schwoll immer wieder an oder ab, aber verstummte nie ganz, untermalte die anderen Geschehnisse wie Hintergrundmusik.
Ich sah mich selbst, wie ich auf dem Zeltboden schlief, umgeben von völliger Dunkelheit. Aus dieser Dunkelheit schälte sich Michael, der sich über mich beugte und mich schüttelte, dann aber mit einem resignierten Gesichtsausdruck aufstand und wegging. Dann verschwand auch ich. Aus dieser kompletten Dunkelheit kamen Laternenpfähle, an denen ich vorbeirauschte wie in einem Auto sitzend, allerdings gab es keine Staße oder dergleichen. Immer wieder musste ich den kreuz und quer stehenden Pfählen ausweichen, bis ich schließlich gegen einen Baum fuhr. Es gab einen Ton wie von einem besetzten Telefon und ich erwachte, es war heller Tag. Meine Nase hatte wieder angefangen zu bluten.
Zwei Stunden später, also etwa um zwölf Uhr Mittags (wir hatten sehr lange geschlafen) kamen wir wieder aus dem Wald heraus. Ich habe in dieser Zeit ein wenig nachgedacht und auch zur Geschichte dieses Waldes Nachforschungen angestellt. Bis auf einen kleinen Zwischenfall der in einem Totschlag kumulierte, kurz vor dem ersten Weltkrieg, ist in diesem Wald niemals etwas großes geschehen und schon garnichts, was so ein.. Phänomen erklären würde. Ich halte es mit meiner Erklärung zu diesem Wald eigentlich sehr kurz und an Stephen King angelehnt: Es ist einfach nur eine verdammt böse Gegend.
Das ist eine der "interessanteren" Geschichten die mir in meinem Leben passiert sind, es gab aber noch weitere. Womöglich bin ich da auch dem "Gruppenzwang" zum Opfer gefallen, doch einiges, wie zum Beispiel die Abwesenheit fast sämtlicher Tiere in so einem Wald im Frühling, war doch recht evident. Aber vielleicht hatte das auch einen Grund, den ich als Nicht-Biologe nicht kenne. Wer weiß, wer weiß.