Ach du meine Güte! Wie konnte ich nur diesen Thread übersehen! So ein unendlich wichtiges Thema; kaum etwas hat unsere Kultur so dermaßen beeinflusst, ja beeinflusst es sogar heutzutage noch so sehr, wie das Thema der Religion. Natürlich möchte ich auch hier meinen Senf dazugeben, denn es gibt hierzu, denke ich, noch soviel mehr zu sagen.
Zunächst einmal möchte ich aber 2 Sachen zum Thread selbst anmerken. Erstmal das Wichtigere: „Welches ist deine religiöse Gesinnung“ suggestiert auch beim Atheismus eine Religion. Das ist eine krasse Missrepräsentation dessen, was Atheismus eigentlich bedeutet. Atheismus erfüllt nicht die substantialistischen und funktionalistischen Definitionen einer Religion und ist damit auch selbst keine; es handelt sich dabei nicht einmal um eine Weltanschauung; dazu die Begriffserklärung: Theismus ist der Glaube an Götter im Allgemeinen (Monotheismus= Glaube an einen Gott; Polytheismus = Glaube an viele Götter). Die Vorsilbe A heißt nicht: Atheismus – Nicht an Götter glauben. Es ist damit nur, und wirklich nur, die Ablehnung einer Vorstellung eines Gottesbildes. Im weiteren Sinne verwendet man es aber auch als Ablehnung jeglicher religiösen Vorstellung, ohne, dass man selbst eine auf die Beine stellt. Der Eingangspost lässt vermuten, dass dem Threadersteller dies nicht bekannt war; deshalb empfehle ich eine Umbenennung des Threadtitels in z.B.: „Wie stehst du zum Thema Religion?“, da diese Formulierung neutraler ist und den Atheismus auch Atheismus sein lässt.
Zweitens ist die extra-Auflistung des Punktes Agnostiker ebenfalls irreführend, da es hier falsch verwendet wird. Hier wird es dargestellt, als sei es einfach eine schwächere Form des Atheismus; ein Atheist meine zu wissen, dass man die Nichtexistenz Gottes beweisen kann, der Agnostiker hingegen sei einfach der Meinung, man habe nicht genug Beweise um Theist oder Atheist zu sein. Tatsächlich ist aber die Definition eine ganz andere: Gnostiker kommt vom Wort „gnosis“ und bedeutet „Erkenntnis“. Ein Gnostiker ist also ein Wissender; im Zusammenang mit Religion also einer, der über religiöses Wissen verfügt. Ein Agnostiker ist also einer, der das nicht hat – ein nicht wissender also. Damit ist es aber keine religiöse Ansicht, sondern eine reine Feststellung, ob man etwas weiß oder nicht weiß. Ob man religiös ist oder nicht ist eine Glaubenssache – keine Wissenssache. Damit kann man auch z.B. ein agnostischer Theist, oder aber ein agnostischer Atheist sein – also einer, der den Glauben an Götter ablehnt, obwohl er einsieht, dass es weder genug Beweise für oder gegen diese Ansicht gibt. Menschen, die Agnostiker angeben missverstehen meist die Verwendung dieses Wortes und halten es für den „vernünftigen Mittelweg“, wenn man eigentlich auf dem Weg ist, sich dem Atheismus zuzuwenden, da Atheisten oft als radikal angesehen werden.
Dementsprechend würde ich empfehlen, diesen Punkt – der Richtigkeit halber – aus der Liste der Auswahlmöglichkeiten zu entfernen.
Bevor ich jetzt eigentlich erst mit meiner Antwort loslege (ach du meine Güte) möchte ich darauf hinweisen, dass nichts, was ich schreibe, persönlich gemeint ist, sondern nur sachlich um der Diskussion willen erläutert wird. Ich schreibe das hier extra dazu, weil ich mit Religion oftmals die Erfahrung gemacht habe, dass viele, viele Menschen sehr empfindlich darauf reagieren. Das ist auch weiter nicht verwunderlich – schließlich geht es um das Weltbild des Menschen.
Und bevor ich zu meiner eigenen religiösen Einstellung komme, wollte ich erst auf Nusma antworten :)
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Ich schrieb damals, ich wäre der Ansicht, unser Universum würde deterministisch ablaufen. Auf eine Aktion folgt eine Reaktion, nach fest definierten Regeln. Dadurch schloss ich aus, dass Gott einen direkten Einfluss auf die Welt ausüben würde, außerdem stellte ich in Frage, ob es sich bei ihm überhaupt um ein intelligentes Wesen handelt, und behandelte ihn schlussendlich als Variable, die den Rand unserer Erkenntnis darstellt und für das steht, was dahinter liegt.
Das ist durchaus keine schlechte Ansicht. Wir können physikalische Gesetze bis zu einem gewissen Grad bevolgen; sicherlich wissen wir noch lange nicht alles, aber das, was wir wissen, deutet darauf hin, dass sich auf diese physikalische Weise früher oder später alles wird erklären lassen, und ja, dadurch wird ein eigenständig handelnder Gott unwahrscheinlich. Allerdings empfinde ich an dieser Stelle bei dir ganz stark den christlich erzogenen: Bei deiner Überlegung, wie das Universum funktionieren könnte, verspührst du das Bedürfnis, einen Gott irgendwo einzubauen. Du machst das Vernünftige: Gott passt nicht so recht ins Bild, also stellst du ihn als die Figur dar, die das Unwissbare repräsentiert. Aber: Warum? Wozu? Wenn du nicht erst von der Bedigung ausgegangen wärst: Irgendwo und in irgendeiner Form muss es Gott geben, wärst du nie zu diesem Schluss gekommen. Wenn du rein auf vernunfbasierter Grundlage argumentierst und keine Annahmen machst (Gott muss es irgendwie geben), sondern rein auf deine Gedanken basiert deine Schlüsse ziehst, wird es nicht nötig zu sagen: Das was dahinter ist, ist Gott. Auch funktioniert deine Ansicht an dieser Stelle auch wunderbar, wenn man Gott nicht noch mit einbaut.
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Zu dieser Meinung stehe ich bis heute, bisher ist mir nichts begegnet, was mir plausibler erschienen wäre.
Wie sollte ich also damit umgehen? Ohne Gott, ohne objektive Moral, sogar ohne freien Willen verbrachte ich viel Zeit damit, in meinem Leben einen Sinn zu suchen. Irgendwann kam ich dahinter, dass Sinn nichts als eine abstrakte Form der Wertschätzung ist, subjektiver Natur, zweifellos.
Ich folgerte, meine Leben habe keinen höheren Sinn, nur jenen, den ich ihm eigenständig zuweise, auch wenn dies keineswegs meine souveräne Existenz rechtfertigt, da es unmöglich ist, sich selbst zu definieren und zu legitimieren. Nun, da jedoch im Grunde alles, wenn man es weit genug abstrahiert, als einzelne Existenz betrachtet werden kann, ist nichts legitim. Die Welt ist nicht legitim, das Universum hat keinen Sinn, so meine Schlussfolgerung.
Das ist eine sehr richtige, erwachsene und gesunde Ansicht. Statt davon auszugehen, dass es eine objektive Moral einer übersinnlichen Gottheit gibt, sodass man Ethik (wieso kommen wir immer auf dieses Thema zu sprechen? ), die auf Vernunft und Empathie basiert möglicherweise aufrund einer religiösen Schrift ablehnt, gehst du hier davon aus, dass Ethik subjektiv ist und wir dementsprechend durch geistiges Voranschreiten und durch Aufklärung in der Lage sind, selbstständig eine Welt der guten Moral zu bauen.
Allerdings ist die Folgerung mit der Legitimierung des Menschen als Unmöglichkeit aufgrund fehlendem vorangegangenen Sinn nicht unbedingt die logische Konsequenz aus den vorangegangenen Gedanken. Vielmehr schätze ich es als gesünder zu sagen: Ich existiere, und damit soll es mir genug sein. Ich existiere aus dem reinen Zufall heraus, aber ich beeinflusse direkt und auf ganz starke Art meine direkte Umwelt, und jenachdem, was ich aus meinem Leben mache, vielleicht auch die menschliche Gesellschaft an sich. Die Frage nach einer Legitimierung finde ich hier nicht nötig.
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Aufgrund meiner vielen Abstraktionen war ich außerdem an dem Punkt angelangt, zu glauben, Leben generell würde nicht existieren, da es sich dabei im Grunde ebenfalls nur um eine menschlich-abstrakte Einordnung handelte.
Auch hier fehlt mir die Verbindung zum vorangegangenen; die bisherigen Gedanken lassen einen zwar fragen: Was ist Existenz? Es bietet mehr Raum für weitere Überlegungen und für eine tiefere Philosophie, aber die Aussage, Leben würde nicht existieren, scheint hier ein wenig aus der Luft gegriffen. Und bei der Existenzfrage allgemein würde ich mich immer nach Descartes richten: Cogito ergo sum. Die Existenz können wir, soweit es geht, wissenschaftlich nachweisen. Ob es dabei natürlich jetzt nur eine Illusion ist oder tatsächliche Existenz, das können wir einfach nicht wissen. Aber von „nicht wissen“ zu „gibt es nicht“ ist es noch ein langer Weg.
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So, und jetzt bin ich an dem Punkt angelangt, an dem ich darüber nachdenke, ob die Existenz des Universums nicht sogar nichtig ist. Natürlich im physikalischen Sinne, nicht im rationalen Sinne. Offensichtlich existiert da doch irgendwas, sonst würde ich hier nicht annähernd so munter vor mich hin texten. Dennoch, in der Quantenphysik gibt es einen Grundsatz, der lautet: Wenn etwas sein Umfeld nicht beeinflusst, dann existiert es nicht.
Eigentlich genau dasselbe wie eben. Wir wissen nicht, wie real tatsächlich alles ist, aber wieso sollte man deswegen die Existenz davon anzweifeln? Aber hier gehst du langsam in die Naturwissenschaften über...
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Gehen wir das Ganze mathematisch an: Unser Universum ist 0. Null bedeutet, es ist nichts, allerdings kann man 0 auf verschiedene Arten ausdrücken. 2 + (-2) = 0. Demnach ist Null die Bilanz eines Prozesses, der sich schlussendlich perfekt ausgleicht. Darstellen kann man das auch anhand zwei entgegengesetzt voneinander verlaufender Vektoren bzw. Kraftpfeile <------x------> , die sich somit gegenseitig aufheben. Vektor - Gegenvektor, Kraft - Gegenkraft. Baum - Gegenbaum? Antibaum? Antimaterie?
Ok, hier werde ich versuchen vorsichtig zu sein, denn wir bewegen uns jetzt in einem Bereich, in dem ich gar keine Ahnung habe und nicht mit reiner Logik arbeiten kann xD
Klingt bisher recht verständlich, nur: Wieso ist Universum 0? Meinst du im Sinne von: Das Universum „sei“ 0? Oder worauf basiert die Überlegung, das Universum sei 0?
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Mir kam die Idee, man könnte den Punkt x, von dem die Vektoren weg laufen, als Ort des Urknalls festsetzen. Demnach gäbe es für jedes Subatomare Teilchen ein identisches Gegenteilchen, direkt auf der gegenüberliegenden Seite des Universums, nur eben punktsymmetrisch gespiegelt. Wenn man das mit den Gesichtspunkten des Determinismus verbindet, dann wäre auf der gegenüberliegenden Seite des Universums genau dieselbe Erde mit genau denselben Leuten und genau dem gleichen Nusma, der gerade über verrücktes Zeug nachdenkt, da dort ja alles identisch entwickelt sein muss.
Gruselig wird es dann, wenn ein Mensch nun in ein Raumschiff steigt und zum Zentrum des Universums fliegt, zum Punkt x, dort wo der Urknall stattgefunden hat. Wenn man rein aus Spaß annimmt, dass dort keine Hindernisse wären, dann müsste dieser Mensch dort seinem punktsymmetrischen Doppelgänger begegnen, da dieser nach den Gesetzen des Determinismus am anderen Ende des Universums ebenfalls zur gleichen Zeit auf die Idee gek...ste, geben sich ein punktsymmetrisches High-Five und ziehen wieder ihrer Wege. Leider haben beide, durch das viele drehen und fliegen bei dem Versuch, die Punktsymmetrie zu überwinden, den Überblick verloren, welches Raumschiff nun das ihre ist, und da nicht nur die Raumschiffe, die Funkfrequenz der Raumschiffe, der Asteroid, neben dem sie es geparkt haben, sowie der gesamte Sternenhimmel dahinter gleich ist, gibt es auch keinen Weg für sie, das herauszufinden. Also ziehen beide wieder ab, gleichzeitig, versteht sich, und fliegen zurück auf ihren Planeten, auf dem noch alles genauso ist, wie gehabt (*Relativitätstheorie ignorier*), und sie werden nie erfahren, ob sie nun richtig sind, oder ob ihr richtiger Planet doch am anderen Ende des Universums liegt. Dafür haben sie jedoch ein ziemlich stichhaltiges Indiz für die Existenz von Determinismus herausgefunden, nur ein empirisches, aber dafür ein ziemlich überzeugendes. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann gibt es sie noch doppelt.
Ok, doch nicht so wahnsinnig stark von Wissenschaft geprägt, also doch nicht so schlimm
Zwar interessante Überlegungen, aber ich halte sie trotzdem für nicht ganz schlüssig.
Lassen wir das Universum tatsächlich 0 sein, so muss es natürlich in der Rechnung auf beiden Seiten klar aufgehen. Aber wie du schon sagtest: 2-2=50-50 (wow bin ich einfallsreich) ergibt auch eine richtige Aussage, zeigt aber auch direkt wo das Problem liegt: Man kann auf verschiedenste Art und Weise die 0 erreichen, und so muss das Universum an sich nicht zwangsläufig punktsymmetrisch sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass die gegenüberliegende Seite auch nur annähernd so aussieht wie hier ist unendlich klein; lediglich die Bilanz aus dem Ganzen würde sich gleichen – also die Menge an Energie, Raum, Masse usw.
Zudem halte ich es für sehr unwahrscheinlich, weil ich die Idee des Determinismus nicht für sonderlich haltbar befinde. Es ist eine Idee, die sich insbesondere aus den Gesetzen der Thermodynamik gebildet hat – Es kann keine Energie erzeugt oder zerstört werden, und die Umwandlung muss eine Ursache haben – Aktion und Reaktion. Unabhängig davon, ob wir einen echten freien Willen haben oder nicht – das können wir wann anders ausdiskutieren – ignoriert die strikte Annahme, dass der Determinismus überall anwendbar sei, leider die Realität der Probabilität – der Stochastik. Es ist nunmal so, dass viele Sachen zu einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zufällig auftreten, und es kann so determiniert sein, wie man will, den Einfluss des Zufalls kann keiner bestreiten. Und bei gleicher Wahrscheinlichkeit kann man nicht davon ausgehen, dass sich auf beiden Enden des Universums – sofern wir vorherigen Punkt außer Acht lassen – zufällig immer dasselbe Ergebnis gibt. Tatsächlich gibt es auch Wissenschaft-Philosophische Ansätze, die von Paralleluniversen sprechen – es gibt unendlich viele Universen, in jedem Universum ist ein bestimmtes Ereignis zufällig verlaufen. Entscheidest du dich morgen z.B., mit einem blauen Hut aus dem Haus zu treten, hast du damit ein neues Paralleluniversum geschaffen, da du in einem anderen mit einem roten Hut das Haus verlassen hast, in einem anderen wiederum gar keinen Hut usw. – denn die Realität ist im Endeffekt nur eine Summe aller Wahrscheinlichkeiten lt. dieser Theorie. Du hast vorhin Quantenmechanik erwähnt – auch dort wird diese Aussage gemacht.
Okay! Damit bin ich mit diesem Punkt fertig, und ich komme abschließend zu meiner persönlichen Meinung bzgl. Religion.
Es war denke ich nicht schwer herauszulesen (wer bis hierhin mitgelesen hat), dass ich Atheist bin. Ich bin generell bei der Frage, ob es Gottheiten gibt oder nicht, ein agnostischer Atheist: Ich schließe die Möglichkeit nicht aus, da wir es einfach nicht wissen können, aber ich sehe keinen Grund darin, an irgendwelche Götter zu glauben. Im Hinblick auf Götter der gängisten Religionen heutzutage – ich denke dabei vor allem an die abrahamitischen Religionen, aber auch an den Hinduismus – bin ich aber der Meinung zu wissen, dass es sie nicht gibt. Man kann zwar keine Beweise dagegen aufzeigen – man kann nämlich NIEMALS ein Negativ ent-weisen (sucht mal Beweise gegen Einhörner...) – aber man kann Fehler in ihrer Definition anhand ihrer heiligen Schriften entdecken – und derer gibt es jede Menge, z.B. einem alles-vergebenden Gott, der aber die komplette Welt überflutet und damit fast alle Menschen und Tiere der Welt zerstört – das ist ein Paradox, und demnach muss die Definition dieser Gottheit falsch sein, ergo, es gibt ihn nicht.
Bei der Frage, ob man jetzt allgemein an eine übersinnliche Macht glaubt oder nicht, werde ich oft gefragt, warum ich denn so überzeugt sei, es müsse doch mehr geben als das, was wir bisher wissen usw. – dazu kommt jetzt meine Erklärung.
In der Welt kann man allgemein nur schwierig absolute Wahrheiten feststellen, weil es eben soviel gibt, was wir noch nicht wissen. Allerdings arbeitet unsere moderne Wissenschaft mittlerweile mit der Wissenschaftlichen Methode und der Nullhypothese, und an die halte ich mich wenn es darum geht, Wahrheiten zu erfassen:
Man legt eine Nullhypothese fest. Diese Nullhypothese ist die als wahr anzuerkennende Position. Sie muss leicht widerlegbar sein, d.h. ein kleiner Beweis muss ausreichen, umd es als falsch anzuerkennen – dann wird die Alternative als Wahr angenommen und als neue Nullhypothese definiert. Solange die Nullhypothese nicht widerlegt wird, wird sie als wahr anerkannt, denn es gibt keinen vernünftigen Grund davon auszugehen, sie sei nicht wahr – außer man hat eben entsprechende Beweise, und dann wird die Nullhypothese ja auch direkt als falsch eingestuft.
Wenden wir diese Methode also auf die Wahrheit der Gottesfrage an, sieht es ähnlich aus. Die Aussage „Es gibt keinen Gott“ muss die Nullhypothese sein, weil „Es gibt Gott“ nicht zu ent-beweisen ist – nicht weil die Gottesposition so überzeugend ist, sondern weil man wie oben schon gesagt einen Negativ nicht beweisen kann. Man kann genauso wenig beweisen, dass es Einhörner, Trolle oder sonstwas in der Realität gibt. Also: „Es gibt Gott“ kann nicht Nullhypothese sein, weil es unmöglich ist das Gegenteil zu beweisen. Dementsprechend muss „Es gibt keinen Gott“ unsere Nullhypothese sein; es passt auch deshalb, weil es einfach ist das Gegenteil zu beweisen: Ein kleiner Beweis für die Existenz Gottes reicht aus.
Also: Ich halte an die Nullhypothese fest, dass es keine Gottheit gibt, und das solange, bis ich einen Grund habe diese Überzeugung aufzugeben. Natürlich kann es Gottheiten geben, aber ich habe keinen Grund solch eine Annahme zu machen. Wozu auch?
Ein anderer, weniger methodisch basierter Grund wäre aber auch die folgende Überlegung:
Jede Religion, jede Fraktion dieser Religionen, und jede Sekte macht den Anspruch, den richtigen Weg innezuhalten. Jede dieser Religionen usw. hat massenhaft Menschen, die behaupten, dass sie mit ihrer Gottheit oder sonstwas sprechen können oder Erfahrungen gemacht haben, die sie absolut überzeugt haben (Unfall knapp überlebt oder eine schlimme Krankheit überwunden o.Ä.) und sind deswegen absolut davon überzeugt, ihr Weg sei der richtige. Wo ist aber bitte der Unterschied? Wieso ist Religion A besser als Religion B, wenn beide dieselben „Beweise“ an den Tag Bringen? Man kann es mit folgendem Gedankenspiel beschreiben: Stell dir vor, du stehst in einem kreisförmigen Raum; es gibt allerdings im Raum tausende Türen, die aus den Raum hinausführen. Du nimmst die erste Tür und läufst eine Weile einen Gang entlang. Immer mal wieder taucht eine Person auf, die dir sagt „Ja, du befindest dich auf dem richtigen Weg! Nur weiter so!“ Irgendwann überlegst du dir aber „Ach, das war vielleicht doch die falsche Tür“, gehst zurück und probierst eine andere. Auch hier triffst du in regelmäßigen Abständen eine Person, die dich dazu ermutigt weiterzumachen. Irgendwann kommt dann hoffentlich die Überlegung: Egal, welchen Weg ich nehme, überall treffe ich auf andere Leute, die von der Richtigkeit dieses Weges überzeugt sind. Ich kann unmöglich alle Wege ausprobieren; dazu fehlt mir die Lebenszeit. Ich muss also entweder hoffen, dass mein Weg der richtige ist, denn ich habe nur noch für diesen Weg genug Zeit.“
Wenn die Überlegungen sogar noch besser und weiter gehen, stellt man irgendwann fest, dass dieses Spiel UNMÖGLICH zu gewinnen ist. Man könnte meinen Atheismus also so definieren:
Die Ablehnung, ein unmögliches Spiel zu spielen, und mich stattdessen auf rationale Sachen zu konzentrieren.
Sooooooo
Ich bin endlich fertig
Ich hoffe, dass ich für den einen oder anderen einige interessante Punkte erläutert habe, und für den einen oder anderen ist jetzt hoffentlich die Position des Atheisten etwas logischer nachvollziehbar. Ich habe jetzt absichtlich die Ethik (fast) komplett außen vor gelassen, denn bisher haben wir uns nur damit befasst, warum es unnötig ist eine Religion zu haben. Mit der Ethik kommen wir dann in einen etwas kontroverseren und schwierigeren Bereich hinein, den ich hier wenn möglich eher vermeiden möchte.
Sry für den langen Text, und auch viel Spaß beim Lesen (falls es lesbar ist).
LG
Tido
Edit: Morgen geht die Schule wieder los, und ich schreibe hier Romane...