Yay, Bundestagswahl! Selbstredend werde ich ebenfalls nächsten Sonntag hin gehen und meine Stimme abgeben. (Erstwähler-Hype! ^.^v) Doch leider muss ich mich ernüchtert dem Eindruck stellen, dass der Wahlkampf ein einziges Trauerspiel ist.
Die ganzen Wahlplakate überall sind ja nichts Neues, das, was drauf steht, leider auch nicht sehr. Nur, dass jetzt die AfD mit Plakaten für sich wirbt, auf der Sprüche stehen, die ich zu Teilen (nicht alle!) früher eher der NPD zugetraut hätte und die FDP sich krampfhaft versucht als hippe, jugendliche Partei mit Schwerpunkt Digitalisierung zu inszenieren, wahrscheinlich um die ganzen Erstwähler zu fischen. Jaffars Zusammenfassung der aktuell aussichtsreichsten Parteien und ihrer Programme ist nicht nur amüsant zu lesen, sondern leider auch erschreckend zutreffend. Derzeit fühle ich mich von keiner der großen Partein so hundertprozentig vertreten, aber das kann man wohl nie verlangen - logisch. Ich hoffe und bete ja immer noch, dass die SPD das, was sie verspricht, auch mal einigermaßen hält, aber meine Hoffnungen sind mir da doch ein bisschen gering, um ehrlich zu sein. Auch dem "Schulz-Zug" ist auf halbem Wege irgendwie der Saft ausgegangen, wie es scheint. :/
Den Wahl-O-Maten habe auch früher zu jeder Wahl, die mich betroffen hätte, wenn ich denn schon wählen gedurft hätte, immer mal wieder ausprobiert. (Süß fand ich's ja, als ein paar Studenten für die letzte StuPa-Wahl dieses Semester eine Art Mini-Wahl-O-Mat mit allen Listen, die man wählen konnte, gebastelt haben. ^^) Ich finde, es ist ein gutes Angebot, um sich mal einen Überblick über die Standpunkte verschiedener Parteien zu verschaffen, allerdings finde ich wie Thielo es auch ziemlich ungünstig, dass man sich in seiner Auswahl lediglich auf acht Parteien beschränken kann. Das setzt voraus, dass man schon voreingenommen an die Sache ran geht und selbst wenn man offen für neue Parteien ist, kann man auch nur eine halbe Hand voll neuer Parteien in die engere Auswahl nehmen. Ich würde gerne alle Antworten sehen, ich habe aber auch keine Lust, das Spielchen viermal durch zu spielen, nur um jede Partei mal angeklickt zu haben.
Viele scheinen auch den Wahl-O-Maten immer wieder als Wahlempfehlung zu missverstehen, dabei wird selbst auf der Seite der BPB darauf hingewiesen, dass es nur ein Informationsangebot ist. Und wenn man sich mal etwas näher damit beschäftigt, wäre es auch als Empfehlung ziemlich unzulänglich. Viele Fragen sind entweder schwammig oder radikal formuliert mit nur drei Antwortmöglichkeiten und man muss sich einfach die Antworten der einzelnen Parteien nochmal durchlesen, da auch bei Einstimmigkeit von MLPD bis NPD die Details das große Ganze ausmachen. Die Partei(en) zu wählen, mit denen man prozentual die meisten Übereinstimmungen hat, ist mittelmäßig sinnlos. (Dann hätte ich ja bei der letzten Landtagswahl CDU wählen sollen...)
Tatsächlich habe ich durch die Aktion aber eine interessante kleine Partei entdeckt - die "Partei der Humanisten", mit der ich nicht nur sehr viele Übereinstimmungen hatte, sondern in deren Antworten ich mich auch durchaus oft vertreten gefühlt habe. Mir hat ja besonders die Einstellung gefallen, dass Religion Privatsache sei und sie deshalb eine vollständige Trennung von Staat und Kirche fordern sowie ein bedingungsloses Grundeinkommen und weitere Sachen, denen ich mich durchaus anschließen konnte. Problem dabei: Erstens ist es so eine kleine Partei, dass sie es wahrscheinlich eh nie in den Bundestag schaffen dürfte und zweitens tritt sie in meinem Bundesland gar nicht an. ~_~'
Ansonsten hatte ich - wie immer - am meisten Übereistimmungen mit der PARTEI, dicht gefolgt von den Grünen und der Linken.
Und da ich mich gerne auch mal etwas ausgiebiger im Bereich Youtube-Deutschland rumtreibe, hab ich auch ein paar kleine Angebote zum Thema Bundestagswahl gerichtet an die junge Zielgruppe gefunden. Es stimmt schon, von den Parteien selbst kommende junge Angebote kann man mit der Lupe suchen - zumindest welche, die irgedwie größere mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen/ gezogen haben.
Wirklich nennenswert wären da wohl eher nur die #deinewahl-Interviews mit Merkel und Schulz, die vielfach gelobt wie kritisiert wurden. Ich persönlich habe diese mit großem Interesse verfolgt, sowie auch schon LeFloids Merkel-Interview vor einigen Jahren, mit dem diese Aktion natürlich sehr oft verglichen wurde, und muss sagen, es ist wie dieses ein ziemlich wackeliger erster Schritt in die richtige Richtung meiner Meinung nach. Bekanntere YouTuber ins Boot zu holen, um deren Communitys und generell interessierte junge Menschen zu erreichen, denen die gängigen Interview-, Rede- und Talkshow-Formate zu eingestaubt sind, ist 'ne super Idee - allerdings mit offensichtlichen Kinderkrankheiten. Nebst der Tatsache, dass ein Format, in dem jedem Interview-Führer nur läppische zehn Minuten Zeit bleiben, um seine Fragen zu stellen, schon gar nicht so super investigativ sein kann, wie man das gerne hätte, treffen hierbei natürlich erfahrene Politiker und Redner auf Menschen, die wenig bis gar keine Erfahrung im journalistischen Bereich haben. Wie kann man da bitteschön also erwarten, dass die armen YouTuber die beiden Politiker argumentativ niederknüppeln, so wie es die "etablierten" Medien anscheinend gerne gewollt hätten? Dennoch oder gerade deshalb finde ich die #deinewahl-Interviews sehr schön und hoffe, dass dieses Format für kommende Wahlen beibehalten und vor allem ausgebaut wird.
Umso gespannter bin ich auch auf die "große YouTuber-Wahlparty", wie sie genannt wird, zu #wirgehenwählen. Ein kurzes Informationsvideo zu der Aktion gibt es hier. Dabei sollen sich YouTuber, Politiker, Journalisten und Experten treffen und die Themen diskutieren, die speziel die junge Wählerschaft interessiert. Da die Informationslage ansonsten etwas mau ist und ich mir darunter noch nicht allzu viel vorstellen kann, bin ich umso gespannter, wie es am Ende wird und werde mir das morgen auf jeden Fall gerne anschauen.
Ansonsten kann ich auch noch die Video-Reihen von MrWissen2Go und den Space Frogs zu dem Thema Bundestagswahl 2017 empfehlen, letztere nicht nur mit typischem Space Frogs Humor sondern auch in Kooperation mit der BPB entstanden. Diese sind zumindest ein guter Anfang und Sprungbrett, um sich etwas näher selbst damit auseinander zu setzen. Dass sie nicht als einzige Informationsquelle dienen sollten, sollte ich eigentlich gar nicht mehr erwähnen müssen.