Die Krankheit des Zweifelns

  • Hallo zusammen,


    ich möchte euch heute von einer psychischen Krankheit erzählen, die deshalb so fies ist, weil sie sich nicht offensichtlich zeigt - und langjährige Beziehungen kaputt machen kann. Ich möchte ein bisschen davor warnen, falls ihr oder eure/euer Partnerin/Partner mal solche Symptome an sich bemerkt. Das ist vor allem deshalb wichtig, damit ihr in diesem Fall ein Verständnis für euch bzw. euren Partner aufbringen könnt.


    Kurzgesagt geht es um die Sorge, den Gegenüber nicht mehr zu lieben, verbunden mit starken Gefühlen der Angst oder Panik. Im englischsprachigen Raum kursiert dazu der Begriff Relationship Obsessive Compulsive Disorder (ROCD) - zu deutsch etwa "Beziehungszwangsstörung". Das drückt sich bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich aus - z. B. in Form plötzlicher Zweifel daran, ob man seinen Partner überhaupt attraktiv findet, ob man charakterlich zusammenpasst, ob man sich die Gefühle für den anderen nur eingebildet hat, ob man seinen Partner die ganze Zeit angelogen hat, ob man nicht mit jemandem ganz anderen zusammen sein sollte - die Liste lässt sich endlos fortsetzen.


    Typisch ist, dass man sich ständig neue Zweifel ausdenkt - neue Kriterien, warum man in Wahrheit gar nicht zusammen passt. Es kann absurde Ausmaße annehmen - z. B. vergleicht man die Anzahl der eigenen Hobbys und Interessen mit denen des Partners, vergleicht ihn oder sie mit Wildfremden oder zählt Gegenstände im gemeinsamen Haushalt, die man selbst bzw. der Partner gekauft hat. Ist da ein gefühltes Ungleichgewicht, befeuert das den krankhaften Zweifel. Und natürlich sucht man unterbewusst regelrecht das Ungleichgewicht, um sich darin zu bestätigen, auch wenn dieses nur eingebildet ist. Man hat das Bedürfnis diese angsterfüllten Zweifel mit seinem Partner zu besprechen - leider verschafft das keine echte Linderung. Und auch wenn Ehrlichkeit erstmal eine gute Sache ist, muss man darauf achten, dem Gegenüber nicht jedes Hirngespinst an den Kopf zu werfen. Denn das kann sehr verletzend sein.


    Ich möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es diese Zwangsstörung gibt, weil man sie leicht verwechselt mit einem echten Interessensverlust am Partner. Eigentlich funktionierende Beziehungen gehen daran oft in die Brüche. Wenn ihr so etwas an euch oder einem Bekannten bemerkt, empfehle ich euch in erster Instanz einen Psychotherapeuten zu suchen - insbesondere im Bereich Verhaltenstherapie. Das ist absolut keine Schande. Bitte nicht verwechseln mit einem Psychiater - bei diesen werden Ängste/Zwänge/Depressionen meiner Erfahrung nach insbesondere mit Medikamenten behandelt. Auch das ist völlig legitim und kann helfen, sollte aber in meinen Augen erstmal nur begleitend eingesetzt werden.


    Woran erkennt man, dass man seinen Partner liebt? Eine quälende Frage, wenn man in diesem Mist steckt. Wichtig ist zu begreifen, dass das Gefühl von "Liebe" nicht an bestimmten Merkmalen eures Partners festgemacht werden kann, auch nicht an der Summe dieser Merkmale. Mir hat folgende Erkenntnis geholfen:

    • Ihr freut euch - trotz aller Zweifel - wenn euer Partner nach Hause kommt.
    • Ihr verbringt weiterhin gerne Zeit miteinander.
    • Ihr vermisst euren Partner, wenn er ein paar Tage nicht da ist.
    • Es ist euch wichtig, dass euer Partner wohlauf ist.


    Passt auf euch auf.

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