Wenn ich hier jetzt von einem Mann spreche, auf dessen Schultern eine große Verantwortung lastete, dann meine ich damit erst einmal nicht Batman, sondern Christoper Nolan. Denn der Regisseur, der die Geschichte des maskierten Rächers mittels 'Batman Begins' mit einem noch nie dagewesenen Realismus zu rebooten vermochte und sich mit dem maßlos erfolgreichen zweiten Teil 'The Dark Knight', der wohl spätestens durch Heath Ledgers grandiose Darstellung des Jokers jedem bekannt sein dürfte, filmisch bereits unsterblich gemacht hatte, war nach Ledgers Tod an einem Punkt angelangt, an dem es nicht einmal mehr sicher war, ob es den dritten und abschließenden Teil der Reihe überhaupt geben würde. Doch er beschloss glücklicherweise, sich zusammenzureißen und erneut ein anständiges Drehhbuch zu schreiben, mit dem er die bisherige Riege der Darsteller aufs Neue davon überzeugte, für den finalen Streifen wieder mit von der Partie zu sein. Michael Caine als Alfred J. Pennyworth ist ebenso wieder dabei wie Gary Oldman als James Gordon. Von Morgan Freeman als Lucius Fox und, natürlich, Christian Bale als Bruce Wayne bzw. Batman mal ganz zu schweigen. Neu hinzugekommen sind Joseph Gordon-Levitt als engagierter Polizist John Blake, Anne Hathaway als Selina Kyle bzw. Catwoman und natürlich Tom Hardy als Bane. Die Story enthält Elemente aus 'Knightfall', 'The Dark Knight Returns' sowie 'No Man's Land' und setzt somit die Nolansche Tradition fort, die bekanntesten Arcs und One Shots des Batman-Kanons miteinander zu verweben und in ein zeitgemäßes gegenwärtiges Universum zu transportieren. Die Erwartungen waren groß, grenzten ans Unerfüllbare. Und mit über 160 Minuten Spielzeit ist 'The Dark Knight Rises' ein ganz schön dicker Brocken geworden, aber gleichzeitig übrigens auch ein Film, dessen cinematographische Absichten sehr leicht missverstanden werden können.
Die Geschichte knüpft, und da lacht das Fanherz direkt auf, nahtlos an: Acht Jahre nach den Ereignissen von TDK hat die damalige Zusammenarbeit von Batman, Gordon und Dent (um den sich eine Art Heldenmythos entwickelt hat) das organisierte Verbrechen in Gotham in den Griff bekommen. Bruce Wayne, dessen maskiertes Alter Ego die Schuld am Tod von Dent und anderen Menschen auf sich genommen hat und daher nun als gesuchter Mörder gilt, lebt zurückgezogen im wieder aufgebauten Wayne Manor. Er ist der Überzeugung, dass die Welt Batman nicht mehr braucht, gleichzeitig hat er damit aber ebenso sich selbst aufgegeben. Auch der Umstand, dass er seine große Liebe Rachel Dawes nicht vor dem Joker retten konnte, nagt an ihm. Da hilft es auch nicht unbedingt, dass der ebenso kampfstarke wie raffinierte Söldner, den man nur unter dem Codenamen 'Bane' kennt, ein Auge auf den Rächer im Ruhestand geworfen hat. Auf ihn, auf seine Stadt, auf seine Waffensysteme. Und wohin führt das alles? Wird Batman den Kampf wieder aufnehmen? Kann er es überhaupt noch? Will er es? All diese Fragen werden natürlich beantwortet. Ich möchte hierbei keine Details vorweg nehmen oder verraten, sondern lediglich etwas über die Machart des Films plaudern.
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Was wäre also zunächst positiv zu nennen? Nun, 'Rises' nimmt das in 'The Dark Knight' sehr nach oben geschraubte Erzähltempo wieder etwas zurück und orientiert sich dahingehend wieder eher am Erstling 'Batman Begins', was viele als Manko sehen würden, ich aber hingegen sage: Gut so! Die Geschichte nimmt sich erfreulich viel Zeit und durch Batmans zeitweilige Abwesenheit liegt der Schwerpunkt vor allem auf den übrigen Charakteren. Dass für einen Batman-Film eigentlich ziemlich wenig Batman vorkommt, ist also durchaus als erfreulich zu werten. Besonders hervorzuheben ist hierbei Gary Oldman, der als von seiner Familie verlassener James Gordon nochmal alles gibt. Rückbezüge auf die beiden Vorgängerfilme sind ebenfalls an der Tagesordnung, und obwohl auch unwissende Zuschauer ihren Spaß haben können, ist es doch deutlich zufriedenstellender, wenn man ganz genau weiß, wovon da gerade die Rede ist. Wortwörtliche Zitate sowie Anspielungen inklusive. Der Streifen atmet Kontinuität, wie ich so gern zu sagen pflege (lediglich der Joker wird aus Pietätsgründen nicht mehr erwähnt, doch dies fällt zum Glück überhaupt nicht ins Gewicht). Die Entwicklung der Erzählung, in deren Verlauf Gotham vom scheinbar erlangten Frieden nur umso schneller wieder ins heillose Chaos zu rutschen droht, ist handwerklich makellos. Catwoman ist angenehm un-katzenhaft (ein großes Minus früherer Verfilmungen) und verhält sich über weite Strecken chaotisch neutral, wie man es von ihr kennt. Alle Figuren handeln ihren Charakterzügen entsprechend glaubwürdig und es stellt sich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl ein, Nolan wären die Ideen ausgegangen.
Man kann natürlich darüber streiten, ob diese oder jene Szene nicht näher hätte beleuchtet werden können oder ob man nicht dieses oder jenes oder welches. Fakt ist: Der Film ist phantastisch gut erzählt. Er legt schnell los, tritt mittendrin gehörigst auf die Bremse und nimmt dann gegen Ende wieder so richtig an Fahrt auf. Tom Hardy, der den Gegenspieler Bane verkörpert, hat als Quasi-Nachfolger von Heath Ledger ein maßlos schweres Kreuz zu tragen und dürfte nicht der einzige Grund sein, weshalb 'The Dark Knight Rises' bei vielen Fans ungerechtfertigterweise in Ungnade fallen könnte. Mich persönlich hat diese Umsetzung überzeugt, die gegen Ende nochmals an Format gewinnt. Er ist einfach ein ganz anderer Charakter als der Joker, viel endgültiger und zielgerichteter. Und genau aus diesem Grund auch eine gute Wahl, um die Geschichte zu beenden. À propos glaubwürdig, da wäre natürlich auch noch John Blake zu nennen, der Bruce Waynes Doppelleben mühelos durchschaut und sich im Verlauf der Story mit seinem uneigennützigen Engagement und seiner genre savvyness locker zum wohl sympathischsten Charakter des Films hocharbeitet. All diese liebevollen Charakterisierungen fungieren als Markenzeichen: So großformatig dieser Film also auch ist, so ist er in seiner Machart doch sehr fein und glänzt nicht einmal so sehr durch seine aufwändigen Actionszenen, sondern vielmehr durch die vielen kleinen Details. Einem unaufmerksamen Zuschauer mag die Erzählweise daher zerfasert vorkommen, dies ist sie jedoch mitnichten. Hier wird kein schnöder 'The Dark Knight 2' geboten, der nach demselben Muster funktioniert, sondern ein eigenständiger Film mit gemessen an Hollywood-Standards sehr eigenwilligem Storytelling, der gleichzeitig wie selbstverständlich aus seinem enormen erzählerischen Vorbau schöpft und sich somit perfekt in das Gesamtwerk einfügt.
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Aber wo so viel Licht ist, da ist selbstverständlich auch etwas Schatten... oder vielleicht doch nicht? Worüber könnte man sich hier denn beklagen? Nun, die letzten zehn Minuten dürften die Gemüter sicherlich spalten. Mir hat das Fazit von 'Rises' durchaus gefallen, denn es bringt eine Erzählung, die sich über drei lange Blockbuster erstreckte, zu einem runden und stimmigen Abschluss. Ansonsten kann man das neue Fluggefährt des Helden mit dem vielsagenden Namen 'The Bat' durchaus als etwas zu futuristisch empfinden. Oder sich über ein bis zwei mehr schlecht als recht inszenierte Todesszenen echauffieren. Doch im Vergleich zur Gesamtqualität des Films, ja der ganzen Trilogie, wäre dies Meckern auf hohem Niveau. Lediglich einen Makel hat der Streifen, zumindest in der für unsere Breitengrade angepassten Version: Nämlich Banes deutschen Sprecher, der oft in einer so hohen Tonlage spricht, dass man glauben könnte, man wäre in einem drittklassigen Cartoon gelandet, was einige Szenen mit ihm leider unfreiwillig komisch erscheinen lässt. Wer auch immer diese Synchronisation durch die Qualitätskontrolle gewunken hat, muss taub sein. Ich bin daher schon sehr gespannt auf den Home Video-Release und dementsprechend auf die originale englische Tonspur, die der Figur hoffentlich die Härte verleihen wird, die ihr in der deutschen Fassung teilweise (leider) fehlte.
Bis dahin verbleibe ich jedenfalls mit einem guten Gefühl und kann jedem Fan des dunklen Ritters, der die ersten zwei Nolan-Filme gesehen hat (direkt davor nochmals schauen ist der Atmosphäre sehr dienlich), den Kinobesuch nur wärmstens empfehlen.
Wer noch zweifelt, kann sich vom Trailer überzeugen (oder abschrecken) lassen.
9 von 10