So... *mit den Fingern knack* ...dann wollen wir mal.
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Original von Tido
Das ist durchaus keine schlechte Ansicht. Wir können physikalische Gesetze bis zu einem gewissen Grad bevolgen; sicherlich wissen wir noch lange nicht alles, aber das, was wir wissen, deutet darauf hin, dass sich auf diese physikalische Weise früher oder später alles wird erklären lassen, und ja, dadurch wird ein eigenständig handelnder Gott unwahrscheinlich. Allerdings empfinde ich an dieser Stelle bei dir ganz stark den christlich erzogenen: Bei deiner Überlegung, wie das Universum funktionieren könnte, verspührst du das Bedürfnis, einen Gott irgendwo einzubauen. Du machst das Vernünftige: Gott passt nicht so recht ins Bild, also stellst du ihn als die Figur dar, die das Unwissbare repräsentiert. Aber: Warum? Wozu? Wenn du nicht erst von der Bedigung ausgegangen wärst: Irgendwo und in irgendeiner Form muss es Gott geben, wärst du nie zu diesem Schluss gekommen. Wenn du rein auf vernunfbasierter Grundlage argumentierst und keine Annahmen machst (Gott muss es irgendwie geben), sondern rein auf deine Gedanken basiert deine Schlüsse ziehst, wird es nicht nötig zu sagen: Das was dahinter ist, ist Gott. Auch funktioniert deine Ansicht an dieser Stelle auch wunderbar, wenn man Gott nicht noch mit einbaut.
Nun, ich bin in der Tat christlich erzogen, von daher kann es gut sein, dass ich entsprechend geprägt bin. Dennoch, wie ich bereits schrieb, muss es sich bei der Variable "Gott", auch wenn diese Bezeichnung in der Regel sehr personifiziert verwendet wird, nicht um ein intelligentes Wesen handeln. Über diese Vorstellung bin ich längst hinweg.
Im Grunde handelt es sich in jedem Fall um eine Kraft. Jedes Wesen, jeder Vorgang in unserem Universum, lässt sich im Grunde auf die einzelnen Kräfte reduzieren, die in ihm und mit ihm wechselwirken, denn darauf basiert Determinismus. Ein Dominostein stößt den nächsten um, der das Ganze wieder weiter macht, der die Verkettung von Ereignissen fortführt. Aktion und Reaktion.
Jetzt steht man aber vor einem Dilemma, denn um eine Reihe von Dominosteinen umzuschubsen braucht es eine Kraft, die den ganzen Prozess in Gang setzt. Nach dem Konzept des Determinismus muss diese Kraft jedoch zuvor schon von einer weiteren Kraft dazu verleitet werden, denn von nichts kommt nichts, nicht wahr?
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Man geht von einer unendlichen Reihe von Dominosteinen aus, die keinen Anfang besitzt und ewig umfällt, ohne jemals ein Ende zu erreichen. Unendlichkeit, jedoch, liegt außerhalb unseres Vorstellungsvermögens, und nicht nur das, sie ist auch unmöglich durch empirische Mittel zu analysieren. Kurzes Gedankenspiel: Wie wahrscheinlich ist es, eine Millionen Mal hintereinander im Lotto zu gewinnen? Ohne genaue Zahlen zu nennen: verdammt gering, soviel ist sicher. Dennoch, wenn du unendlich viele Versuche hast, dann ist es absolut gewiss, dass du es irgendwann schaffst. Was tust du als Mensch in diesem Fall also, wenn du nicht weißt, wie die Lottozahlen ermittelt werden? Du hast an jedem Tag deines Lebens im Lotto gewonnen, ausnahmslos, also schlussfolgerst du, dass Lotto für dich eine hundertprozentige Erfolgschance hat. Stimmt aber nicht. Mit jeder neuen Ziehung sind deine Erfolgschancen wieder nur 1 zu ca. 14 Millionen. Nur weil du wahnsinniges Glück hattest, jedes deiner bisherigen Lottospiele zu gewinnen, heißt das nicht, dass du jedes folgende auch gewinnst, genau genommen sind die Wahrscheinlichkeiten dafür, dass du es tust, verschwindend gering. Dennoch, da das Universum unendlich ist, musste dieses Ereignis ja irgendwann mal eintreten. Ja, und eben genauso kann es sich mit unseren Naturgesetzen verhalten. Jeden Tag wachen wir auf, steigen aus dem Bett, alles scheint normal, schließlich kennen wir es nicht anders. Irgendein Physiker legt ein Gewicht auf die Wage, liest das Ergebnis ab und sieht, dass die Schwerkraft noch genauso ist, wie sie sein sollte. Nur leider weiß er gerade dies eben nicht. Jede Sekunde, die wir erleben, könnte von Umständen abhängig sein, die noch unwahrscheinlicher sind als Millionen von 6ern im Lotto, und doch muss es irgendwann so kommen, da das Universum unendlich ist, und im Angesicht der Unendlichkeit selbst das unwahrscheinlichste Ereignis irgendwann mit Gewissheit geschehen wird. Von heute auf morgen könnten die Naturgesetze, so wie wir sie kennen, versagen, am Himmel könnte ein gewaltiges Trollface erscheinen, ohne ersichtlichen Grund, einfach, weil es schon immer so sein sollte, wir nur stets tierisches Glück hatten, nicht davon betroffen zu sein.
2. Man geht von einer übergeordneten Instanz aus, die außerhalb der uns bekannten Naturgesetze steht. Man akzeptiert, dass sie keinen Anstoß braucht, um eine Reihe von Dominosteinen in Gang zu setzen, und man akzeptiert, dass man nie in der Lage sein wird, sie zu begreifen, da sie außerhalb der uns bekannten Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Ob es sich dabei nun um einen ominösen Mann auf einer Wolke handelt, oder um den Server einer Matrix, oder schlichtweg um irgendeine Art von Alien-Kleinkind, das mit Seifenblasen spielt und eine dieser Seifenblasen zufälligerweise unser Universum ist. Was auch immer diese Übergeordnete Instanz wäre, sie besäße ihre eigene Logik, ohne Determinismus, die das zulässt, was bei uns unmöglich ist: Wahre Zufälle, aus unserer Sicht.
Im Grunde ist es dasselbe Prinzip, wie bei der Unendlichkeit, nur eben ein wesentlich geläufigeres Konstrukt. Abstrahiert man das, dann läuft es auf das gleiche hinaus: Wir sind nicht in der Lage, 100% wahre Aussagen zu treffen. Wir sind auch nicht in der Lage, 100% falsche Aussagen zu treffen. Im Grunde sind wir nur Sklaven des Systems, in dem wir funktionieren, sei es Gottes Wille, Zufall, oder Schicksal. Wir sind Clients, die von einem Server abhängig sind... oder Lämmer, die von einem göttlichen Hirten betreut werden. Im Grunde sind wir beschränkt, sonst nichts.
Wie du also siehst, wird die Gott-Variable immer da sein, in welcher Form man sie sich auch immer vorstellt. Zugegeben, die Vorstellung eines menschen ähnlichen Wesens ist da am natürlichsten.
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Allerdings ist die Folgerung mit der Legitimierung des Menschen als Unmöglichkeit aufgrund fehlendem vorangegangenen Sinn nicht unbedingt die logische Konsequenz aus den vorangegangenen Gedanken. Vielmehr schätze ich es als gesünder zu sagen: Ich existiere, und damit soll es mir genug sein. Ich existiere aus dem reinen Zufall heraus, aber ich beeinflusse direkt und auf ganz starke Art meine direkte Umwelt, und jenachdem, was ich aus meinem Leben mache, vielleicht auch die menschliche Gesellschaft an sich. Die Frage nach einer Legitimierung finde ich hier nicht nötig.
"Ich existiere, und damit soll es mir genug sein." Du ahnst nicht, wie schwierig es ist, sich damit abzufinden. Wir Menschen wollen stets das beste, wir streben nach Effizienz. Wir bauen Häuser nach bestimmten Regeln, damit sie möglichst gut unseren Bedürfnissen entsprechen. Jeder Ziegelstein hat seinen (durch uns) zugewiesenen Platz.
...
Nur wo ist unser Platz? Alles auf der Welt, die wir bewohnen, greift scheinbar perfekt ineinander, es ergibt alles seinen Sinn, von außen betrachtet. Aber wir? Wir haben die Wahl, wir können uns den Platz aussuchen, den wir haben wollen. Nur welcher ist der richtige? Wonach soll ich mich richten? Was ist gut, was ist schlecht? Wohin soll ich gehen, wie soll ich weiter? Und wozu? Warum bin ich hier, warum denke ich, was ist mein gottverdammter SINNNNNNNN???!sdagfkjzgewrläsjörjkhäARJHAÖEOJGfreargmarlgaeröäolfjbnrljenbgkjrnönerblgnr.irguhroluarkljrbg-ukrhr,kjnbr-ogihRÜPKjreäogrälQRKJNNBÖFLDTU/KBKUZJVBb
Stack overflow error. Computer hat sich aufgehängt -> Taskmanager -> Prozess beenden.
Man wird verrückt, wenn man zu lange darüber nachdenkt, deshalb hilft nur, die Frage zu verdrängen. Im Prinzip geht es genau um das, was du gesagt hast, man muss die Sinnlosigkeit akzeptieren. Entweder, man findet sich mit ihr ab, oder man nimmt eine Religion an und findet sich mit ihrer utopischen Endzeitfantasie ab.
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Auch hier fehlt mir die Verbindung zum vorangegangenen; die bisherigen Gedanken lassen einen zwar fragen: Was ist Existenz? Es bietet mehr Raum für weitere Überlegungen und für eine tiefere Philosophie, aber die Aussage, Leben würde nicht existieren, scheint hier ein wenig aus der Luft gegriffen. Und bei der Existenzfrage allgemein würde ich mich immer nach Descartes richten: Cogito ergo sum. Die Existenz können wir, soweit es geht, wissenschaftlich nachweisen. Ob es dabei natürlich jetzt nur eine Illusion ist oder tatsächliche Existenz, das können wir einfach nicht wissen. Aber von „nicht wissen“ zu „gibt es nicht“ ist es noch ein langer Weg.
Dieser Punkt hier ist zwar Nebensache, aber im Grunde geht es doch darum, ob lebende Objekte von toten Objekten zu unterscheiden sind. Gibt es nur eine Art von Objekt, bzw. eine Art von Materie, dann ist die Einstufung von Leben wieder einmal eine Abstraktion, ein gedankliches Konstrukt, das Ergebnis menschlicher Intelligenz. Dein Körper besteht aus toter Materie, beispielsweise aus Wasser, Kohlenstoff, und anderem Zeug, mit dem ich mich nicht detailliert auskenne. Legt man all das Zeug in seiner reinen Form nebeneinander, dann hat man nur Haufen von Rohstoffen, mehr nicht, ordnet man die Bestandteile jedoch genau so an, wie du jetzt bist, dann erhält man eine funktionstüchtige biologische Maschine, einen Klon von dir, quasi. Ist dieser Klon jetzt eine Lebensform? Kann man die "Seele" mit klonen? Genau diese Diskussion hatten wir bereits im "Ethische Vertretbarkeit des Beamens"-Thread. Letzten Endes ist Leben Ansichtssache, und damit auf objektiver Ebene nicht existent, auf nichts anderen wollte ich hinaus.
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Eigentlich genau dasselbe wie eben. Wir wissen nicht, wie real tatsächlich alles ist, aber wieso sollte man deswegen die Existenz davon anzweifeln?
Ich hab keine Ahnung, ehrlich. Alles, was ich ab diesem Punkt geschrieben habe, war im Grunde nur eine Fanfiction über ein bestimmtes Gedankenexperiment.^^'
In der Quantenphysik gilt etwas als nicht existent, sobald es mit nichts wechselwirkt. Wäre unser Universum also ein geschlossenes System, das mit nichts anderem wechselwirkt, außer mit sich selbst, dann wäre es demnach nicht existent. Ist es jedoch deterministisch, dann muss es entweder mit etwas außenstehendem wechselwirken, da es sonst keinen Antrieb findet, oooooder bereits unendlich lange schon laufen, ohne diesen Antrieb je gebraucht zu haben. Ist es unendlich, dann ist es nur auf abstrakter Ebene ein geschlossenes System, da du Unendlichkeit nirgendwo einschließen kannst.
Anders ausgedrückt: Ist es deterministisch, jedoch endlich, dann muss es eine übergeordnete Instanz geben. Da ich mir jedoch weder Unendlichkeit, noch eine übergeordnete Instanz vorstellen kann, suche ich nach einem Weg, die Nicht-Existenz des Universums zu begreifen. Leider, jedoch, so fürchte ich, befindet sich auch Nicht-Existenz außerhalb dessen, was ein Mensch zu begreifen in der Lage ist. Verdammte scheiße...
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Zudem halte ich es für sehr unwahrscheinlich, weil ich die Idee des Determinismus nicht für sonderlich haltbar befinde. Es ist eine Idee, die sich insbesondere aus den Gesetzen der Thermodynamik gebildet hat – Es kann keine Energie erzeugt oder zerstört werden, und die Umwandlung muss eine Ursache haben – Aktion und Reaktion. Unabhängig davon, ob wir einen echten freien Willen haben oder nicht – das können wir wann anders ausdiskutieren – ignoriert die strikte Annahme, dass der Determinismus überall anwendbar sei, leider die Realität der Probabilität – der Stochastik. Es ist nunmal so, dass viele Sachen zu einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zufällig auftreten, und es kann so determiniert sein, wie man will, den Einfluss des Zufalls kann keiner bestreiten. Und bei gleicher Wahrscheinlichkeit kann man nicht davon ausgehen, dass sich auf beiden Enden des Universums – sofern wir vorherigen Punkt außer Acht lassen – zufällig immer dasselbe Ergebnis gibt. Tatsächlich gibt es auch Wissenschaft-Philosophische Ansätze, die von Paralleluniversen sprechen – es gibt unendlich viele Universen, in jedem Universum ist ein bestimmtes Ereignis zufällig verlaufen. Entscheidest du dich morgen z.B., mit einem blauen Hut aus dem Haus zu treten, hast du damit ein neues Paralleluniversum geschaffen, da du in einem anderen mit einem roten Hut das Haus verlassen hast, in einem anderen wiederum gar keinen Hut usw. – denn die Realität ist im Endeffekt nur eine Summe aller Wahrscheinlichkeiten lt. dieser Theorie. Du hast vorhin Quantenmechanik erwähnt – auch dort wird diese Aussage gemacht.
tl;dr: Wir werden es vermutlich nie wissen, aus weiter oben genannten Gründen.
So, und damit hätte ich alles gesagt, was ich zu sagen habe. Na ja, zumindest das wichtigste davon.^^'
Gute Nacht~