Oh mann... na das sind ja rosige Aussichten für Russland...
Selten ließt man solche Dinge, die im Kern einfach nur zum heulen sind, andersherum allerdings vor lauter Lächerlichkeit beinahe platzen. Denn diese Botschaft ist nicht nur unerhört grotesk, nein, sie ergibt auf den ersten Blick noch nicht einmal einen Sinn.
Nehmen wir an, Homosexualität und Religion stehen auf einer gemeinsamen, ethischen Ebene. Gehen wir davon aus, beides wäre eine Art Kodex, eine Art Lebenseinstellung auf gesellschaftlich gleichgestellten Ebenen. Die einen stehen auf Gleichgeschlechtliche, die anderen auf Gott bzw. Jesus. Wenn man es so sieht, dann müsste in einem Land, in dem Religionsfreiheit herrscht, Homosexualität eigentlich genauso behandelt werden. Nur in diesem Fall findet ein Konflikt statt. Die eine Richtung verbietet die Andere bzw. sieht diese als böse an.
Und an dieser Stelle wirds problematisch. Denn thematisch stehen sich beide Richtungen in nichts nach. Beide plädieren darauf, die eigenen Ideale zu verwirklichen. Und da soll die Religion nun plötzlich höher gestellt sein?
Offenbar. Scheinbar ist das hier wirklich keine Frage der Qualität, sondern der Quantität. Scheinbar gehören Homosexuelle zu einer extremen Minderheit, die der Übermacht eines stark gläubigen Landes nichts entgegen zu setzen hat. Wenn es sich wirklich so verhält, und dies ein Demokratisch gefällter Entschluss ist, dann muss man dies wohl schweren Herzens akzeptieren. Auch wenn ich bezweifle, dass dies mit den richtigen demokratischen Zuständen geschieht. Immerhin werden Proteste ebenfalls unter Strafe gestellt.
Jedenfalls ist der Akt, seine homosexuelle Neigung in aller Öffentlichkeit zu zeigen, von nun an obszön und verboten, in etwa, als würde man dem Anhänger einer Sekte das Anwenden einer ritualisierten Tierschlachtung in der Öffentlichkeit verbieten. Und auch wenn mir dieser Vergleich Bauchschmerzen bereitet, so muss ich ihn leider anführen.
Russland ist einfach ein anderes Land mit anderen Gegebenheiten. Uns, die freundlicherweise in einem liberalen Land aufwachsen konnten, mag solch ein Treiben übel aufstoßen, doch ist das auch nur eine Frage des Standpunktes. Ich bin kein Fan dieser Regelung, jedoch sehe ich auch keinen konkreten Lichtblick in dieser Sache. Und wir müssen bedenken: Nicht Homosexualität wurde verboten, sondern das öffentliche Zeigen und Anführen dieser Neigung. Ich persönlich bin keineswegs gläubig, doch wenn der Großteil der Russen tatsächlich ein inniges Problem damit hat, dass man Schwule auf der Straße rumlaufen sieht, dann ist dies nicht anders zu lösen. Die Russen sind ein sehr einiges Land, was die letzte Wahl einmal mehr bewiesen hat. Patriotismus spielt eine große Rolle. Gut vorstellbar, dass deren Auffassung mit der unseren nicht vergleichbar ist.
Was mir viel eher Sorgen bereitet ist, wie Russland das Ganze überhaupt definiert. Wird das ein Gesetz im amerikanischen Stil, wodurch jeder beim geringsten Anzeichen von Schuld bereits ohne Prozess auf unbestimmte Zeit eingesperrt werden kann (im übertragenen Sinne). Denn falls bereits das Erwähnen des Wortes eine Strafe nach sich zieht, so wird es da bestimmt einiges an Missverständnissen geben.
Ich glaube nicht, dass diese Proteste sonderlich viel nützen. Aber was weis ich schon davon...? Mal sehen, wie sich das entwickelt. Abzusehen ist natürlich, dass in Zukunft die Schwulen-Community in Russland allmählich abnimmt. Niemand wird sich mehr öffentlich dazu bekennen, schwul zu sein, und andere damit ermutigen, sich ebenfalls zu outen. Ebenso werden schwule Touristen einen Bogen um das Land machen, sofern das Gesetz auf sie zutrifft. Homosexualität wird immer weiter verschwinden und irgendwann vollkommen verpönt sein. Ich kann mir vorstellen, dass dies ganz im Interesse der Kirche ist. Eigentlich ungerecht...