Konnichiwa, allesamt!
Wie im An- und Abmelde-Thread erwähnt war ich Dienstag und Mittwoch nicht aktiv dabei. Grund dafür war ein - meiner Meinung nach - sehr interessantes Projekt, welches zwei-einhalb Tage lief (von Dienstag bis Donnerstag). Ich dachte mir einfach, dass es durchaus Sinn machen würde, das hier mal vorzustellen. Worum geht es? Um das Pol&iS-Projekt.
Was ist Pol&iS?
Pol&iS (oder POLIS) steht für Politik und internationale Sicherheit. Das ganze ist ein Plan-Spiel, bzw. eine Simulation, bei der die internationale Weltpolitik simuliert wird. Gedacht ist es primär für Schüler des (gymnasialen) 10. und 11. Jahrgangs.
Veranstalter und Inhaber der Patentrechte (aber nicht Entwickler!) ist die Bundeswehr. Veranstaltungsort war eine Kaserne und die Moderatoren waren Jugendoffiziere. Zweck ist, neben dem Fördern von Softskills (wie spreche ich vor einer großen Menschenmenge?, wie plane ich im Vorraus?, etc.), Interesse für Politik zu wecken und die Abläufe internationaler Politik näher zu bringen.
Wie funktioniert Pol&iS?
Ausgelegt ist die Simulation für etwa 50 Leute. Diese werden aufgeteilt in UN-Generalsekretäre, Vertreter der Weltbank, der Weltpresse und der NGOs (Non Governmental Organisations, z.B. Greenpeace oder Amnesty International), sowie Regierungschefs, Staatsminister, Umweltminister und Wirtschaftsminister 13 verschiedener Regionen, wobei jede einzelne Region verschiedene Ausgangsbedingungen bietet.
-Nordamerika
-Mittelamerika
-Südamerika
-Europa
-Russland
-Arabien
-Afrika
-China
-Japan
-Zentralasien
-Südostasien
-Indien
-Ozeanien
Ich war übrigens Regierungschef von Europa. :yeah: Da wir einen gewissen Personalmangel hatten, mussten die Regierungschefs auch noch die Position des Umweltministers übernehmen.
Die Regionszugehörigkeiten und Posten wurden gelost. Damit sollte simuliert werden, dass man sich auch im wahren Leben nicht aussuchen kann, wo man geboren wird. Die Posten selbst konnte man hinterher noch innerhalb der Region tauschen.
Man spielt in Pol&iS-Jahren, die jeweils unterteilt sind in verschiedene Phasen:
- Nachrichten
- Beratungsphase
- Programme, Setzen, Kredite
- Kurzberatung 1
- Handel, Verhandlung, Würfeln
- Kurzberatung 2
- Internationale Informationen
- Zusätze
- (Weiteres)
Nachrichten: Zu Anfang jeden Jahres gibt es die Pol&iS-Nachrichten, in denen die Szenarien in Form von Konflikten und Problemen gegeben werden und gesagt wird, was diese für Auswirkungen auf die einzelnen Regionen haben, bzw. welche es überhaupt betrifft. Es sind immer die Jugendoffiziere, die als Spielleiter die Szenarien vorgeben und sich dabei an realen Geschehnissen orientieren. Als Beispiel waren bei uns der IS und die Ebola-Epidemie in Afrika zwei zentrale Themen.
Beratungsphase: Nachdem die Nachrichten gelaufen sind, berät man sich innerhalb der Regionen, wie man auf welche der angesprochenen Probleme reagiert und macht die Haushaltsplanung. Letztere besteht im Ausfüllen von Wirtschafts-, Umwelt- und Bestandsformularen, die dann am Ende der Phase noch einmal abgegeben und geprüft werden. Ausfüllen machen die jeweiligen Minister. Dabei muss der Wirtschaftsminister sämtliche Einnahmen (Geld, sowie Industrie-, Agrar- und Rohstoffgüter) und Ausgaben eintragen. Der Staatsminister trägt im Bestandformular ein, wie der Bestand an Militär und co. aussieht und ob ab- oder aufgerüstet werden soll. Und der Umweltminister sorgt dafür, dass der regionale Müllberg und die globale Luftverschmutzung einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten.
Während dieser Phase herrscht "Flugverbot", man darf sich also nur innerhalb einer Region austauschen (es sei denn, man hat eine Botschaft).
Programme, Setzen, Kredite: In dieser Phase gehen Staats- und Wirtschaftsminister aller Regionen in ihre jeweiligen Räume, während die Regierungschefs und Umweltminister im Hauptraum bleiben. Hier darf (und soll) sich untereinander ausgetauscht werden.
Die Regierungschefs und Umweltminister arbeiten in dieser Phase an Politischen und Umweltprogrammen, in denen sie Lösungen für die jeweiligen Szenarien, bzw. Verbesserung vorschlagen. Dabei werden eigene Schwerpunkte gesetzt und kreative Lösungen verlangt. Am Ende der Phase werden die Umweltprogramme bei den NGOs und die Politischen Programme bei den Jugendoffizieren abgegeben, die sie kontrollieren. Je nach der Qualität nehmen sie unterschiedlichen Einfluss auf den Fortlauf der Szenarien.
Die Staatsminister gehen an die Weltkarte. Das, was sie dort machen, kann man sich so ähnlich wie das Spiel "Risiko" vorstellen: Auf verschiedene Punkte oder Regionen werden Einheiten gesetzt wie Luft- und Landstreitkräfte, aber auch Polizeieinheiten und Entwicklungshilfe. Währenddessen können auch noch eimal neue Szenarien oder Probleme auftreten.
Die Wirtschaftsminister gehen zusammen mit den Vertretern der Weltbank in einen Raum. Dort werden dann Kredite vergeben und die Vorarbeit für Wirtschaftsverträge gemacht.
Kurzberatung 1: In dieser Phase kehren die Wirtschafts- und Staatsminister zurück in den Hauptraum und besprechen kurz mit den Regierungschaefs und Umweltministern, was passiert ist. Hier herrscht wieder "Flugverbot".
Handel, Verhandlung, Würfeln: In der Phase kehren alle wieder in ihre jeweiligen Räume zurück. Die Regierungschefs verhandeln untereinander und schließen die vorher vorbereiteten (aber auch neue) Wirtschafts- und Sicherheitsverträge ab. Bei den Wirtschaftsministern werden die vorher vereinbarten Summen ausgetauscht und ausgezahlt und die Staatsminister müssen würfeln, ob ihre jeweils gesetzten Einheiten erfolgreich sind oder scheitern (mit Würfeln wird der Zufall simuliert, was gewürfelt werden muss, bestimmen diverse Faktoren).
Kurzberatung 2: In dieser letzten Beratungsphase kommen wieder alle Minister zurück und es wird ein Resumee für das vergangene Jahr gezogen. Dabei müssen sich die betroffenen auf eine Rede vorbereiten, in der sie Erfolge, Ziele und und Gründe "warum sie die coolsten sind" vortragen.
Internationale Informationen: Man kann diese Phase quasi als UN-Generalversammlung sehen. Hier muss jeweils einer der UN-Generalsekretäre, ein Vertreter der Weltbank, der Weltpresse, der NGOs und der Regionen eine Rede halten. Im ersten Jahr muss dies der Regierungschef übernehmen, im zweiten der Staatsminister und im dritten der Wirtschaftsminister (im vierten der Umweltminister). Der UN-Generalsekretär muss dabei ein Resume für das gesamte Jahr ziehen, die Weltbank trägt vor und beurteilt, wie die einzelnen Regionen gewirtschaftet haben, die Weltpresse berichtet über Skandale, Schlagzeilen und schaut wie und ob die einzelnen Probleme effizient gelöst wurden, während die NGOs auf die Umweltbilanz der einzelnen Regionen schauen.
Anschließend bekommt man von den Jugendoffizieren ein Feedback über die Rhetorik und Ausdrucksweise.
Zusätze: Im Prinzip wäre das Pol&iS-Jahr damit vorbei, doch es können ggf. noch verschiedene Zusatzphasen dazu kommen. Falls jemand einen Antrag stellt, können z.B. Sondersitzungen oder Untersuchungsausschüsse dazu kommen.
Weiteres: Am Ende des Jahres werden noch das Wetter für das kommende Jahr in den einzelnen Regionen ausgewürfelt. Es gibt gut, schlecht und normal, was unterschiedliche Auswirkungen auf den Agrarwirtschaftsfaktor hat.
Des Weiteren wird geschaut, welche Region seinen Mindestlebensstandard halten konnte und welche nicht. Jede Region hat einen bestimmten Mindestlebensstandard, den er mit Agrar- und Industriegütern decken muss. Bei Industrienationen liegt dieser verständlicherweise höher als bei Entwicklungsländern und Schwellenländern. Wenn der Standard unterschritten ist, wird gewürfelt. Falls man beim Würfeln verliert oder der Unterdeckung zu hoch ist, kommt es je nach Region zu Streiks, Unruhen oder Guerilla-Kämpfen.
Mein Eindruck:
Im großen und ganzen haben mir diese zwei einhalb Tage sehr gefallen. Man bekommt einen guten Eindruck, wie internationale Politik abläuft, was es für Hürden zu bewältigen gillt, was man erreichen kann und was nicht und wie schwierig es sein kann mit anderen zu verhandeln (vor allem, wenn diese das ganze nicht ernst nehmen und die ganze Zeit einen Atomkrieg anzetteln wollen :/ ). Es ist auf jeden Fall besser als trockener Politik-Unterricht.
Eines merkt man auf jeden Fall: Es ist alles verdammt kompliziert! Zwar merkt man schon, dass alles sehr stark vereinfacht ist - man rechnet z.B. in "Einheiten", hat keine Opposition, das Volk spielt eine eher untergeordnete Rolle und wird als Kollektiv betrachtet, man hat weniger Ämter, ... - aber es ist trotzdem noch sehr schwer zu verstehen und das erste Jahr war deshalb verdammt holprig, denn man musste bei dem System erst einmal durchsteigen. Die Jugendoffiziere meinten, in der Regel schaffe man vier Jahre... Wir haben nur drei geschafft.
Ein Kritikpunkt bei der Durchführung dieses Mal war auf jeden Fall die "schlechte" Organisation. Zwar haben sich die Offiziere merklich Mühe gegeben, doch weil einer der drei Spielleiter nur am ersten Tag da sein konnte, hatten die anderen beiden alle Hände voll zu tun. Manche Sachen wurden auch erst im Laufe der Zeit erzählt wie die Information, dass man erst 5 Diplomaten mit einem Land austauschen muss, damit eine Botschaft entsteht, was geholfen hätte, wenn man das von Anfang an gewusst hätte.
Die Aktion an sich hat sich aber durchaus gelohnt und mit den verschiedenen Nebenereignissen und kreativen Ideen war es nicht nur sehr informativ, sondern auch spaßig. :D
So~, und nun zu euch:
Wie findet ihr eine solche Aktion und warum?
Seht ihr eine derart starke Vereinfachung oder die Tatsache, dass es von der Bundeswehr veranstaltet wird problematisch?
Würdet ihr selbst mitmachen / Hättet ihr selbst mitgemacht, wenn ihr die Möglichkeit dazu hättet / gehabt hättet?
Wart ihr vllt sogar selbst mal dabei?
Bin gespannt, was ihr so darüber denkt. Haut in die Tasten! :eins: