ZitatOriginal von Larahn
Und genau da kann ich dir einfach nicht zustimmen. Diese "Schere im Kopf", die einen die Klappe halten lässt, weil eventuell vielleicht irgendwer das als Vorwand nehmen könnte, was Schlimmes zu tun, ist in ner aufgeklärten Gesellschaft einfach nicht angebracht und zu verhindern. Die Menschen, die Karikaturen zeichnen, sind vielleicht waghalsig, aber die, die deshalb Attentate verüben, sind einfach bescheuert. Und Verbrechen zu verhindern und die Bürger zu schützen ist die Aufgabe der Polizei etc. (die damit ja leider gescheitert ist, sodass auch Polizisten bei der Ausübung ihrer Pflicht gestorben sind).
Die Schuld liegt allein bei den Attentätern!
Also was das angeht muss ich dir aber zustimmen, die Schuld für den Anschlag lag nicht bei der Redaktion, tut mir leid, falls das so klang - ich habe wohl meine persönliche Meinung zu dem Thema Karikaturen und Meinungsfreiheit etwas zu sehr mit dem vermischt, was ich von Charlie Hebdo und deren Veröffentlichungen halte. So wie Yarion das ja gesagt hat, wenn man Ziele für einen Anschlag finden will, findet man sie, egal, ob das jetzt eine Redaktion oder eine Pegida-Versammlung ist. Ich wollte damit jetzt nicht ausdrücken, dass die Anschläge in irgendeiner Weise gerechtfertigt wären, auf keinen Fall, war auch niemals meine Absicht!
Ich bin nur kein Fan von der Art dieser Satire, weswegen es mir in dem konkretem Beispiel wohl schwer fällt, von Meinungsfreiheit zu sprechen - Karikaturen sind für mich ein schwer einzuschätzendes Medium, weil man nie weiß, wie die Botschaft beim Empfänger ankommt, beziehungsweise, wie und ob der Zeichner seine eigene Botschaft hinter der Fassade ehrlich teilt. Da so allgemein von der Verteidigung eines Grundrechts zu sprechen, fällt mir nämlich schwer.
Der Nazi darf seine Meinung kundtun, dem stimme ich auch zu. Soll er doch. Aber wenn er anfängt, als Beispiel, die lokalen Dönerbuden mit rassistischen Kommentaren zu verzieren - ist das dann noch Meinungsfreiheit oder zählt das als Beleidigung, von dem Tatbestand der Sachbeschädigung einmal abgesehen?
Da gibt es keine gesetzliche Grenze, deswegen muss jeder selber wissen, wo Meinungsfreiheit aufhört und wo sie anfängt, wenn man es nicht gerichtlich klären will. Für mich persönlich hat sich Charlie Hebdo viel zu oft durch solche provokativ gezeichneten Motive in den Mittelpunkt gerückt. Und so eine Art von Meinungsfreiheit kann und will ich nicht schützen, nicht so, nicht auf diese Weise; das hat nichts damit zu tun, dass ich den Attentätern Recht geben will oder kein Mitgefühl für die Opfer habe, geschweige denn, dass ich dagegen wäre, jedem seine Meinung zu gewähren. Nur ist das nicht meine Definition von einer schönen Welt, in der jeder sagen darf, was er will, sondern es riecht teilweise nach Kapitalismus, der sich an den Schikanen von Menschen und deren Kultur bereichert. Es riecht danach, es stinkt nicht.
Du könntest sogar Recht haben und der kleine Mann im Ohr, der mir sagt, dass man heutzutage von viel mehr Menschen mit Recht Toleranz zu erwarten hat, wird von mir viel zu wenig wahrgenommen. Aber deswegen bin ich ja hier, ich wollte mir mal andere Meinungen zu dem Thema einholen. Momentan frage ich mich eben noch, ob mein aktueller Sichtpunkt so gerechtfertigt ist und Charlie Hebdo tatsächlich etwas zu weit gegangen ist oder ob meine eigenen Ängste vor Terror gepaart mit meiner Abneigung von verunglimpfenden Medien sich gerade Ausreden zusammenbasteln. Aber meiner Meinung nach gibt es bessere Waffen gegen die Verbreitung von radikalen Ansichten als grenzwertige Karikaturen.
ZitatOriginal von Larahn
Ob man die Toten jetzt als Helden feiern muss, ist Ansichtssache... Da will ich dir aber gar nicht reinreden.
Das war es eigentlich, worum es mir ging, nämlich die "Je suis Charlie"-Aktion an sich und warum ich sie nicht unterstützen wollen würde - mir fehlt erstens die Transparenz zur Redaktion und ihren wahren Beweggründen als auch eine einschätzbare Folge der aktuellen Flut an Beteilligten. Trotzdem bleibe ich bei der Ansicht, dass die Redaktion hätte anders handeln können. Jetzt steigern sich die Umsatzzahlen erneut, die islamischen Staaten haben erneut Grund, die Zeitung ihrerseits zu zensieren und empörte Aufschreie zerreißen sowohl die christliche als auch deren Seite.
Wie Jeanne finde ich es schön, dass sich so viele Menschen stark für eine gute Sache machen wollen, vereint und aufmerksam. Sogar beeindruckend, bedenkt man, das sogar Bauwerke wie der Kölner Dom oder das Brandenburger Tor in diese Aktion miteinbezogen wurden, aber ich habe doch Bedenken - einerseits darüber, welche Art des Journalismus hier verteidigt wird als auch darüber, wie sich die hohe Beteilligungsrate und deren Bild in den Medien verbreiten wird. Jedes "Je suis Charlie" ist ein Aufruf, seht, ich habe davon gehört, ich werde mich wehren - die Frage ist nur, kämpft man so gegen die Intoleranz oder gießt man Öl ins Feuer? Ich weiß es nicht.
Als Politiker wäre ich nicht gut. Ich überdenke meinen Standpunkt viel zu oft, bevor ich handle, aus Angst, etwas verkehrt zu machen. Und gerade im Kampf gegen Terroristen und/oder radikale Islamisten ist das wohl die falsche Art, damit umzugehen. Für seine Rechte aufzustehen, ganz nach Mayas Kapitelüberschrift, bedeutet eben auch, Mut zu haben und Flagge zu zeigen, der fehlt mir wohl - noch.
Aber ist gut, wenn man so etwas durch eine Diskussion aufgezeigt bekommt, danke. =)