Ich habe eigentlich immer gedacht, dass ich irgendwann mal Kinder möchte, und kann mir das auch heute - insbesondere wegen meines Partners - gut vorstellen, merke aber zugleich, dass ich irgendwie noch längst nicht "da" bin und mag es entsprechend auch nicht unbedingt, damit behelligt zu werden.
Das ist ein Punkt, um den ich mir hin und wieder Gedanken mache.
Dieses Gefühl, noch nicht bereit zu sein, begegnet einem ja immer wieder im Laufe des Lebens, insbesonders bei größeren Entscheidungen oder Wendungen. Als ich 18 wurde und mich noch genauso minderjährig fühlte, wie am Vortag, habe ich es gefühlt. Als ich meinen Führerschein bekam, habe ich es gefühlt. Als ich aus meinem Elternhaus auszog, habe ich es gefühlt.
Und irgendwie glaube ich, dass man sich auch für Kinder nie wirklich bereit fühlt, solange man kein eitler, selbstverliebter Narr ist. Es hat nunmal keiner das perfekte Leben oder die bombenfeste Stellung darin. Erst recht nicht zu Zeiten von Social Media, wo sowieso jeder andere besser aufgestellt zu sein scheint, als man selbst.
Ich habe auch immer wieder gehört, dass wenn man generell auf irgendein Zeichen oder Gefühl wartet, wenn es darum geht, große Aufgaben anzugehen, man es wahrscheinlich niemals tut. Das ist dann eine Art von Prokrastination, bei der man das als Ausrede nimmt, um nicht ins kalte Wasser springen zu müssen.
Irgendwie sehe ich da auch eine gewisse Ironie. Diese Angst bzw. Vorsicht ist vermutlich kein Bug, sondern ein archaisches Feature. Die Welt von heute ist die sicherste aller Zeiten, aber unsere Hirne ticken noch stark nach Urzeitmensch-Maßstäben. Damals konnte man sich keine Fehler erlauben, da reichte ein kleiner Fehltritt und man war hinüber. Da war es sehr sinnvoll, keine Wagnisse einzugehen, die nicht notwendig waren und gewissermaßen gilt das auch heute noch, trotz des deutlich geringeren Risikos.
Der gewaltige Haken an dieser These ist aber, dass unsere Vorfahren sich vermehrt haben, wie die Kanickel. Sowohl Frauen, als auch Kinder sind reihenweise bei der Geburt und in frühen Lebensjahren verreckt, trotzdem wurde sich vermehrt, was das Zeug hält. Die Psychologie war damals eindeutig eine andere und das wirft gravierende Fragen auf. Objektiv ist unsere heutige Welt die sicherste aller Zeiten, dennoch ist die psychologische Hemmung, Kinder zeugen zu wollen, so hoch wie nie. Da fragt man sich schon, woran das liegt.
Gefühlt ist es ein Dilemma. Niemand kann vorhersehen, wie er darauf reagiert, Kinder zu bekommen. Niemand weiß, was ihm entgeht, oder was er sich erspart. Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob er mit Kindern ein erfüllteres Leben hätte, als ohne, denn sowas verändert einen. Besonders bei Frauen geht ein richtiges neurales Feuerwerk ab, wenn sich das mütterliche Band etabliert. Manchen gibt das eine echte 180 Grad Wendung, sodass sie ihren ganzen Lifestyle umstellen.
Aber wenn man so drüber nachdenkt, dann steckt auch hinter diesen Überlegungen nur die schiere Unsicherheit. Klar gibt es Horrorstories von kaputten Familien, wo es besser gewesen wäre, auf Kinder zu verzichten. Heutzutage im Informationszeitalter verbreiten sich diese Geschichten auch überproportional stark, verzerren unsere Wahrnehmung und befeuern unsere Unsicherheit. Aber von dem, was ich in der echten Welt mitkriege, bereut die überwiegende Mehrheit jener, die den Schritt wagen, es nicht, Kinder zu bekommen. Wenn man rein nach der Datenlage geht, dann sind Kinder eigentlich das Erfüllendste, was es gibt.
Man darf, glaube ich, auch nicht den Fehler machen, zu warten, bis einem "langweilig" wird und sich Kinder erst dann anzuschaffen, um dieses Loch zu füllen. Denn dafür werden wir heute einfach zu gut unterhalten, bei all dem Luxus, den die Welt bietet. Wir könnten bestimmt bis in unsere 50er einen Junggesellen-Party-Lebensstil pflegen und unseren Tatendrang mit Beruf und Hobbies befriedigen, ohne uns leer zu fühlen. Nur von dem, was ich mitkriege, sehen die wenigsten das im höheren Alter noch als bedeutsam an. Im Fall von Rina kann ich mir gut vorstellen, dass individuelle Zeichnungen ihr irgendwann nicht mehr so wichtig sein könnten, wenn sie irgendwann auf eine Lebenszeit des Schaffens zurückblickt. Wenn ich im Alter auf meine Softwareprojekte von heute zurückblicke, dann wird da bestimmt eine gewisse Nostalgie mitschwingen, aber ob ich meine Potentiellen Kinder dagegen eintauschen würde, ist fraglich.
Das sind so Gedanken, die ich nur mal einwerfen wollte.