Ich habe vor wenigen Tagen das Buch "Wir beide, Irgendwann" zu Ende gelesen. :)
Das Buch lässt den Leser in eine Geschichte eintauchen, die im Jahre 1996 spielt. Das Zeitalter der Computer hat begonnen, und der Teenager Emma freut sich schon direkt zum Anfang des Buches über den neuen PC, den sie von ihrem Vater geschenkt bekommen hat. Hilfe zur Installation bekommt sie von ihrem langjährigen Jugendfreund Josh, der in diesem Zeitpunkt unglücklich in sie verliebt ist. Die beiden entdecken, nachdem sie eine AOL CD eingelegt haben eine Seite, die sich Facebook nennt, über den Internetzugang, der durch diese CD gewährt wird. Zusammen mit Josh erforscht sie diese Seite, welche sie 15 Jahre in ihre eigene Zukunft bringt, und so zeigt, was jene Zeit für sie bereit hält. Während Emma arbeitslos und unglücklich verheiratet ist, hat Josh das schönste Mädchen der Schule zur Frau. Emma gefällt diese Zukunft nicht, und in ihr blüht der Gedanke, all dies ändern zu wollen auf, da ihr diese Zukunft missfällt, und sie ein anderes Schicksal haben will. Was liegt da also näher, als durch Handlungen im Jahre 1996 die Zukunft im Jahre 2011 zu verändern? Mit den Details zu spielen, und dadurch etwas besseres zu schaffen? Daraus bildet sich dann der folgende Konflikt zwischen den Hauptcharakteren. Die Geschichte wird daher abwechselnd aus der Sicht von Emma oder Josh erzählt, was es im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig macht, doch nach einiger Zeit gewöhnt man sich daran, und bekommt einen besseren Einblick in die Gedankenwelt und die Meinung der Charaktere.
Durch meine Freundin bin ich auf dieses Buch Aufmerksam geworden, und fand das Setting sehr interessant. Was werden Jugendliche wohl mit einer solchen Möglichkeit machen? Wie weit wird sie ausgeschöpft werden? Ich fand den Kontext, oder eher diese Rahmenhandlung, die mit ihren offenen Möglichkeiten einem gegeben wurde, extrem interessant, und habe mir unter dem Aspekt der Zukunft, die beeinflusst wird, wirklich etwas sehr spannendes erhofft und ausgemalt, das ein paar durchdachte aber interessante Wendungen beibehält.
Emma und Josh finden Einträge, schauen sich Bildergallerien aus der Zukunft an, und versinken in der Onlinewelt, um so ihre Zukunft kennen zu lernen, und das Schicksal zu beeinflussen. Mit kleinen Dingen das, was die Zukunft ausmacht beeinflussen und verändern. Schauen, was die Veränderungen bringen. Erzählen tun sie von der CD niemanden, und hinterfragen tun sie das, was sie dort sehen auch nicht wirklich stark genug, als das daraus ein weiterer Spannungsbogen entstehen könnte. Nach einem Tag bemerken die beiden, dass sich die Statusmeldungen vom Vortag verändert haben, und beide realisieren, dass ihre Zukunft nicht bestimmt ist, sondern das Schicksal sich durch die kleinsten Handlungen oder Eingriffe wieder verändern kann.
Soweit kommen interessante Gedanken auf, und Erwartungen, was dieses Setting bringen könnte. Fragen stellen sich auf, auch auf philosophischer Grundlage, zum Schicksal, was den Lebensweg beeinflusst, oder was wäre, wenn man die Zukunft bereits kennen würde. Dadurch wurde einem langsam bewusst, dass nur die kleinsten Dinge große Folgen haben würden, und dadurch auch nachtragend bleiben werden. Ich hab zu diesem Setting ein paar interessante Gespräche führen können, und mir einige Möglichkeiten, Wege und Probleme, die zwischen den beiden aufkommen werden ausgedacht, und mir ausgemalt, was mich in der Geschichte erwarten wird, da ich durch den Bestseller “Tote Mädchen lügen nicht” schon erfahren habe, was für einen Tiefgang der Autor schafft. Fragen sind in mir aufgekommen, wie sich das alles lösen und erklären würde, und was ernsthafte Folgen durch diese Zukunft wären.
Den Tiefgang habe ich in dem Buch leider nicht finden können. Erst zum Ende hin, in den letzten paar Kapiteln kam der Tiefgang, den ich mir erwünscht habe, durch geniale Feststellungen und Sinneswandlungen der Charaktere, die einen mitreißen konnten, und neue Gedanken auflegten. Zum Ende hin wurde mir erst richtig klar, welche krassen Veränderungen durch die kleinsten Dinge kommen könnten, jedoch nicht allzu sehr betrachtet werden sollten, da man sich sonst in der Zukunft, und nicht im Hier und Jetzt lebt. Außerdem gefiel mir das zwar typische und voraussehbare, aber dennoch schöne Ende für die beiden Charaktere in einer gewissen Art und Weise. Bis man aber zum Ende angelangt ist, wurde ich leider etwas enttäuscht. Bei den Entscheidungen für die Zukunft haben die beiden – und ja, es ist sicher eine Liebesgeschichte, und da gehört sich sowas ja schon, aber dennoch – nur den Beziehungsstatus oder ähnliches im Kopf, und gefiel eine Kleinigkeit einem nicht, so wurde direkt ein Strich gezogen, und die Zukunft geändert. Ohne Überlegungen, und ohne Sinn dahinter, alleine aus dem Affekt, und das auf eine sichtlich einfache Art und Weise. Zum Beispiel redet sich Emma ein, dass sie nie in London wohnen wird, damit sie einen Lebenspartner los wird, der ihr Geld für ein iPad ausgibt, ohne die Hintergründe davon zu kennen. Josh ist irgendwann mit seiner Zukunft doch recht zufrieden, und hat Angst, dass er die Beziehung zu dem schönsten Mädchen verlieren könnte, daher versucht er aus diesem Grund Emma von der Seite abzubringen. Zwischendurch werden zwar moralische Fragen, wie die ganzen Kinder, die sie durch die Veränderungen verloren hat, und ob das nicht falsch wäre aufgeworfen, jedoch treten diese schnell wieder in den Hintergrund. Die Geschichte entwickelt sich durch eben solche Dinge eben direkt darauf, dass es für Emma von einem falschen Partner in Facebook zum nächsten falschen Partner verschlägt, während Josh mit den schönsten Mädchen der Schule zusammen bleiben will. Emma ist in dieser Hinsicht die naive und egoistische Protagonistin, ohne jegliche Gefühle, ohne Romantik oder Liebe, die ihr Leben pausenlos wegen ein paar weniger Dinge, die nicht perfekt scheinen, ändert, und Josh sein Glück nicht gönnen kann. Keine wirkliche Liebesgeschichte für mich, aber auch kein interessantes oder tiefgründiges Fantasyelement, welches die Geschichte für mich hervorstechen lässt, im Vergleich zu den anderen Ideen, die es auf dem Büchermarkt gibt. Die Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren hat mich in gewisser Weise berührt, da sie mich an ein Beispiel aus dem realen Leben erinnert, und auch diese typische Mädchen-liebt-Freund-hat-jedoch-Angst-das-die-Freundschaft-daran-kaputt-geht Geschichte auf eine gute Art und Weise mit ihren Folgen dargestellt, und dennoch ein gutes Ende geliefert.
Was mich jedoch am meisten stört, und wirklich sehr interessiert hätte, wäre die Ausbreitung der Zukunft auf etwas mehr, als nur die Liebe.
Es hätte viele Möglichkeiten gegeben, durch den Aspekt, dass man die Zukunft kennt, diverse andere Themen anzusprechen, und dadurch einen unglaublichen Tiefgang, den ich erwartet hätte, aufzubauen. Ganz einfach dadurch, dass man sich nicht nur auf die Liebe an sich konzentriert hätte. Emma und Josh sitzen in dem Buch nur vor dem PC, und diskutieren über die Liebe, welche sich dort offenbart, und kurze Szenen aus ihrem eigenen Leben werden hier und dort noch eingebracht, um ein bisschen Abwechslung in das immer gleiche und wenig spannungsreiche Schema rein zu bringen. Es gibt keine anderen Aspekte, die in dem Buch angesprochen wurden, kein anderes Thema, welches sich durch Facebook offenbart. Und das wurde mir auch direkt zum Anfang bewusst, als die beiden Protagonisten auf Facebook nur die Profilseite thematisiert haben, und sich nicht auf der Startseite, oder gar dem Nachrichtenverlauf bezogen. Allein durch diese kleine Idee hätte man so viele krasse Änderungen einbauen können, die noch mal deutlich mehr Spannung und ein gesteigertes Interesse hinein gebracht haben. Es wurde einfach zu wenig auf die Auswirkungen an sich eingegangen, da die einzigen relevanten Auswirkungen in dem Buch die Liebesbeziehungen von Emma und Josh, und ihr Leben, welches zu diesem Zeitpunkt in der Zukunft statt fand, aber bei diesem auch nur, ob es ihnen gut oder schlecht ging. Und dort wurde zu leichtfüßig mit der eigenen Zukunft umgegangen, und mit der von Freunden gespielt.
Durch den einfachen Aspekt der Nachrichtenverläufe hätte man genauere Hintergründe, die zwar aufwendiger durchdacht, aber umso interessanter gewirkt hätten, heraus finden können, durch einfache Nachrichten, die verschrieben worden sind, oder ganz einfache Bilder, oder Texte. Emma hätte dort direkte und konkrete Beziehungen und Verbindungen raus finden, genauere Strukturen ausmachen, und so ein noch verzweigteres Bild aus Lügen, Freundschaften und Träumen aufbauen können. Das Posten aus der Vergangenheit, und die Reaktionen der Mitglieder wurden ebenso ausgelassen, wobei es hätte möglich sein sollen, einen Beitrag oder auch eine Nachricht schreiben zu können, an Menschen, die wahrscheinlich in der Form nie existieren würden. Oder den Zugriff auf die Startseite, welches der riesige Eintopf aus Nachrichten und Schockmeldungen war, der einem wirklich hätte Gedanken aufwirbeln können. Da fehlte eindeutig an der durchdachten und aufeinander aufbauenden Geschichte, welche ich mir in diesem Buch erwartet hätte, insbesondere durch diese Idee. Ein mal die Anzeige, dass Emma tot sein würde, hätte schon für Dramatik im Jetzt gesorgt, und wirkliche Spannung aufgebracht, wenn sie immer den Tod gefürchtet hätte, oder ganz allein auch ihre Reaktionen und Ängste vor der krassen Veränderung Amerikas, durch die Wirtschaftskriese, die Terror-Anschläge, oder die Ungerechtigkeit, die in der Zeit sich dort aufgebaut hat. Ein einziger anderer Freund, der gestorben wäre, dadurch dass er als Soldat arbeitet, oder eine wirklich erschreckende Wendung im Charakter einer Nebenfigur, die Josh und Emma auf trab halten würde, aber nein. Nicht einmal der Tod eines Familiemitgliedes, der durch diese Angst dramatisiert worden wäre, und kein Wort oder Laut über andere Dinge, die man in der Vergangenheit nicht kannte, abgesehen von dem iPhone und dem iPad. Es hätte durch nur einen dieser kleinen Aspekte deutlich an Tiefgang gewonnen, und wäre mir wirklich in Erinnerung geblieben, dem war dann aber doch leider nicht so. Es gibt keine Spannung, keine Überraschung, keine unerwartete Wendung. Alles verläuft so, wie man es sich von Anfang an gedacht hat und auch das Ende kann man schon nach wenigen Seiten vorhersagen.
Was mich eher weniger gestört hat ist der Aspekt, dass das Buch immer noch nicht aufschlüsselt, wie dieser Trick mit der Zukunft funktioniert hat. Dass die beiden Charaktere mit einer solchen CD nicht irgendwo hingegangen sind, sondern in ihrem naiven Weltbild sich um Beziehungsprobleme gekümmert haben. Würde ich eine CD in die Zukunft haben, würde ich sie zwar auch benutzen, um zu schauen, wie es für mich aussehen wird, und alles den Wünschen entsprechend verlaufen kann, jedoch könnte ich niemals mich nur mit dem Gedanken zufrieden geben, dass das mit dem Blick in die Zukunft halt so ist, und weiter Liegestütze machen.
Ein weiteres Mankel, das zu kritisieren ist, sind die Charaktere. Josh fand ich einfach genial, da er trotz der ihm vorher gesagten Zukunft bodenständig bleibt, realistisch, und schlicht und ergreifend sympatisch, und den Start in seine Zukunft einzuleiten, ohne dabei egoistisch zu werden, oder auf das Leben der anderen Menschen keine Achtung zu geben. Er ist reif, loyal, fair und intelligent, was man nicht immer von Emma sagen kann. Sie ist im Vergleich zu ihm mir direkt zu Anfang etwas negativ aufgefallen, was mich etwas traurig gestimmt hat. Es war schwer sie zu mögen, oder sich gar auf ihre Verhaltensweise einzulassen, da sie sehr naiv und eigensinnig gewirkt hat. Gegen Ende hin hat sich diese fehlende Sympathie verzogen, und ich war am Ende total glücklich, dass die beiden “Freunde” nun zu einem “Paar” wurden, jedoch blieb ein gewisser Beigeschmack an dem, was sich Emma geleistet hat kleben. Trotz der Tatsache, dass sie die Zukunft sehr ernst nimmt, und sich eigentlich nur ein ideales Leben in der Wirklichkeit von Morgen wünscht, spielt sie leichtsinnig und ohne Verstand mit der Wirklichkeit von Heute. Trotz der Tatsache, dass sie weiß, dass Josh lange Zeit in sie verliebt war, und diese Liebe beim ersten Versuch nicht erwidert wurde, woran ihre Freundschaft fast zerbrach, da Emma nicht mit der Tatsache klar gekommen ist, küsst sie ihn einfach, nur weil sie nicht mit ihrem Ehemann einverstanden ist. Sie geht einfach zu Leichtsinnig mit einem wertvollen Wort wie der Liebe um, und spielt schon fast mit ihr. Auch ein negativer Aspekt von ihr ist, dass sie die Zukunft ihrer Freunde, obwohl diese glücklich sind, versucht zu ändern, und auf neue Bahnen zu führen. Sie denkt nur an sich, und an ein perfektes Leben mitsamt einem perfekten Umfeld. Keine schlechten Charaktereigenschaften, jedoch nur auf einem Maß, welches langweilig und abstoßend wirkt, ausgeführt wird. Auch die anderen Figuren sind nur Platzhalter ohne eine richtige Geschichte, keine Figur ist wirklich greifbar.
Das Buch ist definitiv einen Blick für jene wert, die sich durch die Idee, die dahinter steckt angesprochen fühlen! Man kann das Buch in einem Rutsch durchlesen, da es durch den guten Schreibstil, und die schnelle Handlung leicht zu lesen ist, und mir hat das Buch in der Hörbuchversion ein paar schöne Stunden bereitet. Jedoch hebt es sich durch die fehlende Tiefgründigkeit nicht allzu sehr von anderen Büchern ab, weswegen ich etwas enttäuscht von dem Buch war. Meine Erwartungen waren wohl etwas zu groß, aber vollkommen abgeneigt bin ich dem Buch nicht. Als Hörbuch wird es mir immer wieder ein paar nette Stunden bereiten. Mich berührt aber immer noch in gewisser weise die Verbindung zur Realität etwas. Das ist ein lustiger Zufall.
Die Aussage des Buches ist das, was mich wohl direkt mitgenommen hat. Lebe in der Gegenwart, konzentriere dich auf das, was dir etwas bedeutet und lass dich nicht so sehr von deinen Zukunftsängsten beeinflussen, dass du eben das vergisst.
6/10
Boahr, benutze ich oft das Wort "Aspekt". XD