Ethische Vertretbarkeit des Beamens

  • ich glaube nach wie vor nicht, dass wir nur "nicht auf einen Nenner kommen", sondern an ein Verständnisproblem.


    Ich versuche das nochmal Stück für Stück aufzudröseln.


    Wenn das Beamen nichts weiter ist als das Kopieren der gebeamtern Person, dann kann man es gut mit dem Vorgang des Klonens vergleichen. Es wird eine Kopie der ursprünglichen Person erstellt. Niemand würde behaupten, dass Person A und Klon B das gleiche Bewusstsein haben. Die gleichen Erinnerungen, und den gleichen Glauben daran, das Original zu sein, ja. Aber ab dem Moment des Kopierens entwickeln sich A und B unterschiedlich. Stirbt nun A nachträglich, wie Areßeus das bereits beschrieben hat, lebt B weiter, aber auch hier sind wir uns sicher einig: Der Klon lebt weiter, mit seinem eigenen Bewusstsein. Original A ist tot.


    Das Beamen ist im Prinzip genau der beschriebene Vorgang, nur das Original A schon während des Vorgangs des Kopierens stirbt.


    Nur das Kopieren der Person bedeutet nicht, dass das Bewusstsein irgendwie übertragen wird. Es ensteht ein zweites Bewusstsein. Nichts anderes bedeutet kopieren. Das erste, ursprüngliche Bewusstsein, stirbt jedoch.
    Das hat auch erstmal nichts mir der eventuellen Untrennbarkeit von Körper und Geist zu tun. Genau genommen schließ genau diese Annahme - dass Körper und Geist untrennbar miteinander verbunden sind - das Fortbestehen des Bewusstseins aus. Denn das, was sich dort am Zielort materialisiert, ist nicht mein Körper. Es sind andere Moleküle, die mit Hilfe der gescannten Informationen zu einer Kopie des Originals zusammengefügt werden.


    Nochmal: Es geschieht kein Transport. Dafür müsste jedes Molekül meines Körpers ja durch den Raum geschossen werden. Klar, wir reden hier von Science Fiction, aber einen Körper in seine atomaren Bestandteile zu zerlegen, diese auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen und durch den Weltraum zu schießen(ohne dabei auch nur eines zu verlieren), um sie am Zielort wieder nach Bauplan zusammenzusetzen, dürfte unmöglich sein.

  • Ich glaube gar nicht, dass das ein Verständnisproblem ist, sondern eher zwei verschiedene Auslegungen. Ich würde zum Beispiel behaupten, dass ein Klon durchaus das gleiche Bewusstsein hat wie die ursprüngliche Person. Genau das macht doch das Dilemma diverser Filme aus, die sich auf das Klonen beziehen, vor allem, weil dort der Klon meist nichts weiß. Er denkt, er wäre die richtige Person, aber er ist es nicht, denn es existiert bereits die richtige Person. Aber ist das noch so, wenn die reale Person nicht mehr existiert?


    Nehmen wir mal an, in der Beamstation auf dem Mars sind alle Arten von Teilchen vorhanden, die es braucht, um den Körper identisch nachzubauen, so dass jedes Kohlenstoffatom meines Körpers auf dem Mars wieder von einem Kohlenstoffatom ersetzt wird. Ich sehe danach genauso aus, ich höre mich genauso an, ich rieche genauso. Alle Informationen, die in der DNA vorhanden sind, werden kopiert, mein Alterungsprozess geht ununterbrochen weiter, meine Erfahrungen, Gefühle, Erinnerungen und Träume sind die selben, die ich hatte als in auf der Erde in den Teleporter gestiegen bin. Nehmen wir es einfach mal an, um einen theoretischen Rahmen zu bilden.


    Ich gehe also auf der Erde in den Teleporter und als wäre ich durch eine Tür gegangen, komme ich am anderen Ende auf dem Mars wieder heraus. Es findet keine Unterbrechung meines Bewusstseins statt, ich sehe noch genau so aus, andere Menschen erkennen mich wieder. Dann bin ich doch nicht gestorben, oder?


    Ich finde gerade die Untrennbarkeit von Geist und Körper unterstützt diese Ansicht nur noch. Denn wenn alle Informationen meines Körpers und damit meines Ichs übertragen werden, welche Unterschied macht es dann noch, ob die Atome meines Körpers noch die selben sind, wenn sie die gleiche Funktion erfüllen?


    Areßeus, du hast Recht, echte Bewusstseinsübertragung befindet sich (noch) nicht im Bereich des Wissenschaftlichen, genauso wenig wie Teleportation. Aber darüber nachzudenken, welche ethischen und normativen Konsequenzen es hätte, wären wir dazu bereits in der Lage, gehört definitiv in die Wissenschaft. Vielleicht nicht in die Physik, wohl aber in die Philosophie, in die Psychologie, in die Ethik.


    Und zum Beispiel auch in die Quantenmechanik, wo durchaus schon Teleportationen stattgefunden haben. Es wurde bereits über eine Strecke von 143 Kilometern "gebeamt" und davor mehrfach in kleinen Abständen. Dabei wurde der Quantenzustand eines Teilchens auf ein anderes übertragen, sodass das andere Teilchen den extakt gleichen Zustand hatte, es ist also so unwissenschaftlich nicht. :zwinkern:


    Falls euch das interessiert, unter den Suchbegriffen "verschränkte Teilchen" und "Quantenteleportation" gibts da mehr Infos zu, die sind besser in der Lage das zu erklären als ich als Nicht-Quantenphysiker.

  • Zitat

    Ich würde zum Beispiel behaupten, dass ein Klon durchaus das gleiche Bewusstsein hat wie die ursprüngliche Person.


    Ja, das gleiche, aber nicht das selbe. In dem Fall würden ja beide Personen von ein und dem selben "Über-"Bewusstsein kontrolliert. Aber sie handeln ja voneinander unabhängig, d.h. jeder verfügt über ein eigenes Bewusstsein, auch wenn beide vom Aufbau identisch sind.


    Ich gebe dir sonst bei allem Recht. Die Probleme, die für den Klon entstehen, die gibt es alle.


    Aber nur weil es einen Klon von mir gibt, werde ich ja nicht unsterblich. Wenn ich geklont werde, ändert sich für mich selbst erstmal gar nichts. Evtl. weiß ich sogar nichts davon, dass eine exakte Kopie von mir existiert. Ich lebe weiter in Köln und die Kopie meinetwegen in Berlin (mit der gleichen - berechtigten - Überzeugung, Manto zu sein).
    Wenn ich nun in Köln sterbe würde deiner Argumentation nach mein Verstand auf irgendeine Weise in meine Kopie in Berlin schlüpfen und ich lebe da dann fröhlich weiter. Ich denke, wir können uns darauf verständigen, dass das wohl nicht der Fall sein wird. Ich bin wohl schlicht und einfach tot, und in Berlin lebt eine Kopie von mir, die auch Manto ist, aber eben nicht Ich (denn ich liege tot in Köln).


    Jetzt gehen wir davon aus, ich sterbe nicht erst nach einigen Jahren, sondern eben schon während des Klonens. Warum sollte es da dann anders sein? Eine Kopie wird erstellt, für einen Sekundenbruchteil gibt es zwei Versionen von mir, und anschließend sterbe ich.


    Und jetzt kommen wir wieder zurück zu der Annahme, dass Beamen im Prinzip nichts anderes ist, als Klonen mit Löschen der Originalperson. Der Teleporter zerlegt mich, während er mich scannt und auf dem Mars meine Kopie erstellt, in meine Einzelteile. Meine Kopie steigt aus dem Teleporter, erfreut sich bester Gesundheit und ist der festen Überzeugung, gerade teleportiert worden zu sein. Laut ihrer(meiner) Erinnerung ist sie ja vor wenigen Sekunden in den Teleporter gestiegen.
    Aber da mein Bewusstsein nicht transportiert, sonder nur kopiert wurde, endet mein Leben mit der Vaporisierung meines Körpers.


    Ich hoffe, was ich zu sagen versuche wird damit klar, denn langsam gehen mir die Ideen aus, wie ich es noch umschreiben könnte :xugly:


    Zur Quantenmechanik bzw. -physik hab ich übrigens auch schon so einiges gelesen. Nur bleibt in meinem Hirn, dass bei der Berechnung des elektrischen Widerstands in der 10. Klasse schon verzweifelte, davon nie wirklich viel hängen (geschweige denn, dass ich es auch nur ansatzweise verstehen würde :))


    Wie ich vor ein paar Beiträgen schon geschrieben habe, wenn man nicht nur den Körper kopieren sondern ein Bewusstsein wirklich übertragen/versenden/via Quantenphysik teleportieren könnte, dann halte ich tatsächliches Beamen für möglich. Vorher nicht :)

  • Jetzt verstehe ich tatsächlich, was du meinst. Natürlich, das leuchtet ein. Wenn ich aufgelöst werde, dann kommt es meinem Klon auf dem Mars so vor, als wäre nichts gewesen und jeder, der ihn fragt, wird die Antwort bekommen, dass alles gut gegangen sei.


    Das macht die Sache tatsächlich durchaus komplizierter, zum ersten Mal wäre es zum Beispiel eminent wichtig, dass die gebeamte Person nicht über das angewendete Prinzip Bescheid weiß, sonst würde ja niemand freiwillig beamen. Daran hatte ich tatsächlich gar nicht gedacht.


    Auf der anderen Seite, mal davon abgesehen, welche persönlichen Nachteile (Tod) es für die Person hat, in den Teleporter zu steigen; Welchen Unterschied macht es für alle anderen?


    Klar die Person ist tot, aber gleichzeitig ist sie es auch nicht, denn sie steht ja auf dem Mars. Für alle Außenstehenden würde es nicht den geringsten Unterschied machen. Und vorausgesetzt der Prozess des Beames ist streng geheim, auch nicht für gebeamte Person, denn wenn sie merkt, was passiert, ist sie ja schon tot. Der Klon auf der anderen Seite merkt davon gar nichts und lebt sein Leben weiter wie gehabt. Objektiv gesehen macht es also kaum einen Unterschied. Ethisch vertretbar wäre es allerdings unter diesen Umständen wohl kaum.

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