[+R] Heavy Rain



  • Entwickler: Quantic Dream
    Publisher: Sony Computer Entertainment
    Plattform: PlayStation 3
    Genre: Interaktiver Film
    Spielmodi: Einzelspieler
    Steuerung: Gamepad, Move Controller
    Sprache: Einstellbar
    Altersfreigabe: USK 16


    Inhalt:
    In einer Stadt an der Osteeküste der USA verschwinden auf mysteriöse Art und Weise Söhne. Tage später werden sie in Regenwasser ertrunken aufgefunden - mit einer Origami-Figur in einer ihrer leblosen Hände. Die Öffentlichkeit ist in Angst und Schrecken versetzt und die Behörden scheinen weit davon entfernt zu sein, einen glaubhaften Verdächtigen zu präsentieren.


    Aber bei Ihnen ist alles in Ordnung. Ihre Familie ist zu Hause in Sicherheit.


    Aber was wäre, wenn nicht?


    Was würden Sie tun?


    Wie weit würden Sie gehen, um jemanden zu retten, den Sie lieben?


    - quanticdream


    Wir Spieler schlüpfen in die Rollen vier verschiedener Protagonisten: Ethan Mars, ein Familienvater, Norman Jayden, ein FBI-Agent, Scott Shelby, ein Privatdetektiv und Madison Paige, eine Journalistin. Die Charaktere stehen nicht miteinander in Verbindung, und doch verbindet sie etwas: Das Ziel, den entführten Shaun Mars zu retten und den Origami Killer zu stellen. Ihre Wege überschneiden sich, dennoch sind sie auf sich allein gestellt. Werden sie überleben? Werden sie dem Killer gegenüber treten können? Das hängt allein von uns Spielern und unseren Entscheidungen ab. Richtig, wir haben ihr Schicksal und das des jungen Shaun Mars in der Hand. In Kämpfen um Leben und Tod stehen wir den Charakteren zur Seite, helfen ihnen dabei, schlechte Gewohnheiten abzulegen und beeinflussen ihr Verhalten. Doch sollten wir nicht vergessen, stets aufmerksam und misstrauisch zu sein. Denn vielleicht ist der Killer ja unter uns?


    Nun werden sich einige vielleicht fragen: "Und was ist, wenn ein Charakter stirbt? Ist das Spiel dann zuende?"
    Nein. Das Spiel läuft weiter, denn es ist ein interaktiver Film, sprich: WIR entscheiden, wie die Handlung voranschreitet. Stirbt ein Charakter, scheidet er aus dem Spiel und wir müssen versuchen, auch ohne seine Hilfe an unser Ziel zu kommen. Ein "Game Over" werden wir niemals zu sehen bekommen, auch nicht, wenn jeder unserer Charaktere den Tod gefunden hat. Wir haben dann schlicht und ergreifend eine Tragödie gespielt.


    "Interaktiver Film? Schauen wir also nur zu und drücken hin und wieder mal ein paar Knöpfe?"
    Wieder nein. Die Möglichkeit, unseren Charakter wie gewohnt zu steuern und Gegenden zu erkunden, ist uns nach wie vor gegeben. Vorschau und Gameplay fließen zudem nahtlos ineinander über. Dazu muss aber gesagt werden, dass tatsächlich ein großer Teil des Spiels aus Quick-Time-Events, also schnelles Knöpfedrücken, besteht. In Kämpfen ist beispielsweise schnelles Reaktionsvermögen gefragt, und je nach Schwierigkeitsgrad ist höchste Konzentration gefordert (wenn wir unseren Charakter nicht sterben lassen wollen, versteht sich).
    Steht uns eine Entscheidung bevor, können wir nicht ewig darüber grübeln, welche Antwort nun die für uns sinnvollste ist. Das Spiel legt wert auf einen gewissen Realismus und ermahnt uns nicht selten zur Eile. Spuren verwischen? Fliehen? Schnell schnell, sonst.... ja, was sonst? Wollen wir das wirklich herausfinden?
    Wird eine Situation hektisch oder ist die Situation angespannt, wirkt sich das auch auf den Zustand unserers Charakters aus. Wir merken das, wenn die Auswahlmöglichkeiten seiner Antworten anfangen zu zittern und die Sicht auf diese dadurch eingeschränkt wird. Dies ist ein cleveres Stilmittel des Spiels, denn dadurch fängt auch der Spieler an, hektisch zu werden.
    "Was steht da? Oh Gott, welche Antwort soll ich nun wählen? Was soll der Charakter tun?"
    Nicht jede Entscheidung beeinflusst den Verlauf der Handlung (einige sind zum Beispiel darauf ausgelegt, bestimmte Dialoge zu verändern), doch woher sollen wir wissen, was wichtig ist und was nicht? Diese Unwissenheit nutzt "Heavy Rain" gnadenlos aus, denn sie ist es, die uns Spieler nach und nach panisch und hektisch werden lässt. Wir tauchen in das Geschehen ein, fühlen mit den Charakteren mit und werden desöfteren mit unserer eigenen Moral konfrontiert. Wie weit würden wir persönlich gehen, um jemanden zu retten, den wir lieben? Wo ist die Grenze? Würden wir vielleicht sogar töten? Es liegt in unserer Hand.


    "Endlich Ruhe. Halt... was kommt denn JETZT?!"
    Das Spiel versteht es, gekonnt zwischen ruhigen und hektischen sowie lebensbedrohlichen Passagen hin und her zu balancieren. Sind wir wirklich in Sicherheit? Manchmal schon, manchmal auch nicht. Diese Ungewissheit sitzt uns stets im Nacken.


    "Das ist wichtig, das ist wichtig... hm, ist das hier denn wirklich wichtig? Und wie war das? Ein Auto fuhr zu dieser Zeit..."
    Als FBI-Agent Norman Jayden sammeln wir Hinweise und untersuchen diese dann anschließend in seinem Büro. Ein besonderes Hilfsmittel, genannt ARI (Added Reality Interface) erweist sich dabei als äußerst nützlich.
    Dank einer modernen Brille und eines Handschuhs können wir den Tatort genau analysieren. Dabei ist es wichtig, dass uns bestimmte Hinweise nicht entgehen, wir sollten die Umgebung also so genau wie möglich erkunden.
    Zu den weiteren Funktionen des ARI-Systems gehört ein "virtuelles, den Anforderungen des Benutzers zusammengestelltes" Büro. Wir haben also die Wahl zwischen mehreren, schön ausschauenden Hintergründen, die uns das Ermitteln ein wenig ansprechender gestalten.
    Unter anderem haben wir die Wahl zwischen Bergen, der Marsoberfläche, einer Herbstlandschaft.... huch, was ist das? Zieht dort etwa ein Sturm auf? Nun aber Beeilung, sonst...


    "Toilette, Sitzgelegenheiten.... wozu das alles?"
    Schon im ersten Kapitel des Spiels wird deutlich, dass wir die Charaktere Dinge tun lassen können, die sie in ihrer Entwicklung zwar nicht weiterbringen, aber durchaus ihren Bedürfnissen entsprechen (könnten). Das heißt, wir können auf Toilette gehen (und das Spülen ausbleiben lassen, wenn uns mal nicht danach ist *fg*), aus dem Kühlschrank etwas essbares holen (oder wahlweise auch etwas trinken), duschen, uns auf einem Sessel niederlassen, den Balkon betreten und die Gegend betrachten sowie einiges mehr. Dabei müssen wir Befehle ausführen, die teilweise Genauigkeit erfordern. Trocknen wir uns ab, muss der Controller mit der richtigen Stärke geschüttelt werden. Trinken wir etwas, heißt es, den rechten Analogstick langsam in die richtige Richtung zu bewegen.
    Diese Befehle begegnen uns auch häufig in ernsten Situationen, weswegen es praktisch ist, sie im "Alltag" hin und wieder anzuwenden. Nun, was bringt es uns aber, auf die Toilette zu gehen? Und warum können wir uns überall hinsetzen und zeitgleich immer wieder aufstehen?
    Bringen tut uns das nichts. Doch wenn wir einmal näher darüber nachdenken, erkennen wir vielleicht, dass uns diese Kleinigkeiten enger an die Charaktere binden. Sah das Spiegelbild eines bestimmten Charakters nicht einmal anders aus?


    "Denk nach! Denk nach!"
    Sollte unser Denkvermögen einmal versagen, können wir zum Glück immer wieder auf die Gedanken der Charaktere zurückgreifen ;)
    Das ist eine Funktion, die ich an diesem Spiel sehr schätze. Wir sollten die Gedanken der Charaktere immer mal wieder überprüfen, hin und wieder sind sie nämlich durchaus interessant (und hilfreich, wenn wir einmal nicht weiterwissen).


    "Wie viele Enden gibt es eigentlich?"
    Das müsst ihr schon selber herausfinden :P


    So, nun noch einmal zu meiner persönlichen Meinung: Ich habe mich in dieses Spiel verliebt. Anfangs konnte ich nicht so recht glauben, dass es wirklich so viele Emotionen im Spieler weckt wie alle behaupteten, doch schon nach wenigen Momenten war auch ich gefangen. Gefangen in einer regnerischen, düsteren Welt, in der jedoch kleine Hoffnungsschimmer existierten.
    Ich saß vor meinem Fernseher und hatte wirklich Angst um das Leben meiner Charaktere. Es gab sogar einen Moment, in dem ich nervlich so angespannt war, dass ich das Spiel vorerst beiseite legen musste. "Heavy Rain" versteht sein Handwerk und weiß mit den Gefühlen der Spieler umzugehen. Es ist ein Spiel, das es in dieser Art noch nicht gegeben hat (auch wenn es Ähnlichkeiten mit "Fahrenheit", Quantic Dreams vorheriges Projekt, aufweist) und ein neues Genre begründet.
    Kleine Schwächen, die das Spiel durchaus hat, sind aufgrund dieses unvergesslichen Spielerlebnisses schnell verziehen. Wobei die Spieldauer mit 8-12 Stunden leider wirklich etwas kurz ist. Der Wiederspielwert ist zwar hoch, da es eben vieles gibt, das man erst beim zweiten oder dritten Durchspielen zu sehen bekommt (nicht zu vergessen die ganzen Enden, die es gibt), doch ist der erste Durchlauf erst einmal geschafft, werden die Anspannung und der Spaß während des Spielens nachlassen. Dennoch ist "Heavy Rain" absolut empfehlenswert und jeder PS3-Besitzer, der an einer packenden, erwachsenen Geschichte mit wunderbar herausgearbeiteten Charakteren (unterlegt mit einem ins Ohr gehenden, ergeifenden Soundtrack) interessiert ist, sollte einen Kauf riskieren. Ich empfehle übrigens, die englische Synchro (wahlweise mit dt. Untertiteln) zu wählen. Da kommen die Emotionen der Charaktere weitaus besser rüber.


    "Heavy Rain funktioniert. Es erzählt eine spannende, verzweigte Geschichte, die auf den Spieler eingeht, ihn ernst nimmt und inhaltlich jeden Vergleich zum analogen Kino standhält. Jede Faser dieses Spiels strahlt förmlich aus: Ich bin etwas ganz besonderes. Ich bin ein Spiel, an das du auch in 10 Jahren noch denken wirst."


    - GameOne


    Screenshots:


    "The thing under my bed waiting to grab my ankle isn't real, I know that.
    And I also know that if I'm careful to keep my feet under the covers, it will never be able to grab my ankle."

    - Stephen King

  • Von dem Spiel hab ich schon mal gehört. Es ist galube ich echt nicht schlecht. Und jetzt hab ich Lust gekriegt es zu spielen. :D
    Übrigens sehr schöne, detaillierte und ausführliche Beschreibung. Man bekommt sofort ein Bild von dem Spiel. Eine riesen Arbeit das alles zu schreiben, oder?

  • Freut mich, dass ich deine Lust an dem Spiel geweckt habe! :3 Wie gesagt, ich kann es wirklich nur empfehlen; es zählt zu meinen absoluten Lieblingen.
    Danke für das Lob. Es hat wirklich etwas gedauert, ich habe diesen Text aber nicht in einem Rutsch verfasst, sondern ihn nach und nach in einem Dokument vervollständigt, wenn ich gerade Zeit und Lust hatte ^^ Das Spiel liegt mir einfach am Herzen, deswegen wollte ich es auch recht ausführlich vorstellen und seine ganzen Facetten aufzeigen.

    "The thing under my bed waiting to grab my ankle isn't real, I know that.
    And I also know that if I'm careful to keep my feet under the covers, it will never be able to grab my ankle."

    - Stephen King

  • Ah ja, Heavy Rain... eigentlich habe ich's mir damals nur ausgeliehen, um zu prüfen, ob meine PS3 ordnungsgemäß funktioniert. Bis ich dann Gefallen daran fand. :'D Ich war furchtbar skeptisch angesichts dieser 'Interactive Drama'-Sache, weil ich QTEs aller Art als etwas unglückliche Lösung empfinde, wenn es darum geht, den Spieler in möglichst cineastisch gehaltene Sequenzen aktiv einzubinden. Aber wenn ein Titel diese Art der Steuerung konsequent von vorn bis hinten durchzieht, egal ob ruhige oder hektische Szenen, hat es durchaus seinen Charme. Hat mich auch regelmäßig in heillose Panik versetzt durch die vielen Entscheidungen, von denen man nie wusste, ob sie richtig oder falsch sind. Nicht dass es in diesem Spiel 'richtig' oder 'falsch' gäbe, eh. Es gibt nur das, was man tut... oder sein lässt.



    Schöne Rezension übrigens! Betont die Kernelemente des Spiels sehr gut. Quantic Dream haben ja mittlerweile auch schon einen neuen Titel namens 'Beyond' in der Mache. Ich hoffe, dass sie ihr Erfolgsrezept dort noch weiter verfeinern werden. *__* Ich hatte jedenfalls viel Spaß damit, in Heavy Rain alle Enden zu sehen und alle Entscheidungen mal getroffen zu haben (das Spielprinzip drängt einen ja auch geradezu zu mehreren Durchgängen xD). In jedem Falle ein sehr außergewöhnlicher Titel, der einen überraschend fließenden Grenzgang zwischen Spiel und Film darstellt.

    I've seen a lot in my journey up the ranks. An endless cycle of violence, now broadcast as a spectator sport. Why do so many assassins join if we're all going to end up killing each other in the end? We've all become trapped, don't you see? Addicted to the violence, to a life in the shadows.
    Once we join the ranks, we can never get out.



    You are incredible. Everything I hoped for.
    "Promise me you won't forget... There once was an assassin named Alice."


  • Falls ihr das Spiel noch spielen wollt, allerdings dazu neigt, aus Neugier auf Spoilerbuttons zu klicken: Tut es nicht! o_ó Hier wird u.a die Identität des Killers verraten.


    Zitat

    Original von Sirius
    Schöne Rezension übrigens! Betont die Kernelemente des Spiels sehr gut. Quantic Dream haben ja mittlerweile auch schon einen neuen Titel namens 'Beyond' in der Mache. Ich hoffe, dass sie ihr Erfolgsrezept dort noch weiter verfeinern werden. *__*


    Dankeschön :3 Oh ja, auf Beyond freue ich mich auch schon total *_* Die Vorschau sieht auf jeden Fall gut aus.

    "The thing under my bed waiting to grab my ankle isn't real, I know that.
    And I also know that if I'm careful to keep my feet under the covers, it will never be able to grab my ankle."

    - Stephen King

  • Jaja Heavy Rain. Ich bin immer noch der Meinung, das das Spiel leicht überhyped oder überbewertet ist, und die Fans etwas übetreiben mit Dialogen wie "ein Spiel dieser Art gab es noch nie - Neuen Genre etc"


    Das seh ich ganz anders. Im Prinzip ist es Heavy Rain eine modernifizierung des klassischen Point & Click Adventures mit weniger Rätse, aber dafür mehr interactives. Und wie gesagt, Adventures dieser Art, gab es schon vor Fahrenheit und HR, nur waren die Steuerungstechnisch nicht so gut umgesetzt wie HR.(Mal ein kleiner Nebentipp - Telltaile Games - die die für Spiele wie Tales of Monkey Island oder Back to the Future the Game verantwortlich sind, haben sich nun auch etwas von HR Steuerungskonzpet abgekuckt. Jurrasic Park und The Walking Dead. The Walking Dead hab ich jetzt mal die Demo gespielt und find ich richtig klasse).


    Auch was "Emotionen" betrifft, wird wieder überhyped. Es gab auch genug Titel vorher(max Payne 2, Metal Gear Solid oder Ico zb) die solche Emotionen hervorrufen können. Auch auswirkende Dialoge, die den Spielverlauf beeinflussen ist meiner Meinung nach nix neues, es wurde halt einfach viel zu selten genutzt vorher.


    ABER das heißt weder das ich das Spiel schlecht fand oder schlecht Reden will, ich finde halt nur das die Fans immer etwas übertreiben(Nachteil: Manche Spieler haben dann zu hohe erwartungen). Ich würde immerhin bei dem Spiel auch ne 85-90 % Ansiedeln. Für jeden PS3 Spieler so oder so ein muss, aber empfehle auch jedem "nicht" PS3 besitzer es mal an.- bzw gespielt zu haben.


    Zudem hatte das Spiel für mich einen der schlimmsten Moment in der Spielegeschichte:


    By the Way: Ich fands mit Move auch richtig lustig zu playen.


    @Beyond: Two Souls:
    Ich muss sagen, von dem ersten Trailer her, bin ich absolut enttäuscht. Es waren richtig Billige Zusammenschnipsel aus Gameplay-Material, wo nur die Technik, also Grafik überzeugen konnte. Erst mit den Infos und dem "richtigen" Gameplay-Material, welches von der E3 auf YT zu finden ist, wurde mein Interesse gesteigert...


    Das find ich insofern Traurig, da ich ja den Kara Techdemo richtig Übel fand!

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