Wer sich etwas länger mit Anime auseinandergesetzt hat und einige Kanäle oder Foren diesbezüglich verfolgt stellt eventuell einen gewissen Trend in der Anime-Community fest: Diese Community scheint gerne Kritik in einer unkonstruktiven Art und Weise zu äußern oder anzunehmen.
Sicherlich eine pauschalisierte Aussage, aber nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl, dass besonders in dieser Community Kritik häufig als Hate abgeschmettert wird und etwaige Kontroversen mit einem "Geschmäcker sind halt verschieden" aus dem Weg gegangen werden.
Aber wie ist es denn nun mit Anime? Es gibt doch auch Filmkritiken, warum gibt es keine Möglichkeit Anime zu bewerten oder ihre Güte auszumachen?
Hierzu habe ich einmal einen Kommentar verfasst, der meine Ansicht auf das Medium Anime klarstellt:
Für mich ist Anime eine Kunstform. Eine Kunstform, die sich klar von Film und Fernsehen, von Malerei und Literatur abhebt. Anime besitzt für mich einen gewaltige Mehrwert, um zu unterhalten, philosophische Themen aufzuwerfen (ohne sie vor einem auszuwälzen) und Geschichten über Charaktere zu erzählen. All dies auf eine Art, die keinem anderen Medium inne ist. Deswegen liebe ich Anime. Der Moment, wenn in Haikyuu ein wichtiger Moment im Spiel beschrieben wird. Der Moment, wenn in Clannad einem wieder einmal das Herz herausgerissen wird. Der Moment, wenn in Kaberneri of the Iron Fortress ein Action-Massaker ausbricht. Der Moment, wenn bei Kimi ni Todoke einem vor Niedlichkeit des Herz zerschmilzt. Oder wenn Working! mich wieder zu Tränen amüsiert. Anime ist so vielseitig und zeigt mir als Person, wer ich eigentlich bin. Die Charaktere bringen mich näher an mich selbst. Sie berühren mich auf die eine oder andere Art. Ob ich sie nun sympathisch oder unsympathisch finde. Für mich bedeutet Anime enorm viel als Unterhaltungsmedium und als Kunstform.
Hier kommen jedoch die Probleme. Anime ist bei uns noch nicht so etabliert wie Film, Literatur oder Kunst. Es herrscht kein Paradigma wie man an dieses Medium herantreten soll. Wir schauen Reviews zu Anime, die wir schon kennen, aber eigentlich nur um unsere eigene Meinung bestätigt zu sehen und nicht wirklich, um einen Anime besser zu verstehen. Diese gesamte Kontroverse um SAO ist doch nur aufgekommen, weil das eine Lager sich jeglicher Kritik verschließt und das andere Lager Kritik mit Schlechtreden verwechselt. Ich bin der Ansicht, dass es bei Anime durchaus objektive Kriterien gibt, nach denen man die Güte des Werkes beurteilen kann. Es ist nicht einfach, da Anime nun einmal kein simples Medium ist, aber es ist möglich.
Daher ist für mich die Aussage "Es ist nur meine Meinung und du hast deine" durchaus berechtigt, aber häufig an den falschen Stellen angewandt. Wenn ich nun das Pacing von SAO/AoT/NGNL/was auch immer kritisiere, dann tue ich das nicht, weil ich diese Anime hasse, sondern weil ich dort einen Grund sehe, warum der Anime seine Prämissen nicht gut ausspielt, wo der Anime seine Schwächen hat. Damit greife ich weder jemandes Meinung noch den Unterhaltungswert des Animes an. Ich spreche lediglich von einem Merkmal, das sich auf die Qualität des Produktes auswirkt. Diese Kritik ist doch von großer Wichtigkeit, damit wir Anime als Medium wahrnehmen, das ernst genommen werden muss. Wie mit Videospielen werden auch Anime mehr und mehr in der Gesellschaft etabliert. Anime ist dabei durchaus eine größere Nische, aber damit unser Hobby akzeptiert wird, müssen wir uns mit dem, was wir lieben, genauso sehr auseinandersetzen, wie andere Medien es bereits seit Jahrzehnten tun.
Was haltet ihr von dieser Thematik? Ist es für euch wichtig, über Anime diskutieren zu können oder würde euch das eher den Spaß am Schauen ruinieren? Könnt ihr meine Beobachtung bestätigen oder habt ihr ganz andere Erfahrungen gemacht.
Ich wollte dieses Thema schon lange mal eröffnen, bin aber nie dazu gekommen. Also immer frei heraus mit euren Gedanken.