Todesstrafe! Was denkt ihr darüber?

  • Der ganze Witz daran ist in meinen Augen, dass sich ein mordender Mensch selbst zu einem minderwertigen Wesen degradiert. Und die Wahrscheinlichkeit dass ein Mörder mordet ist höher als dass es irgendwer tut, der keiner Fliege etwas zu Leide tun würde. Im großen und ganzen hat sich der Mörder damit seinem eigenen Wunsch nach menschlicher Behandlung beraubt.


    Und natürlich steht die Frage ob man deswegen jemanden töten darf. Wenn das Wort "man" nicht gefällt, dann sollen es eben Maschinen tun.


    Edit: Nein, ich bin kein Gerichtsmediziner und weiß damit nicht wer wen umgebracht hat.

  • Der Witz daran ist eher: Woran misst man Menschlichkeit?


    Wenn es danach ginge, zum Töten fähig zu sein, könnte man niemandem Menschlichkeit im ethischen Sinne zusprechen, da wohl jeder in seinem Leben mal bspw. diverse Kleintiere tötet, weil sie als "Ungeziefer" angesehen werden. Zudem essen wir Fleisch (nein, ich bin kein Vegetarier) – wieso wird Menschlichkeit nur daran gemessen, was man anderen Menschen antut und was nicht? Das führt diese ganze Diskussion doch ad absurdum.



    Zitat

    Original von Nusma
    Du sagst, nichts rechtfertige den Mord an einem Menschen. An und für sich enthält diese Aussage auch einen wahren Kern, jedoch vertrittst du im selben Atemzug die Hinrichtung eines Menschen... und das ist ein wenig Paradox, findest du nicht auch?


    Klasse Gedankengang, kann mich dem nur anschließen. Womit wir wieder bei der Vendetta wären.

  • Zumal der Begriff Menschlichkeit auch durchweg subjektiv geprägt ist.
    Für einen Menschen, der aus einer gänzlich anderen Gesellschaftsform (usw.) kommt, könnte mein Bild von Menschlichkeit bei ihm nur kopfschütteln hervorrufen. Vielleicht würde er mich sogar fragen, was mich daran hindert, einen anderen Menschen zu vergewaltigen, oder zu töten, weil es für ihm etwas gänzlich normales wäre.


    Und zum Thema Todesstrafe:
    Mit welchem Recht, dürfte ein Gericht, würde es die Todesstrafe bei uns geben, einen anderen Menschen zum Tode verurteilen? Kein Mensch hat das Recht, über das Leben anderer zu bestimmen, selbst dann nicht, wenn dieser ein krankhafter Massenmörder und Vergewaltiger wäre.

  • Zitat

    Original von bereth
    Der Witz daran ist eher: Woran misst man Menschlichkeit?


    Wenn es danach ginge, zum Töten fähig zu sein, könnte man niemandem Menschlichkeit im ethischen Sinne zusprechen, da wohl jeder in seinem Leben mal bspw. diverse Kleintiere tötet, weil sie als "Ungeziefer" angesehen werden. Zudem essen wir Fleisch (nein, ich bin kein Vegetarier) – wieso wird Menschlichkeit nur daran gemessen, was man anderen Menschen antut und was nicht? Das führt diese ganze Diskussion doch ad absurdum.


    Menschen töten andere Menschen meistens nicht ohne es zu merken. Ich für meinen Teil töte auch keine Insekten/Spinnen absichtlich, weswegen ich trotzdem nicht den Weg erst nach Einzellern absuche bevor ich meinen Fuss darauf setze. Und ebenfalls tötet man doch meist keine anderen Menschen um (wie von der Natur vorbestimmt) zu leben. In meinen Augen zumindest... wenn wir mal einige schiffbrüchige Hinterweltler außer Acht lassen.

  • Zitat

    Original von Gizmo
    Nebenbei ist der Unterhalt von Gefangenen in Deutschland sehr teuer und jemanden zu verpflegen, der tötet und einsitzt und sich die Zukunft verbaut hat, ist kein besonders zukunftsweisendes Projekt.


    Und wenn wir schon beim Thema Menschlichkeit sind, solch eine Aussage ist für mich 'unmenschlich'.


    Was ist das denn bitte für ein Argument.

  • Kharaz
    Eher GERADE WENN es krankhafte Mörder/Vergewaltiger sind, darf das erst recht nicht angewendet werden.



    Gizmo
    Nun, reißen wir deine Punkte doch auch nochmal auseinander.
    Man tötet andere Menschen nicht, ohne es zu merken – gilt nicht für Kranke. Sie erinnern sich ja am Ende vielleicht nicht einmal daran.
    Und wenn es um das Töten für das Überleben geht – schon mal hingeschaut, wieviel Fleisch jeden Tag in den Müll wandert? Die westliche Zivilisation tötet schon lange nicht mehr zum bloßen Überleben, wo bleibt da die Menschlichkeit, frage ich dich.


    Zudem ignorierst du den Punkt, den Nusma, Kharaz und ich so klar vertreten: Was gibt einem das Recht, über das Leben anderer zu bestimmen? Wenn das für Mörder gelten soll, wieso soll es bei jenen, die ihn in die Ecke treiben und ihn für schuldig sprechen, auf einmal nicht mehr wichtig sein? Das ist Heuchelei. Heimtückisch, pure Rachelust, ohne Verstand. Wo kämen wir denn hin, wenn dann auch die Familie des Mörders auf einmal fordern würde, dass seinem Tod "Gerechtigkeit" zuteil werden soll? Die Vollstrecker gegen eine Wand stellen? Also bitte, ich bin wirklich froh, dass unser Rechtssystem nicht auf solchen Ansichten fußt.

  • Zitat

    Original von Kharaz


    Und wenn wir schon beim Thema Menschlichkeit sind, solch eine Aussage ist für mich 'unmenschlich'.


    Was ist das denn bitte für ein Argument.


    Zuersteinmal ist Menschlichkeit sicher ein subjektiver und teilweise auch ein melodramatischer Begriff weswegen ich meine Sicht der Dinge. wo die Menschlichkeit aufhört, auch mit klaren Grenzen erläutert habe.


    Aber wenn du so willst: Einen Mörder zu beseitigen, damit andere, nicht mordende Menschen leben können, halte ich was die "Menschlichkeit" betrifft vom Blickwinkel abhängig. Außerdem gab es da noch früher mal diesen folgenden Spruch: "Manchmal muss sich einer für das Wohl aller opfern" dem im Kino die meisten zustimmen, aber wenn es dann in die Realität geht heißt es dann "Das hat damit nichts zu tun".

  • Das ist eine utilitaristische Herangehensweise. Doch wenn man das Wohl aller über das Recht als solches stellt, dann hört für mich die Gerechtigkeit einfach auf. Selbst Utilitaristen erkannten in der späten Hochzeit dieser Philosophie, dass man mit bloßer Logik und Rechnungen nicht weiterkommt.


    Und wieder ignorierst du die konkrete Frage. ;-)

  • Zitat

    Original von bereth


    Gizmo
    Nun, reißen wir deine Punkte doch auch nochmal auseinander.
    Man tötet andere Menschen nicht, ohne es zu merken – gilt nicht für Kranke. Sie erinnern sich ja am Ende vielleicht nicht einmal daran.


    Ein Kranker sollte in diesem Falle wie ein Kranker behandelt und je nach Ausmaß der Krankheit und geistigen Abwesenheit weggeperrt werden. Der Prozentsatz an "kranken" Mördern ist allerdings sehr gering. Diese angebliche Krankheit wird meist erst dadurch aufgespielt, dass es ja überhaupt nicht möglich sei, dass ein gesunder Mensch morden könne.


    Zitat


    Und wenn es um das Töten für das Überleben geht – schon mal hingeschaut, wieviel Fleisch jeden Tag in den Müll wandert? Die westliche Zivilisation tötet schon lange nicht mehr zum bloßen Überleben, wo bleibt da die Menschlichkeit, frage ich dich.


    Ich weiß nicht wo da die Menschlichkeit bleibt. Ich finde das nicht wirklich verzeihlich. Wenn ich angeln gehe, was denkst du wie viele Fische ich dann maximal fange?


    Zitat


    Zudem ignorierst du den Punkt, den Nusma, Kharaz und ich so klar vertreten: Was gibt einem das Recht, über das Leben anderer zu bestimmen? Wenn das für Mörder gelten soll, wieso soll es bei jenen, die ihn in die Ecke treiben und ihn für schuldig sprechen, auf einmal nicht mehr wichtig sein? Das ist Heuchelei. Heimtückisch, pure Rachelust, ohne Verstand. Wo kämen wir denn hin, wenn dann auch die Familie des Mörders auf einmal fordern würde, dass seinem Tod "Gerechtigkeit" zuteil werden soll? Die Vollstrecker gegen eine Wand stellen? Also bitte, ich bin wirklich froh, dass unser Rechtssystem nicht auf solchen Ansichten fußt.


    Ich bin sehr wohl darauf eingegangen, wie du vielleicht überlesen hast. "Man" und "einem" sind sehr schicke Begriffe wenn man irgendeinem anderen Menschen die Schuld zuschieben will. Aber !gerechte! Gesetze und !gerechte!, festgelegte Rechtssysteme sind keine Götter und auch keine Menschen, sondern Dinge. Und wenn sich ein Mensch eine Pistole an den Kopf setzt und abdrückt, ist er dann nicht auch schuld daran wenn er möglicherweise deswegen stirbt?


    Edit:
    Ich habe übrigens auch nicht mehr den Wunsch das hier so weiter zu führen, sollte es aber einen neuen Gedankengang geben, bin ich gerne wieder dabei.

  • Zitat

    Original von Gizmo
    Der ganze Witz daran ist in meinen Augen, dass sich ein mordender Mensch selbst zu einem minderwertigen Wesen degradiert.


    Du, Gizmo, sprichst da etwas aus, was, so glaube ich, mit Ezzas Gedanken überein stimmt. Du rechtfertigst die Hinrichtung eines Menschen, sei es durch Gift, Strom oder Exekutionsroboter damit, dass es kein Mensch mehr ist, der dabei getötet wird. Kein Mensch, folglich auch kein Mord, ganz nach unseren Gesetzen.
    Woran liegt das? Verliert der Mensch seine Seele, wenn er Jemanden tötet? Ist er danach ein seelenloser, des Lebens unwürdiger Zombie, der besser auf dem schnellsten Weg in die Hölle geschickt werden sollte? Hat vielleicht ein Dämon von ihm Besitz ergriffen?
    Oder... vielleicht... bla...


    Fakt ist, wir wissen es nicht. Manche sind vielleicht der Überzeugung, dass so etwas in der Art existiert und exekutieren Menschen darauf hin nach ihren eigenen ethischen Gesetzen. Doch rational ist anders.

  • Zitat

    Original von Gizmo
    Und wenn sich ein Mensch eine Pistole an den Kopf setzt und abdrückt, ist er dann nicht auch schuld daran wenn er möglicherweise deswegen stirbt?


    Schuld und Sühne sollten allerdings noch immer unabhängig voneinander behandelt und nicht gleichgesetzt werden. Nur weil jemand schuld am Tod eines anderen Menschen ist, heißt das nicht automatisch, dass er es auf dieselbe Weise sühnen muss. Ich stimme hier stark Nusma zu, denn er hat den Nagel auf den Kopf getropfen: Woran machst du fest, dass ein Mörder seine Menschlichkeit und das Recht auf Behandlung unter den unsrigen Gesetzen verliert? Verliere ich meine Menschlichkeit, weil ich jemanden töte, um einen geliebten Menschen zu schützen? Bin ich unmenschlich, wenn ich aus Leidenschaft handle, etwas so menschlichem, wie es nur sein kann?


    Sehr unwahrscheinlich.

  • Ich finde das "Um den Mörder davon abzuhalten je wieder zu Morden." eine schlechte Begründung für die Todesstrafe ist. Denn die Alternative liegt klar auf der Hand, Lebenslänglich einfahren, was man ja statt der Todesstrafe auch einfüren könnte. Monentan ist Lebenslänglich in Deutschland 20 Jahre? Und mit Sicherheitsverwahrung anschließend doch Lebenslänglich? Weis grad nicht so bescheid, da ich mit sowas zum glück nicht viel am Hut habe.


    Daher bin ich gegen die Todesstrafe, denn das ist einfach zu endgültig. Was wenn tatsächlich noch entlastende Beweise auftreten, wer möchte dann dafür verantwortlich sein einen Unschuldigen getötet zu haben? Ihn im Nachhinein frei lassen ist noch möglich auch wenn er dann nactürlich zu unrecht eingesessen hat.


    Da gibts einen Film dazu "Das Leben des David Gale".

  • Hellton

    Zitat

    Original von Wikipedia
    Unter einer lebenslangen Freiheitsstrafe versteht man in Deutschland einen Freiheitsentzug auf unbestimmte Zeit – mindestens aber 15 Jahre. Danach kann der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 57a StGB).


    Damn it, Sarah war schneller. Hätte wohl nicht so lange warten sollen. =)

  • Ah du hast recht, es gibt ne Mindesthaftdauer für Lebenslänglich, 15 Jahre, und eine durchschnittliche Haftdauer, da viel eben nicht wirklich Lebenslänglich einsitzen, von ca. 25 Jahren.


    EDIT:
    In dem Falle von Lebenslänglich(wenn es durchgezogen wird) beseitigt die Strafe allerdings den Mörder genauso wie die Todesstrafe. Wenn man davon ausgeht das er nicht ausbrechen kann. Von dem her ist die Todesstrafe nichts als überzogen. Klar spaart man Geld wenn man die Menschen umbringt statt sie einzusperren. Aber wenn man bei dem Thema aufs Geld schaut ist man nicht besser als der Mörder der für Geld tötet.

  • Wieder dieses herrliche Thema, bei dem Mein ethiklehrer in der 12ten Klasse es geschafft hat, meine Meinung zu diesem Thema, von Anfänglich Ezzas und Gizmos Standpunkt zu bereth und Kharaz Standpunkt zu wandeln, ohne, dass ich diese Veränderung wahrgenommen hab.


    Zitat

    Gesetze sollen definieren, welche Rechte Mensch ein hat und ab wo es als Verbrechen gilt, sich mehr Rechte zu holen, als einem zustehen. Wenn ein Mensch einen anderen Menschen tötet, sich also das unzulässige Recht herraus nimmt, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, ist das also ein Verbrechen.
    Die Todesstrafe durchzuführen, würde bedeuten, dass die Gerichtsbarkeit ebenfalls dieses Verbrechen zu begeht.
    Ein Mensch darf sich nicht das Recht herraus nehmen, das Leben eines anderen Menschen zu beenden. Tut er dies doch, so sind andere Menschen nicht berechtigt, in auf selbe Weise zu bestrafen, denn dann würden sie sich zu genau der selben Art von Monster machen.


    Denken sie da mal... drüber nach.

  • Ich schalte mich hier mal ein... ein wenig als "Hilfe" für Gizmo, auch wenn ich selbst der Todesstrafe eher abneigend gegenüber stehe. Dennoch habe ich hier einige Dinge gelesen, die mich etwas... sagen wir, stutzig gemacht haben.


    Zitat

    Original von bereth
    Der Witz daran ist eher: Woran misst man Menschlichkeit?


    Wenn es danach ginge, zum Töten fähig zu sein, könnte man niemandem Menschlichkeit im ethischen Sinne zusprechen, da wohl jeder in seinem Leben mal bspw. diverse Kleintiere tötet, weil sie als "Ungeziefer" angesehen werden. Zudem essen wir Fleisch (nein, ich bin kein Vegetarier) – wieso wird Menschlichkeit nur daran gemessen, was man anderen Menschen antut und was nicht? Das führt diese ganze Diskussion doch ad absurdum


    Menschlichkeit ist, wie der Name schon sagt, in erster Linie auf Menschen bezogen. Natürlich bedeutet das nicht, dass man sich nur anderen Menschen gegenüber "menschlich" verhalten soll; vielmehr ist der Begriff Menschlichkeit eine Art Kodex, nach der zu leben man trachtet. Allerdings ist es eben auch nur ein Begriff, und Begriffe unterliegen stets der Definition eines Einzelnen oder einer Gesellschaft. Was für uns in Europa etwa menschlich wäre, muss deshalb noch lange nicht in einem anderen Bereich der Erde menschlich sein.


    Die Frage ist jetzt also: Inwiefern willst Du rechtfertigen, dass Menschlichkeit mit dem Nicht-Töten von Insekten zu tun hat? Es ist eine Sache, ein Insekt auszulöschen - ein kleines, für den Menschen meist kaum beachtetes Wesen - und wieder eine andere, einen Menschen zu töten, der von seiner Wahrnehmung her genauso weit ist wie man selbst. Genausowenig hat Menschlichkeit etwas mit dem Essen von Fleisch zu tun. Der Mensch ist schließlich ein Säugetier und somit, rein von der Natur aus gesehen, vollkommen berechtigt, zu "jagen" und Fleisch zu verzehren.


    Zitat

    Original von bereth
    Zudem ignorierst du den Punkt, den Nusma, Kharaz und ich so klar vertreten: Was gibt einem das Recht, über das Leben anderer zu bestimmen? Wenn das für Mörder gelten soll, wieso soll es bei jenen, die ihn in die Ecke treiben und ihn für schuldig sprechen, auf einmal nicht mehr wichtig sein? Das ist Heuchelei. Heimtückisch, pure Rachelust, ohne Verstand. Wo kämen wir denn hin, wenn dann auch die Familie des Mörders auf einmal fordern würde, dass seinem Tod "Gerechtigkeit" zuteil werden soll? Die Vollstrecker gegen eine Wand stellen? Also bitte, ich bin wirklich froh, dass unser Rechtssystem nicht auf solchen Ansichten fußt.


    Wenn es nur darum geht, möchte ich folgende Frage stellen: Was gibt dem Richter das Recht, Dich überhaupt zu verurteilen?


    Die Rechtssprechung basiert darauf, dass unabhängige, frei nach ihrem Gewissen entscheidende Richter über den Überführten richten können und dürfen. Somit ist das Recht, anderen das Leben abzuerkennen, nicht etwa eine einfache Formel, die man im Fall X anwendet. Dies sind Entscheidungen von Menschen, die mit Sicherheit lange mit sich selbst ringen, bis sie sich eben dazu entschließen. Vor allem hat ein Richter aber wohl kaum Rachsucht, Heimtücke und keinen Verstand in sich, wie Du indirekt behauptest.


    Zudem ist das System, das Du hier beschreibst, schlichtweg lächerlich. Einen überführten, mehrfachen Mörder über die Rechtssprechung, über einen Richter, der nach freiem Gewissen entscheidet, zu töten, macht den Richter also zu einem Mörder, den man wiederum ebenfalls hinrichten müsste? Wenn Du mal darüber nachdenkst, wirst Du recht schnell erkennen, dass Du zwar logisch gesehen Recht, aber menschlich gesehen ganz schön daneben gegriffen hast. Die Todesstrafe basiert schließlich darauf, dass der Überführte ein dermaßen abscheuliches Verbrechen begangen hat, dass er mit der schlimmsten möglichen Strafe - dem Tod - bestraft werden muss. Willst Du mir jetzt also sagen, dass der Richter einen zwanzigfachen Mord begangen hat, sobald er den Überführten zum Tode verurteilt? Oder dass er eine Bombe in einer belebten Einkaufszone gezündet hat? Dass er hunderte Kinder vergewaltigt hat, aus reinem Zeitvertreib?


    Auch wenn sich der Richter zum Mörder macht, so tut er es im Sinne der Rechtssprechung. Wie man über die Rechtssprechung selbst denkt (also pro / kontra Todesstrafe), ist da in erster Linie mal nebensächlich. Davon abgesehen, dass man dein System auf jeden anderen erdenklichen Fall weiterentwickeln könnte. Wenn man etwa lebenslang eingesperrt wird, hat man sein Leben auch praktisch verwirkt. Warum nicht den Richter verklagen, dass er einem das ganze Leben versaut und das Menschenrecht auf Freiheit geraubt hat?


    Zitat

    Original von Gizmo


    Aber wenn du so willst: Einen Mörder zu beseitigen, damit andere, nicht mordende Menschen leben können, halte ich was die "Menschlichkeit" betrifft vom Blickwinkel abhängig. Außerdem gab es da noch früher mal diesen folgenden Spruch: "Manchmal muss sich einer für das Wohl aller opfern" dem im Kino die meisten zustimmen, aber wenn es dann in die Realität geht heißt es dann "Das hat damit nichts zu tun".


    Und genau das würde ich unterschreiben. Ich habe weiter oben ja schon kurz und knapp dargelegt, dass "Menschlichkeit" ein sehr dehnbarer Begriff ist. Um ein kurzes Beispiel von zwiespältiger Menschlichkeit zu zeigen: Nehmen wir an, ein junges Mädchen wird vergewaltigt und wird dabei geschwängert.
    Es wäre einerseits "menschlich", das Kind anzunehmen und es großzuziehen; andererseits wäre es auch nur "menschlich", es abzutreiben aus Angst davor, ständig an die ungeheure Tat erinnert zu werden, wenn man das Kind nur anschaut.


    Zitat

    Original von bereth
    [...]
    Woran machst du fest, dass ein Mörder seine Menschlichkeit und das Recht auf Behandlung unter den unsrigen Gesetzen verliert? Verliere ich meine Menschlichkeit, weil ich jemanden töte, um einen geliebten Menschen zu schützen? Bin ich unmenschlich, wenn ich aus Leidenschaft handle, etwas so menschlichem, wie es nur sein kann?


    Das war allerdings ein Absatz, wo ich mich doch schon schwer wundern musste. Es ist also nicht unmenschlich, jemanden aus Wut umzubringen? (Wut ist auch nur eine Art von Leidenschaft.) Und jemanden zu töten, weil man einen geliebten Menschen schützen will? Nennt sich im Normalfall "Notwehr", und in allen anderen Fällen "Totschlag aus niederen Gründen".


    Aber mal ernsthaft: verliert man nicht zumindest einen Teil seiner Menschlichkeit, wie wir sie in Deutschland sehen, wenn man jemanden umbringt?
    Ich sage: ja. Die Sache ist, dass Menschlichkeit in unserer Begriffsdefinition damit zusammenhängt, dass man andere Menschen auch wie Menschen behandelt. Spricht man ihnen eigenwillig das Recht auf Leben ab, behandelt man sie nicht mehr als Menschen (Menschenrecht auf Leben, Freiheit etc, all die Dinge, die einen Menschen eben ausmachen) und verliert damit zugleich einen Teil seiner Menschlichkeit.


    Ich möchte damit nicht sagen, dass man Mörder hinrichten sollte, weil sie ihre Menschlichkeit verloren haben. Aber wer nennt schon einen Mörder "menschlich"? Selbst ein "Mord aus Liebe" ist und bleibt nur ein Mord.


    Wenn jetzt jemand sagt, dass das Gleiche dann auch für die Richter und Henker gilt, welche die Verurteilten umbringen, dann stimme ich dem zu. Ein Todesurteil kann auch an diesen Leuten nicht spurlos vorüber ziehen. Sie werden sich zumeist damit trösten, dass sie der Gesellschaft einen Dienst erweisen und die vor Verbrechern schützen, aber dennoch ist und bleibt Mord für mich unmenschlich. Das ist auch einer der Gründe, warum ich die Todesstrafe nicht gutheiße; in anderen Ländern mit anderen Definitionen von Menschlichkeit mag das anders sein, aber ich bin froh, dass es in Deutschland keine Todesstrafe gibt.


    Zitat

    Original von Hellton
    Ich finde das "Um den Mörder davon abzuhalten je wieder zu Morden." eine schlechte Begründung für die Todesstrafe ist. Denn die Alternative liegt klar auf der Hand, Lebenslänglich einfahren, was man ja statt der Todesstrafe auch einfüren könnte. Monentan ist Lebenslänglich in Deutschland 20 Jahre? Und mit Sicherheitsverwahrung anschließend doch Lebenslänglich? Weis grad nicht so bescheid, da ich mit sowas zum glück nicht viel am Hut habe.


    Daher bin ich gegen die Todesstrafe, denn das ist einfach zu endgültig. Was wenn tatsächlich noch entlastende Beweise auftreten, wer möchte dann dafür verantwortlich sein einen Unschuldigen getötet zu haben? Ihn im Nachhinein frei lassen ist noch möglich auch wenn er dann nactürlich zu unrecht eingesessen hat.


    Zu Punkt 1 muss ich sagen, dass die Idee dahinter gar nicht mal blöd ist. Die Alternative, unsere lebenslange Haftdauer, wird zwar eher selten in eine befristete Haftstrafe verwandelt, aber auch hier ist es schon öfters passiert, dass etwa Vergewaltiger, die angeblich geheilt aus dem Knast gekommen sind, sich wieder an Kinder / Frauen / Männer vergriffen haben. Es hätte nicht passieren können, hätten wir die Vergewaltiger erschossen. (Arg rational und sehr unmenschlich klingend, ich weiß, aber dennoch die Wahrheit.)


    Trotzdem muss ich sagen, dass auch ich lieber die Leute leben lassen würde, als sie hinzurichten, einfach weil die Chance besteht, sie zu einem besseren Leben zu führen. Inwiefern das mit der lebenslangen Haftstrafe klappen soll, verstehe ich allerdings nicht. Ich bezweifle, dass das Gefängnis eine gute Erziehungsanstalt abgibt.


    Punkt 2 ist natürlich eines der größten Argumente der Todesstrafen-Gegner. Was, wenn man einen Unschuldigen hingerichtet hat, was ja ebenfalls öfters mal passiert ist? Man muss hier natürlich sagen, dass in unserer heutigen Zeit nicht mehr viel dem Zufall überlassen ist. Indizienprozesse werden selbst in Amerika nur noch selten geführt, und falls es doch einen gibt, ist meines Wissens nach der Tod als mögliche Strafe ausgeschlossen worden, eben weil es nur Indizien sind.


    Zitat

    Original von bereth
    Richtig, und die meisten von ihnen handeln auch nie wieder gegen das Gesetz nach ihrer Freilassung.
    Quod erat demonstrandum. =)


    ... Sagt wer? =)
    Wenn wir das Ganze mal kühl und rational gesehen durchgehen, schaut es doch so aus: 15-25 Jahre im Gefängnis verbracht, dasselbe wahrscheinlich bereits als ein "zweites Zuhause", vielleicht sogar als das Zuhause angenommen; kein großartiger Kontakt zur Außenwelt gehabt, keine vernünftige Lehre (die Lehren in Gefängnissen sind zwar ein netter Versuch, aber leider nicht wirklich ausreichend), aufgrund der Vergangenheit eine sehr, sehr schwierige Jobsuche, ganz davon abgesehen, dass man, etwa als ehemaliger Vergewaltiger, einen verdammt schweren Stand in unserer vorverurteilungs- und gerüchtegeilen Gesellschaft hat.


    Wenn wir das alles also im Hinterkopf behalten - wie wahrscheinlich ist es, dass da jemand auf die alten Pfade zurück fällt?


    Und ich nenne jetzt sicher keine Zahlen, weil ich keine kenne und auch keine gefunden habe. :xugly:
    ___


    Abschließend möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass ich gegen die Todesstrafe bin, da ich sie für unmenschlich halte und sie gewissermaßen unnütz, wenn auch geldsparend ist. Dennoch bin ich einer der sentimentalen Menschen, die an das Gute in jedem glauben und hoffen, dass man solche Leute zumindest dazu bringen kann, ihre Taten zu bereuen. Wenn sie mit Reue sterben, ist mir das mehr wert, als wenn ich sie exekutiere.


    Greets


    "Man sollte glauben, das Leben sei ein einfaches Thema.
    Wenn man die 10 Gebote beherzigen würde, dann wäre es auch so.
    Dummerweise macht das heutzutage kein Mensch mehr."
    - Philip Weisel

  • Da hast du einiges falsch verstanden und berufst dich somit auf Argumente, die ich gar nicht genutzt habe. Ich versuche die Dinge mal zu berichtigen bzw. klarer herauszustellen, da mir bewusst ist, dass unsere Sicht der Dinge (nicht in Bezug auf die Todesstrafe, sondern unser Weltbild) sich wohl unterscheidet und du daher vielleicht einige meiner Ansätze (da wohl nicht weiträumig genug erklärt) missverstanden hast.



    Zitat

    Original von Al Fifino
    Die Frage ist jetzt also: Inwiefern willst Du rechtfertigen, dass Menschlichkeit mit dem Nicht-Töten von Insekten zu tun hat? Es ist eine Sache, ein Insekt auszulöschen - ein kleines, für den Menschen meist kaum beachtetes Wesen - und wieder eine andere, einen Menschen zu töten, der von seiner Wahrnehmung her genauso weit ist wie man selbst. Genausowenig hat Menschlichkeit etwas mit dem Essen von Fleisch zu tun. Der Mensch ist schließlich ein Säugetier und somit, rein von der Natur aus gesehen, vollkommen berechtigt, zu "jagen" und Fleisch zu verzehren.


    Das war bspw. keine Sekunde Teil meiner Argumentation.
    Mir ging es an diesem Punkt vor allem um die Ignoranz und Arroganz, die Menschen mit sich bringen. Menschlichkeit wird nur auf den Menschen bezogen? Also ist menschliches Handeln exklusiv? Wenn ich also eine Katze erschlage, weil es mir Spaß macht, bin ich nicht unmenschlich, das ist ein interessanter, aber viel zu egozentrischer Ansatz, den man leider viel zu oft bei unserer Spezies beobachten kann.
    Ich denke, da ist die Begrifflichkeit freilich auch zu eng gefasst, im Grunde ist mir allein das Wort "menschlich" schon ein Dorn im Auge. Menschen proklamieren doch stets, welche Weitsicht diese unsere Spezies nicht besitzt und dann soll Grausamkeit nur dann eben als genau das angesehen werden, wenn es um andere Menschen, aber nicht Lebewesen an und für sich geht?
    In meinen Augen nur wieder ein Beweis, wie heuchlerisch unsere Spezies doch mit ihrer "Intelligenz" umgeht.



    Zitat

    Original von Al Fifino
    Zudem ist das System, das Du hier beschreibst, schlichtweg lächerlich. Einen überführten, mehrfachen Mörder über die Rechtssprechung, über einen Richter, der nach freiem Gewissen entscheidet, zu töten, macht den Richter also zu einem Mörder, den man wiederum ebenfalls hinrichten müsste?


    Auch hier hast du mich ganz klar missverstanden.
    Ich beschrieb kein "System", in welchem der Richter "offiziell" ebenfalls hingerichtet werden müsste, sondern ging lediglich auf die verzerrte Logik des Gedankens hinter der Todesstrafe ein. Insofern stimmst du mir mit der Erweiterung dieses Bild nur weiter zu, denn du stellst noch klarer als ich heraus, wie absurd dieser Weg wäre.
    Mir ging es um den Rachegedanken, der in meinen Augen einzige Motivation von Befürwortern der Todesstrafe sein kann. Dieser Rachegedanke wohnt wohl in jedem, der einen geliebten Menschen verliert – auch in Angehörigen des Mörders, möchte ich meinen. Insofern sollte mein Bild nur die Absurdität hinter diesem Motiv herausstellen. Was du nun freilich durch Erweiterung des Ganzen noch klarer gemacht hast, daher muss ich mich wohl bei dir bedanken. :zwinkern:


    Aber eben weil unser Rechtssystem nicht auf einem Rachegedanken fußt, sondern auf Prävention (vor dem Verbrechen) und eventueller Läuterung des Täters, ist das Recht für Verurteilung im rechtlichen Sinne automatisch gegeben, da dies die nach unserem System legitime Variante ist, die beiden Säulen (also Prävention und Läuterung) in die Tat umzusetzen.



    Zitat

    Original von Al FIfino
    Das war allerdings ein Absatz, wo ich mich doch schon schwer wundern musste. Es ist also nicht unmenschlich, jemanden aus Wut umzubringen? (Wut ist auch nur eine Art von Leidenschaft.) Und jemanden zu töten, weil man einen geliebten Menschen schützen will? Nennt sich im Normalfall "Notwehr", und in allen anderen Fällen "Totschlag aus niederen Gründen".


    Aber mal ernsthaft: verliert man nicht zumindest einen Teil seiner Menschlichkeit, wie wir sie in Deutschland sehen, wenn man jemanden umbringt?


    Hier hast du ebenfalls nicht weit genug gedacht, um meinen Einwurf zu verstehen, sondern sahst lediglich den Mord an sich, bist aber vom Motiv weggegangen, das ich immer so eingehend betrachte.


    Worum geht es mir hier vor allem?
    Gefühle sind menschlich. Wenn ich also aus einem Gefühl heraus (!), sei es Wut, Liebe, Eifersucht oder anderes, töte – macht mich das nicht zu einem Unmenschen, im Gegenteil. Denn ich handle nach dem größten Attribut, das man unserer Spezies doch so gerne exklusiv zuspricht (obwohl auch Tiere fühlen können, nur ist noch unklar, in welchem Maße). Einen Menschen, der aus einem Gefühl heraus so eine Tat begeht, als unmenschlich zu bezeichnen, ist schon ein Widerspruch an sich. Daher distanziere ich mich ganz klar von solchen Einteilungen, wenn ich über Mörder oder dergleichen spreche. Das sind keine Monster, sondern sie geben ihren menschlichen Gefühlen auf fehlgeleitete Art und Weise nach. In dem Sinne ist es also nur wieder ein Argument GEGEN die Todesstrafe – denn die Art und Weise, wie man mit seinen Gefühlen umgeht, kann man ändern. :nick:



    Zitat

    Oroginal von Al FIfino
    Und ich nenne jetzt sicher keine Zahlen, weil ich keine kenne und auch keine gefunden habe. :xugly:


    Gut, in dem Punkt muss ich sagen, dass wir wohl beide nichts beweisen können, ehe wir keine Zahlen vorweisen können. Touché. xD

  • Zitat

    Original von bereth
    Das war bspw. keine Sekunde Teil meiner Argumentation.
    Mir ging es an diesem Punkt vor allem um die Ignoranz und Arroganz, die Menschen mit sich bringen. Menschlichkeit wird nur auf den Menschen bezogen? Also ist menschliches Handeln exklusiv? Wenn ich also eine Katze erschlage, weil es mir Spaß macht, bin ich nicht unmenschlich, das ist ein interessanter, aber viel zu egozentrischer Ansatz, den man leider viel zu oft bei unserer Spezies beobachten kann.


    Da scheinst Du mich jetzt missverstanden zu haben. Worauf ich schlussendlich hinaus wollte, ist eben diese weite Dehnbarkeit des Begriffs "Menschlichkeit", oder auch "menschliches Handeln". Ich würde es ebenfalls als unmenschlich betrachten, eine Katze zu erschlagen; allerdings ist diese Tat auch durch Gesetze verboten und somit nicht unbedingt ein gutes Beispiel.
    Die Sache mit den Insekten ist folgende: Spinnen werden mit dem Staubsauger oder einem Schlappen vernichtet, weil sie eklig sind. Sie tun nichts anderes, als herumzukrabbeln, Netze zu basteln und diese genau dort hinzuhängen, wo man zwangsläufig vorbei läuft. Katzen dagegen sind groß, knuddelig und allgemein als Haustier bekannt.
    Welchem der beiden Tierchen würdest Du jetzt mehr Aufmerksamkeit und Sympathie schenken, und welches würdest Du eher, wenn überhaupt, erschlagen? Und nein, keine Sorge: Die Spinne zu erschlagen, gilt nicht als unmenschlich. ;-)
    Das Töten eines Insekts ist zumeist eher eine unbewusste Tat, oder im Falle der Spinne eine, die man macht, weil man sich in gewisser Weise bedroht fühlt. Wenn man es total auf die Spitze treiben wollte, könnte man von einem Fall der Notwehr sprechen. Schlussendlich sind Insekten schlichtweg Lebewesen, auf welche die Menschen zu wenig achten, um ihnen Menschlichkeit einräumen zu können.


    Dein Argument hatte sich halt so angehört, als müsse man jeden, der Insekten tötet, die Fähigkeit zusprechen, auch Menschen töten zu können. Und das ist ein wenig... krass. Ungefähr so krass wie das Notwehr-Prinzip bei der Spinne. :xugly:


    Dem zweiten Teil deines Beitrags stimme ich voll und ganz zu, schon alleine deshalb, weil es das ist, was ich ausdrücken wollte. Hier sind wir uns also schon mal einig.


    Zitat

    Original von bereth
    Auch hier hast du mich ganz klar missverstanden.
    Ich beschrieb kein "System", in welchem der Richter "offiziell" ebenfalls hingerichtet werden müsste, sondern ging lediglich auf die verzerrte Logik des Gedankens hinter der Todesstrafe ein. Insofern stimmst du mir mit der Erweiterung dieses Bild nur weiter zu, denn du stellst noch klarer als ich heraus, wie absurd dieser Weg wäre.
    Mir ging es um den Rachegedanken, der in meinen Augen einzige Motivation von Befürwortern der Todesstrafe sein kann. Dieser Rachegedanke wohnt wohl in jedem, der einen geliebten Menschen verliert – auch in Angehörigen des Mörders, möchte ich meinen. Insofern sollte mein Bild nur die Absurdität hinter diesem Motiv herausstellen. Was du nun freilich durch Erweiterung des Ganzen noch klarer gemacht hast, daher muss ich mich wohl bei dir bedanken. :zwinkern:


    Hier scheinst Du den zweiten Teil meines Beitrags übergangen zu haben, nämlich genau jenen, der im Zitat nicht drin steht. Du beschreibst insofern ein System, als dass Du sagst, was man machen müsste, wenn man dem Richter das Recht auf das Verhängen der Todesstrafe gibt. Es ist zwar kein System, das in irgendeinem Land Gültigkeit besitzt, aber dennoch ein System. Außerdem ist Mord nicht gleich Mord, so abstrus das auch sein mag. Kein Soldat wird wegen Mordes angeklagt, und auch kein Richter. Beide tun ihre Arbeit für die Regierung ihres Landes.


    Der Rachegedanke selbst ist mit Sicherheit eine starke Triebfeder des Verlangens nach der Todesstrafe. Dennoch ist die Rechtssprechung als absolut neutral anzusehen, und ich bezweifle, dass man das Gesetz eingeführt hat, nur um die Rachegelüste der Verbliebenen zu beschwichtigen. Vielmehr ging es wohl wirklich um die Grausamkeit, welche mit der Todesstrafe einher geht, und der daraus erhofften präventiven Wirkung. Dass es diese nicht wirklich gibt, ist mit vielen Studien bewiesen worden; ein weiterer Grund gegen die Todesstrafe.


    Zitat

    Original von bereth
    Aber eben weil unser Rechtssystem nicht auf einem Rachegedanken fußt, sondern auf Prävention (vor dem Verbrechen) und eventueller Läuterung des Täters, ist das Recht für Verurteilung im rechtlichen Sinne automatisch gegeben, da dies die nach unserem System legitime Variante ist, die beiden Säulen (also Prävention und Läuterung) in die Tat umzusetzen.


    Ich weiß nicht so recht, was das genau heißen soll. Das Recht für Verurteilung im rechtlichen Sinne ist automatisch gegeben, sobald jemand eine Straftat begangen hat. Das hat nichts mit einem Rechtssystem mit oder ohne Rachegedanken zu tun.
    Erklär' bitte nochmal, was Du da genau gemeint hast. xD


    Zitat

    Original von bereth
    Hier hast du ebenfalls nicht weit genug gedacht, um meinen Einwurf zu verstehen, sondern sahst lediglich den Mord an sich, bist aber vom Motiv weggegangen, das ich immer so eingehend betrachte.


    Worum geht es mir hier vor allem?
    Gefühle sind menschlich. Wenn ich also aus einem Gefühl heraus (!), sei es Wut, Liebe, Eifersucht oder anderes, töte – macht mich das nicht zu einem Unmenschen, im Gegenteil. Denn ich handle nach dem größten Attribut, das man unserer Spezies doch so gerne exklusiv zuspricht (obwohl auch Tiere fühlen können, nur ist noch unklar, in welchem Maße). Einen Menschen, der aus einem Gefühl heraus so eine Tat begeht, als unmenschlich zu bezeichnen, ist schon ein Widerspruch an sich. Daher distanziere ich mich ganz klar von solchen Einteilungen, wenn ich über Mörder oder dergleichen spreche. Das sind keine Monster, sondern sie geben ihren menschlichen Gefühlen auf fehlgeleitete Art und Weise nach. In dem Sinne ist es also nur wieder ein Argument GEGEN die Todesstrafe – denn die Art und Weise, wie man mit seinen Gefühlen umgeht, kann man ändern. :nick:


    Da sind einige Brocken dabei, mit denen ich nicht wirklich einverstanden bin. Egal, wie stark Gefühle sind - ein Mensch verfügt normalerweise über die Gabe, sie soweit zu kontrollieren, dass er sich nicht gleich zu einem Mord hinreißen lässt. Schafft er das nicht, sind die Morde entweder in extremsten Situationen entstanden (was öfters in einer Verurteilung wegen Totschlags oder Mord im Affekt endet) oder er ist "krank im Kopf". Ist dies beides nicht der Fall, der Mord etwa aus langer Hand geplant gewesen, haben wir die besondere Schwere der Schuld.
    Natürlich ist nicht jeder, der einen Mord begeht, automatisch ein Psychopath. Aber jeder, der einen Mord begeht, verliert insofern ein Stück seiner Menschlichkeit, da er es geschafft hat, Hass / Wut / Geldgier soweit nachzugeben, dass er seinesgleichen tötet. Er muss zudem gegen nicht wenige seiner inneren Instinkte gehandelt haben, denn dass man nicht tötet, ist in jedem Menschen "eingraviert". (Anderes Thema, über das es sich zu sprechen lohnen würde, aber nicht unbedingt hier.) Wenn er also so anders als ein Mensch handelt, wie kann man ihm dann noch makellose Menschlichkeit bescheinigen?
    Zwar war ich noch nie in einer solchen Situation - genügend Wut im eigenen Kopf, dass ich jemanden hätte umbringen wollen - aber ich bezweifle, dass ich es überhaupt schaffen würde, es jemals soweit kommen zu lassen. Auch das "Umerziehen" von Personen ist eine Sache für sich. Die Todesstrafe wird schließlich nicht für jeden x-beliebigen Kandidaten in Betracht gezogen, sondern eben für jene Fälle, bei denen man nicht an eine Besserung glaubt. Den "wahren" Psychopathen, sozusagen.


    Natürlich ist das Motiv bei Morden für die Verurteilung ausschlaggebend, das werde ich sicherlich nicht bestreiten. Aber das, was Du sagst, hört sich wie eine Rechtfertigung für Morde an. Jeder Mord entsteht aus einer Gefühlswallung (oder aus einem vollkommenen Ausbleiben von Gefühlen), aber das macht sie nicht besser, auch nicht wirklich verständlicher. Ein Mord ist kein "Ausrutscher", der halt einfach mal passieren kann. Und ein Mord entsteht nicht wegen der Menschlichkeit der Mörder, sondern wegen ihrer (eventuell kurzzeitigen) Blindheit der Menschlichkeit gegenüber.


    Schlussendlich kann man sich hier allerdings totargumentieren. Ich verstehe, was Du meinst, kann es aber nicht nachvollziehen, aus den oben genannten Gründen. Ich glaube auch nicht, dass einer von uns den anderen vollends überzeugen könnte, weil wir wohl beide zu Teilen Recht haben.


    "Man sollte glauben, das Leben sei ein einfaches Thema.
    Wenn man die 10 Gebote beherzigen würde, dann wäre es auch so.
    Dummerweise macht das heutzutage kein Mensch mehr."
    - Philip Weisel

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