Nordkoreaner "trauern" um ihren Diktator

  • Seit dem der kürzlich vestorbene Diktator von Nordkorea Kim Jong-il von der Bildfläche verschwunden ist, kursieren im Netz und im Programm des staatseigenen nordkoreanischen Fernsehsenders Videos und Berichte über trauernde Massen, die zusammen in Heulkrämpfen auf dem Boden liegen. Es handelt sich dabei um eher weniger bekannte und auch eher weniger talentierte Schauspieler und militärisch gezwungene Passanten.


    Die veröffentlichten Videos, die zum Teil schon ins Lächerliche gehen, sollen Aussenstehenden offenbar eine scheinbare Beliebtheit des Diktators und des Regimes präsentieren. Außer Acht gelassen wird dabei die sogenannte "vierte Wand", den Blickwinkel, den die Filmkamera nicht abdeckt. Darin stehen schwer bewaffnete Militärs, die die Teilnehmer augenscheinlich zur Authentizität "motivieren" sollen und von Zeit zu Zeit in den Bildrändern zu sehen sind.


    Während dessen befindet sich Südkorea einmal mehr in erhöhter Alarmbereitschaft, da das Amt des Diktators nun auf den Sohn Kim Jong-un übergehen soll und bereits auffällige feindliche Aktivitäten des nordkoreanischen Militärs verzeichnet sein sollen. Der in der Schweiz aufgewachsene Diabetiker sei schwer einzuschätzen, da er während seiner Ausbildungszeit zwar durch sehr gute Noten und Weltoffenheit aber auch durch seine Schüchternheit und Tendenz zum sog. "Mobbingopfer" aufgefallen sei.


    Quellen: N-TV, Handelsblatt, privat




    Na mal sehen. Was denkt ihr über die Zukunft in diesem wundersamen Land?

  • Ich denke es wird ein Schauspiel wie damals bei Stalin ablaufen, nur etwas in kleinerem Maße. Man wird ihn mit viel Pomp und Riesenbrimborium beisetzen, die enorme Volkstrauer propagieren und im Hintergrund laufen unterdessen die Rangeleien ab, wer die Nachfolge antritt. Sein Bengel mag offiziell vielleicht jetzt eingesetzt werden, aber die Frage ist, ob da nicht andere noch dahinter stehen werden, denn so lange ist er noch nicht die Nummer Zwei hinter dem Führer.
    Dann folgen jetzt womöglich einige Entwöhnungen, um eigene Akzente der neuen Führung zu setzen. Inwieweit man die betreibt und den Irren entzaubert, um nun den Nachfolger zu stilisieren ist sicher noch offen. Dazu kommt, der Verstorbene hat seinen alten Vater ja zum Gott und ewigen Führer stilisiert. Neben dem ist ja nun für Kim Il kein Platz, denn zwei "ewige Führer" dürften etwas lächerlich sein. Ich denke mal man wird im Lauf der nächsten Jahre eine Art "Entkimialisierung" erleben, wie es eben nach 1953 in der SU und dem Ostblock geschah, oder als damals Honecker bei uns den alten Ulbricht absägte.


    Zu hoffen bleibt auch, dass es kein zu großes Machtgerangel gibt und alles stabil bleibt. Zum Einen wäre eine militärische Eskalation angesichts nuklearer Waffen bedenklich. Zum Anderen, wenn es politisch auseinanderfällt, wäre das wirtschaftlich für Südkorea und Südostasien mindestens genauso katastrophal in der jetzigen Weltwirtschaftslage. Das beste ist, wenn die dort die Lage rasch in den Griff kriegen und eher langsam eine Öffnung betreiben und die Zweistaatenlösung nicht mit einem Mal beenden. Aber von dem, was ich so von Bekannten aus Südkorea weis, haben die aus unserer "Vereinigung" durchaus ihre Sache gelernt und würden so etwas ebenfalls nicht wollen.

  • Ich finds schon lustig. Die Asiatischen Regierungen sind immer so versessen darauf, als perfekte, ehrenhafte, mächtige Nationen dazustehen, die über jeden Zweifel und Kritik erhaben sind. Und dann kriegt man Bilder und Nachrichten von solchen bescheuerten Propaganda Aktionen und gerade dadurch verschlechtert sich die Meinung von uns über diese Regierungen immer weiter...ich frag mich manchmal: merken die das einfach nicht und denken wir sind blöd, oder ist es Ihnen egal, dass wir da durchblicken?

    Ich gehöre zu der Sorte Menschen, die die wichtigen Fragen des Lebens stellen!


    Fragen wie:


    "Was ist hinter dieser Tür?"
    "Steht das wirklich unter Strom?"
    "Pass ich da durch?"
    "Wofür ist dieser Knopf gut?"

    Und: "Brauch ich dafür wirklich einen Fallschirm?"

  • Ich denke, dies bedeutet mehr, als dass man nur sagen kann: "Die sind doch blöd... da sieht man doch, dass das gefakt ist!" oder "Wollen die uns für blöd verkaufen?".


    Ich weiß nicht so recht, wie ich es beurteilen soll. Man wird schon in die Richtung geschoben, alleine durch die Artikel die es zu lesen gibt, dass es ein Fake ist, und alles nur gestellt. Aber man muss die Situation im Land bedenken. Dieses Land ist isoliert (wenn auch selbstverschuldet) und befindet sich in meinen Augen noch im Kriegszustand - und das seit Jahren. Die einzige Konstante, etwas das man kennt ist halt der Diktator gewesen. Und weiterhin zeigen Jahre lange Propaganda auch ihre Spuren. Ob es nun echt oder künstlich war, mag ich hier gar nicht mal im Viordergrund stellen, schließlich wird es einige getroffen haben.


    Ich denke, das ganze wird nicht gut ausgehen. Das Problem ist, die Poliutik war auf den Diktator ausgerichtet. Nun strömen im Land die einzelnen Mächte und versuchen das Machtvakuum auszufüllen. Wird es eine Person schaffen sich durchzusetzen? und wenn ja, wie? Doch das ist nur die Innenseite. Was machen die äußeren Mächte? Halten sie still? Ich hoffe es, denn ansonten wird sich der Tod als Anfang einer Tragödie herausstellen.


    Askel: Das hat nichts mit Asien zu tun, sondern mit der extremen Variante des Kommunismus (dieser Ausdruck ist sehr gewagt, hängt euch bitte nicht daran auf, mir fällt kein besserer ein). Diese Propaganda wurde jahrelang schon ausgeführt - und muss jetzt aufrecht erhalten werden. Denn schließlich wollen sie ihr Land nach außen schützen. Und da können sie es sich nicht wirklichleisten, wenn außere Mächte sich nun einmischen, wenn sie im innern nicht stabil sind. Und sei mal ehrlich... viel anders als, dass was man in unseren Breiten serviert bekommt ist es auch nicht. Was uns verunsichert sind die großen Überschriften wie "Trauer um Kim Jong Il: Das Regime lässt wehklagen" die eine eigene Meinung schon unterbuttern.


    Gizmo: Was meinst du wie sich ein "unbeliebter Vollidiot" fühlt? Solche Kommentare sind zutiefst beleidigend und gehören schon gar nicht in eine solche Diskussion.

  • Was ihr alle dabei außer Acht lasst, ist, wie wichtig es Asiaten im allgemeinen ist, ihr Gesicht nicht zu verlieren. Für einen westlichen Menschen ist es in Ordnung einen Fehler einzugestehen, weil man danach meist besser da steht, als wenn man auf dem Fehler beharrt.
    Für einen Asiaten ist das ein Ding der Unmöglichkeit, denn einen Fehler einzugestehen, würde heißen die eigene Ehre zu verlieren, sein Gesicht zu verlieren und auf ewig in Schande zu leben.
    Deshalb können asiatische Regime, oder zumindest Ostasiatische, es nicht zulassen, dass sie nach außen hin als unkontrollierter und schwacher Haufen wirken.
    Auch wenn es für jemanden aus dem Westen, wie uns, offensichtlich ist, dass das alles gefaked ist, dass das Mumpiz ist, etc, Hilft es den Regime ihr Gesicht vor sich selbst zu waren. Lieber ewig gute Miene zum bösen Spiel, als zugeben "Ja unser System funktioniert wohl doch nicht."


    Was außerdem noch dazu kommt, ist immer die Angst vor Machtverlust. Stellt euch mal vor, man würde nicht mehr Propagieren und Zensieren.... dann würde ja bald Chaos und schlimmstenfalls am Ende sogar Demokratie herrschen. Dann hätten die jetzigen Mächtigen, dann vielleicht gar keine Macht mehr... Ich weiß, es klingt lächerlich, aber so denkt jemand, der Macht hat und nicht durch eigene Stärke und Qualität an der Macht bleiben kann...

  • Ich halte die Abneigung, die man dem Regime dort entgegen bringt, für gerechtfertigt, muss ich ehrlich sagen. Ist es denn nicht unmenschlich, das eigene Volk in bitterer Armut leben zu lassen, nur damit das Militär finanziert wird und Atomwaffen erforscht werden können? Von daher kann ich Gizmos Aussage, in der er Nordkorea als "unbeliebten Vollidioten, der versucht cool zu sein" darstellt auch nachvollziehen. Nicht nur, weil es, wie Vyserhad bereits bemerkt hat, eindeutig negativ behaftet ist, sondern auch weil dieses Beispiel meiner Meinung nach die Rolle Nordkoreas auf dem Schulhof der Welt relativ treffend beschreibt. Ist es denn nicht so, dass sich Nordkorea isoliert, damit es mit niemandem was zu tun haben muss und andersherum, dass niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben möchte? Sollte Merekos Darstellung von den Motiven Nordkoreas tatsächlich stimmen, dann unterstreicht das nur die Personifikation Nordkoreas als unbeliebten Vollidioten, der versucht cool zu sein.


    Ich kann nur hoffen, dass der neue Machthaber ein weitaus aufgeklärterer Mensch ist, der nicht mehr auf dem verrückten asiatischen Stolz von Kim Jong-Il beharrt und eine zukunftsweisendere, demokratische Politik betreibt. Aus diesem Land kann noch etwas werden, wenn man es richtig macht. Das hat die Vergangenheit an meinem eigenen Land gezeigt.


    ...
    Übrigens, sogar Gizmo hat in seiner Einleitung über Kim Jong-Il nur "von der Bildfläche verschwunden" geschrieben. Was spricht denn dagegen, dass er einfach nur tot ist? Ist er es denn nun, oder ist er einfach nur "verschwunden"?
    Wird da was verheimlicht oder wie?

  • Danke für eure ausführlichen Antworten. Ich hab nicht mehr viel hinzuzufügen. Zum Glück ist diese Ansicht der "Ehre" im ostasiatischen Raum mittlerweile eine eher mittelalterliche Einstellung die langsam aber sicher auch verfliegt. Aber immerhin befanden sich einige Gebiete dort bis vor hundert Jahren technologisch noch im finstersten Mittelalter.


    Zitat


    ...
    Übrigens, sogar Gizmo hat in seiner Einleitung über Kim Jong-Il nur "von der Bildfläche verschwunden" geschrieben. Was spricht denn dagegen, dass er einfach nur tot ist? Ist er es denn nun, oder ist er einfach nur "verschwunden"?
    Wird da was verheimlicht oder wie?


    Ich hab geschrieben dass er verstorben ist und dass er von der Bildfläche verschwunden ist. Im gegensatz zu einem fernöstlichen Diktator werd ich für immer von der "Bildfläche" verschwunden sein, wenn ich tot bin, aber Kimi wird mit hoher wahrscheinlichkeit ein Mausoleum im Máo Zédong Stil mit Glassarg und dem ganzen Gedöns bekommen. Da wird anschließend zwar keiner freiwillig reingehen, aber für die Kamera kann man ja mal ein par Zivilisten reinscheuchen.


    Mehr war da nicht dahinter. Ich halte nicht allzuviel von Verschwörungstheorien.

  • Zitat

    Original von Gizmo
    Mehr war da nicht dahinter. Ich halte nicht allzuviel von Verschwörungstheorien.


    Aber im ersten Post von nicht erwiesener, da nicht aufgenommener schweren Militärpräsenz reden, welche die Zivilisten dazu zwingt, um ihren Führer zu trauern... Nicht, dass ich mir das nicht gut vorstellen könnte, bei einem Land wie Nordkorea, welches nicht einmal seine eigenen Leute zur Fußball-WM ausreisen lässt aus Angst, sie könnten nicht mehr zurückkehren. Aber mit Aussagen wie der in deinem ersten Post sollte man vorsichtig sein.


    Ich möchte dahingehend zwei kleine Beispiele nennen: Mao und Stalin. Beide waren Despoten, wie sie seit Hitler schrecklicher nicht hätten sein können; beide haben millionenfach gemordet, ihre Bevölkerung unterdrückt und einen Kult um ihre Person aufgebaut. Heute - nachdem das alles raus ist und es bestätigte Informationen gibt - wuseln noch immer Tausende von Stalin-Anhängern durch Moskaus Straßen, und Mao und seine Volksfibel ist noch immer ein "Star" in China.
    Dementsprechend sollte man nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen, wenn man um einen Diktator trauernde Menschen sieht. Es mag für uns westliche Menschen zwar saublöd klingen, Kim Jong Il auch nur eine einzige Träne nachzuweinen; für diese Leute war er aber, wie Vyserhad bereits gesagt hat, eine der wenigen Konstanten im Land. Bestimmt waren auch viele der Einwohner unzufrieden; aber mit Sicherheit gab es auch einige, die sich in ihre Lage eingefügt hatten und jetzt, da sie wieder einen radikalen Umbruch erleben, echte Trauer verspüren.


    Dass der neue Machthaber Kim Jong Un ein aufgeklärterer Mensch ist als sein Vater, lässt sich indess bezweifeln. Soweit ich das mitbekommen habe, wurde er in Nordkorea umgehend unter die Fittiche seines Vaters genommen, hat den ganzen Pomp und die Propaganda des Landes schlucken müssen und wahrscheinlich auch eingeschärft bekommen, wie er das Land zu führen hat. Davon abgesehen, hat das Militär in diesem Land eine große Macht; wenn also Kim Jong Un wider Erwarten plötzlich beschließt, dass ständig schwelende Konflikte eine schlechte Sache sind und man mit dem Abrüsten beginnen sollte, werden diese Militärs mit Sicherheit nicht einverstanden sein und ihm umgehend klar machen, dass er vermutlich nicht allzu viel zu melden hat, wenn sie es nicht wollen.


    Und ich muss Vyserhad zustimmen. Nordkorea ist kein unbeliebter Vollidiot, der cool sein will. Ein Land besteht aus seinen Menschen, und ich bin mir fast sicher, dass der Großteil der Bevölkerung lieber uncool und dafür satt wäre als anders herum. Man sollte ein Land nicht nach seinem Führer oder nach den Regierungen beurteilen, sondern nach seinen Bewohnern. (Siehe z.B. Ägypten, wo die Revolution wohl etwas war, was die wenigsten von uns erwartet hätten.)
    Und was die Regierungen selbst angeht, so stimme ich Mereko zu. "Ehre" ist etwas äußerst Wichtiges für Asiaten. Ein ehrenloser Mann hat sein Leben verwirkt, und Fehler eingestehen zu müssen, heißt, Schwäche zu zeigen. Und der Ehrenlose ist schwach. Das ist alles ein kleiner Teufelskreis, der sie zu immer fixeren Ideen bringt, wie eben teils unglaubwürdige Propaganda-Bilder; Hauptsache, man gibt nicht zu, Fehler begangen zu haben, egal, wie offensichtlich sie sind.


    Um auf die Frage des Threads zurück zu kommen: Ich glaube nicht, dass sich großartig etwas ändert. Die Tatsache, dass Kim Jong Un in der Schweiz studiert hat, bedeutet ohnehin nicht viel, vor allem im Angesicht der Macht der Militärs in Nordkorea. Das Land wird weiterhin eine Militärdiktatur bleiben, in welcher die Bevölkerung hungert und die oberste Schicht in Reichtum (und Waffen) schwelgt.


    Greets


    "Man sollte glauben, das Leben sei ein einfaches Thema.
    Wenn man die 10 Gebote beherzigen würde, dann wäre es auch so.
    Dummerweise macht das heutzutage kein Mensch mehr."
    - Philip Weisel

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