Suizid - freie Entscheidung oder unantastbar?

  • Puh... wie erkläre ich das am besten...
    Ich wollte keinesfalls jmd zum Vorwurf machen, dass es einem dreckig geht, dass kann jedem passieren. Ich hatte selbst schon Situationen, in denen es mir richtig beschissen ging.
    Und ihr habt Recht, ich habe tatsächlich nicht die geringste Ahnung davon, wie extrem eine echte Depression aussehen kann und wie tief die die Betroffenen runter zieht, hatte ich in meinem Umfeld zum Glück noch nie.
    Wofür ich jemandem aber Vorwürfe mache, ist das Aufgeben. Ich habe das Weltbild, dass man immer und jederzeit denken kann "Es wird irgendwann besser". Tut mir leid, ist wohl einfach mein weltfremder Optimismus und beständiger Glaube an die Hoffnung.


    @Sinaru: Ich hätte vielleicht erwähnen sollen, dass das was ich gesagt habe, sich nur auf "gesunde" Menschen bezieht und ich "assistierten Suizid" durchaus vertretbar finde. Wenn ein totkranker Mensch sich selber nur noch dahinsiechen sieht und dann beschließt, er möchte lieber sterben solange er noch seine Sinne halb beieinander hat, ist das in meinen Augen eine ganz andere Situation, wie wenn ein körperlich gesunder Mensch aus einer psychischen Erkrankung herraus beschließt, das Leben sei nicht mehr Lebenswert.


    Eines bleibt allerdings: Wenn es egoistisch ist, Selbstmörder egoistisch zu nennen, weil sie ihre Verantwortung gegenüber ihrem Leben und ihrem Umfeld aufgeben, dann bin ich wohl wirklich selber auch egoistisch....

  • Oookay.....zunächst einmal sorry, ich hatte keine Ahnung, dass mein Thema solch eine hitzige Diskussion auslösen würde. Ferner möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich mich etwas schwammig ausgedrückt habe. Ich habe das Thema auf Arbeit erstellt und es war alles etwas im Stress. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich mich mit der Thematik seit vielen Jahren beschäftige, vor allem auch aufgrund privater Umstände einiger meiner Freunde in diesen Jahren. Ich wage also zu behaupten, "einigermaßen" versiert auf diesem Gebiet zu sein, auch psychisch.


    LightningYu:
    Ich möchte dich bitten, mal wieder runterzukommen. Midna wollte dich ganz bestimmt nicht beleidigen. Ihr vertretet eben vollkommen gegensätzliche Standpunkte zu dem Thema, das solltest auch du akzeptieren. Dennoch kann man sachlich weiter darüber diskutieren, falls du magst. Aber dann bitte auch in einem ordentlichen Tonfall. Danke dir.


    Mereko:
    Ich schätze deine Beiträge sehr, vor allem, weil wir beide in vielerlei Hinsicht zwei völlig unterschiedliche Charaktere sind, die nur selten eine ähnliche Meinung haben, wie mir aufgefallen ist. Gerade dieser Aspekt mach das Diskutieren ungemein spannend. ;) :) Ich finde es gut, dass du deine Ansichten stets begründest und somit auch klar zu ihnen stehst. In diesem Fall gehen unsere Ansichten in der Tat so weit auseinander, dass man wirklich von Gegensätzen sprechen kann. Ich möchte deshalb auf einige deiner Argumente eingehen:


    Zitat

    Ich persönlich halte Selbstmörder für sehr feige und egoistische Menschen. Selbstmord zu begehen, weil mein keinen Sinn mehr sieht, heißt, dass man die Hoffnung verloren hat es könnte besser werden. Gleichzeitig vergessen solche Leute aber, dass es Menschen auf der Welt gibt, denen es weitaus schlechter geht und die trotzdem voller Lebensmut und Freude durchs Leben gehen können.


    Das ist ein komplett sinnloses Argument, sorry. Du wirst immer jemanden finden, dem es auf der Welt rein von der Schätzung her - man kennt die Menschen schließlich nicht - schlechter geht als dir. Selbst in der dritten Welt gibt es da noch Unterschiede. Dieses " schlecht gehen"wirkt sich aber bei jedem Menschen anders aus und liegt daran, dass jeder Mensch mit Empfindungen anders umgeht. Deshalb kann und darf man das nicht pauschalisieren. Beispiel: Zwei Frauen werden auf ähnliche Art und Weise vergewaltigt. Die eine fasst sich schnell wieder, zeigt den Kerl an und kompensiert den Vorfall mit Wut und Vergeltung. Die zweite Frau reagiert zerbrechlich, hat seitdem panische Angst vor Nähe und Berührungen, leidet unter Paranoia und Verfolgungswahn, schämt sich, und leidet noch viele Jahre lang psychisch an der Grausamkeit. Wenn man aber nach deinem Argument gehen würde, müsste die geschädigte Frau das recht schnell wegstecken können, schließlich gibt es da draußen massig Menschen, die noch viel Grausameres erlebt haben, als sie. So gesehen kannst du alle Grausamkeiten der Welt mit solch eine Aussage pauschalisieren, was wohl menschlich gesehen utopisch ist, da wir alle anders empfinden. Das ist demnach eine Milchmännchenrechnung, sorry.


    Zitat

    Und zum Egoismus: Jeder Mensch hat durch sein Leben eine verantwortung, ob es ihm gefällt oder nicht. Jeder Mensch hat durch sein Leben die Verantwortung, das Leben seiner Mitmenschen zu berreichern und zu verschönern und ihnen ein Vorbild zu sein, wie man das Leben nutzt. Sich für den Tod zu entscheiden, obwohl man sich physisch bester Gesundheit erfreut, heißt, dass man das Geschenk des Lebens wegschmeißt, dass man die vielen Chancen nicht nutzt und vor allem: Man verletzt seine Mitmenschen.


    Nunja, man hat zunächst einmal Verantwortung für sich selbst. Bei allem Respekt und Verständnis für die trauernden Mitmenschen: Aber es ist dein Leben, welches du leben und verwalten musst. Du wurdest in diese Welt entlassen, ob du es wolltest oder nicht. Natürlich ist das kein Argument in dem Sinne, aber man überlege sich, was auf diesem Planeten dank des Menschen alles abgeht: Man wird ja quasi direkt in ein Pool aus Haien hineingeworfen und muss sein ganzes Leben lang schauen, dass man nicht von einem Hai entdeckt und letztendlich erwischt wird. ...was meiner Meinung nach kaum möglich ist. Das Leben als "Geschenk" zu betrachten ist eine zwiespältige Aussage, die jeder anders interpretieren kann, da Niemand von uns weiss, was vor und nach dem Leben ist/war. Der Mensch ist ebenso ein Gewohnheitstier. Was glaubst du, warum rein statistisch sich wenig behinderte Menschen umbringen? Zum Beispiel blinde Menschen oder Menschen mit nur einem Bein? Weil sie gelernt haben damit zu leben. Diesen Typus kannst du aber nicht gleichermaßen auf die Psyche des Menschen anwenden, denn diese ist dafür viel zu sensibel wie komplex. Das erklärt auch, warum rein physisch gesehen, sich viel mehr "gesunde" Menschen umbringen. Ein Bein wird dir abgehackt und es ist weg. Eine Depression aber schleicht sich an - ausgelöst durch eine stetige Abfolge gleichen Leids. Oftmals checkst du das ja selbst gar nicht erst, du wunderst dich nur über seltsame Dinge die in deinem Kopf so vorgehen und über Aussagen von Freunden, die dir plötzlich befremdlich erscheinen. Das ganze Leid was sich anstaut wird oberflächlich erst einmal abgewehrt, indem es vom Gehirn als Schutzfunktion "archiviert" wird. Da die Psyche aber ein komplexes System ist, kann durch dieses "Verdrängen" nicht automatisch alles wie gewohnt weiterlaufen. Im Unterbewusstsein dringt nämlich immer etwas durch, dieses wird quasi nie ganz verschlossen. Über einen nicht gerade kurzen Zeitraum denken Betroffenden dann, sie leben ganz normal ihr Leben, werden aber in Wahrheit innerlich von Leid und psychischem Elend derart übermahnt, dass die Folgewirkungen teilweise erst Jahre später dem Betroffenden wirklich auffallen. Das ist in der Tat kein seltenes Phänomen, was auch umso trauriger ist. Um aus Martyrs zu zitieren: "Dieser Planet ist so gemacht, dass es nur noch Platz für Opfer gibt."


    Deine Wortwahl zeigt mir leider auch ganz klar, dass du den Begriff "Suizid" nicht wirklich verstanden hast. Du tust es ab als Etwas, was immer und überall heilbar ist. Eigentlich ist es aber genau andersherum: Nur in den seltensten Fällen sind Depressionen wirklich langfristig heilbar, unabhängig in welcher Form sie auftreten. Die Möglichkeit, psychische Krankheiten wirklich zu "heilen" wie eine offene Wunde in der Hand, ist oftmals gar nicht erst gegeben. Sie gerinnen ja nicht einfach und sind dann verheilt. Borderline beispielsweise ist immer in dir und kann jederzeit bei einem neuen Schiksallschlag (auf entsprechender Ebene) die Krankheit wieder aufreißen. Das rationale Verhalten setzt aus, psychisch kranke Menschen tun Dinge, die andere nicht begreifen können. Sie konstruieren Zusammenhänge, die man nicht nachvollziehen kann. Dadurch enstand ja überhaupt erst das Klischee des "Irren". Aber all das gehört mit zum Krankheitsbild, was oftmals von der Außenwelt gar nicht erst so wahrgenommen wird.


    Ich könnte jetzt noch über viele Zeilen weiter ausholen, belasse es aber dabei, dass du aufgrund mangelnder Erfahrungen in diesem Punkt leider nicht genügend Weitsicht hast....was nicht verwerflich ist! Im Gegenteil: Eigentlich sollte man froh sein, nicht knüppeldick und unausweichlich mit diesem dunklen Thema, an welchem Ängste, Nöten und Krankheiten hängen, konfrontiert zu werden.


    Klar, natürlich sprechen wir alle aus unseren Erfahrungen. Du würdest auch unter Garantie die Menschheit nicht so sehen wie ich. Von irgendwelchen Faktoren müssen wir ja auch schöpfen, uns Meinungen bilden um Argumente hervorzubringen. Das ist ein natürlichger Prozess. Deswegen möchte ich dich auch bitten ,meinem Beitrag hier nicht "feindlich" gegenüberzustehen. Wir haben halt bloß andere Meinungen, die wir ja auch mit jeweiligen Argumenten begründen. :)


    Zitat

    Der Tod ist niemals etwas, was zu befürworten ist, erst recht nicht der Selbstmord. Stellt euch doch einfach einmal die Frage: Wenn der Mensch, der euch gerade am nächsten ist, der für euch der wichtigste Mensch auf der Erde ist, sich morgen umrbingen würde, würdet ihr dann seine Entscheidung respektieren? Würdet ihr Verständnis dafür zeigen und wirklich denken "Es war seine/ihre Entscheidung, er/sie hatte das Recht dazu."? Ich denke nicht.


    Oh doch. Und glaube mir, das sage ich nicht aus kurzweiligen Ansichten, sondern nach jahrelanger Erfahrung. Und diese Meinungsbildung war alles andere als einfach und locker hinzunehmen. Natürlich gehe ich zum Gefährdeten nicht hin und sage ihm "joa kannst dich abknallen", das nicht. Aber wenn ich merke, dass es sein sehnlichster Wunsch ist und er das als Erlösung für sich selbst sieht (und man ohnehin die Person so gut kennt, dass man weiss, dass sämtliche Ratschläge eh nichts bringen würden) würde ich die Person nicht um Biegen und Brechen davon abhalten wollen. Dazu habe ich ganz einfach auch kein Recht. Alles was ich tun kann, ist ihm die Konsequenzen danach vor Augen zu halten (Trauer der Familie, Angst, dass andere nahestehenden Menschen den Tod seiner Person nicht verkraften würden, etc.), aber ich kann es ihm nicht verbieten, es ist seine Entscheidung und nur seine. Ich wäre genaus wie du, Mereko, unglaublich traurig, aber noch wütender wäre ich, wenn ich mir Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr dann ansehen müste, wie die Person ihre Qualen erleidet (und psychische Qualen können einen sehr wohl extrem belasten - mit physischen Behinderungen nicht gleichzusetzen, wobei ich diese nicht runterspielen will, aber die Wirkungen sind einfach langfristig gesehen völlig anders) würde ich mir das persönlich noch viel mehr zum Vorwurf machen. Denn an sowas gehen Menschen wirklich langfristig kaputt. Es ist ja nicht so, dass du einfach aufstehst und dein Leben änderst. Auch die Familie, enge Freunde, Therapien und Psychologen können eine Hilfe, eine Stütze für den Kampf gegen die Depression sein, aber keine Lösung für desen Vernichtung. Diesen persönlichen "Sieg über die Krankheit" kannst du nur alleine schaffen. Und selbst dann ist niemals gewährleistet, dass es nicht wieder ausbrechen kann. Hast du es einmal in dir, trägst du es möglicherweise gar bis zu deinem Lebensende mit dir herum. Das kommt auch immer auf die jeweilige Persönlichkeit und die Zeitdauer und Stärke der Depression an. Auch das ist nicht selten ein Motiv für das freiwillige vorzeitige Ableben - was ich voll und ganz nachvollziehen kann, ohne Suizid hier sinngemäß zu beschönigen. Aber ich weiß, was richtige und echte Depressionen - nicht dieser Modescheiss - bei einem empfindsamen, emotionalen Menschen anrichten- und wozu sie ihn treiben können. Und jeder, der mal selbst oder bei Freunden gesehen hat, wird mir hier beipflichten. Die Folgen solcher Krankheiten spürst du selbst als "gesunder" Mensch noch viele Jahre später - es kommt nur auf die Situation an. Das kann, darf und sollte nicht pauschalisiert werden. Ist eh unmöglich. Aber ich wiederhole mich.


    Dass es Idiotie ist, wenn sich Menschen allein wegen einer gescheiterten Beziehung umbringen, ist natürlich logisch. Gleiches gilt für reines Aufmerksamkeitsgetue, was sogar dazu noch erbärmlich ist. Darüber muss man nicht diskutieren. Ich rede hier von wahren Motiven, die einen Menschen dazu bringen, sich in den Suizid zu stürzen -. als einzigen Ausweg. Weil alle anderen Kräfte versagen, weil das rationale Denken versagt. So gesehen bist du in diesen Momenten auch "behindert" - nur, dass man es dir äußerlich eben nicht ansieht.


    Abgesehen davon, auch "echte Probleme" sind relativer Natur. Wie schon oben geschrieben, vertrete auch ich die Meinung, dass man sich wegen einer gescheiterten Beziehung nicht gleich umbringen sollte, aber sogar hier muss man abwägen. Es macht einen wesentlichen Unterschied aus, wie das Gesamtpaket bei einem Menschen aussieht, als die Beziehung zerbrach. Vieleicht hat er zusätzlich viel Leid erlitten? Vieleicht hat er gemerkt, dass seine Persönlichkeit Beziehungen immer wieder zerstören lässt und er keine Chance sieht, jemals langfristig glücklich zu werden? Liebe, körperliche Nähe und Geborgenheit sind für den Menschen nun einmal sehr wichtig. Was, wenn die Deprssionen dich soweit gekriegt haben, dass du daran ernsthaft (!) nciht mehr glauben kannst? Das mag dir jetzt vermutlich lächerlich erscheinen, Mereko, aber wenn dein Kopf dir genau das suggeriert, Tag für Tag - das Gefühl summiert sich derart stark, dass du irgendwann todunglücklich wirst. Und sowas lässt sich auch nicht einfach verbannen. Ergo, es hängt immer alles von den bisherigen Erfahrung des einzelnen Menschen ab.


    Und das ist kein Theoriewissen aus Büchern. Auch kein Wissen aus einem Psychologiestudium...


    Entschuldigt bitte den überaus langen Beitrag. Ich wollte mich eigentlich kürzer halten, aber bei einem derartigen Thema brodelt es dann doch aus einem heraus. Ich hoffe, ich bin niemanden zu hart angegangen. Suizid ist ein sehr tiefgehendes Thema und nicht jeder kann und wil sich damit auf extremer Ebene beschäftigen. Und dafür hab ich vollstes Verständnis.


    Gute Nacht. :)

  • Puh, Leute ich bin schockiert. Ich habe zwar nicht jeden einzelnen Beitrag durchgelesen, getraue mich jetzt trotzdem aber etwas dazu zuschreiben.


    Das es Welttag der Suizidprävention gibt, finde ich sehr gut. Auch wenn ich zu meiner Schande sagen muss, das ich bis heute nicht gewusst habe, das es so einen Tag gibt (und wenn ich böse sein darf: Es gibt echt langsam für alles einen Welttag).
    Selbstmordgedanken können aus verschiedenen Gründen aufkeimen. Ja, man kann es als Feigheit ansehen. Oder sogar als Flucht. Aber solche Menschen als Egoisten anzusehen, finde ich persönlich, als absolute Gemeinheit.


    Natürlich kann man sagen es gibt Menschen auf der Welt denen es schlechter geht. Fein, dann kann man auch genauso sagen das Menschen existieren denen es besser geht.
    Wenn man die Sehnsucht nach den Freitod hat, wirken solche Argumente einfach nicht.


    Ich hatte auch eine solche Zeit. Da prallten solche Worte einfach an mir ab. Alles war mir zuviel, ich fühlte mich wie der letzte Dreck und wie ein Versager. Da dachte ich wirklich, die Welt wäre ohne mich besser dran. Das ich nicht das Recht habe, auf der Welt zu sein.


    Für Euch hört sich das jetzt sicher albern an und einige werden eventuell denken "Warum kann Sie jetzt das einfach so locker hinschreiben." Nun, so ein Thema berührt mich einfach persönlich.


    Ich habe versucht meine Gedanken dazu verständlich hinzuschreiben. Ist zwar kurz aber mehr kann ich gerade nicht.

  • Nun ja, wer sich ein bisschen damit beschäftigt oder selbst in einer ähnlichen Situation war, kann deine Worte wohl sehr gut nachvollziehen, Sapie. Wenn man aus dem Gröbsten raus ist, fällt es oft auch einfach schon viel leichter, diese verarbeiteten Dinge zu beschreiben. Generell hilft es, die Dinge auszusprechen, denn somit werden sie einem tatsächlich bewusst, mehr noch, als wenn man sie "nur" tagtäglich in seinem Kopf durch die Welt trägt. Dass du nun offen sprichst, dürfte also eher ein gutes Zeichen sein, dass du gelernt hast, damit umzugehen. Und ich finde es gut, dass du darüber reden kannst, zumal man ja sonst so wenig von dir sieht hier. :)



    Zitat

    Original von Mereko
    Ich habe das Weltbild, dass man immer und jederzeit denken kann "Es wird irgendwann besser". Tut mir leid, ist wohl einfach mein weltfremder Optimismus und beständiger Glaube an die Hoffnung.


    Aye, das weiß ich ja sehr gut, nicht zuletzt durch unsere zahlreichen Gespräche, als ich meine Downtime hatte (wofür ich dir noch immer sehr dankbar bin, wie du hoffentlich weißt). Das Problem ist eben genau das: Es ist dein Weltbild. Leider lässt sich das, wie du wohl selber weißt oder wissen solltest, nicht auf den Rest der Menschheit anwenden. Und schon gar nicht auf jemanden, der krankhaft davon überzeugt ist, dass sein Leben an einem Punkt angekommen ist, da es nicht mehr aufwärts gehen kann. Das kann durch so viele Kleinigkeiten getriggert werden, dass ein bisschen Optimismus überhaupt nichts mehr bringt, wenn man einmal Gefangener seiner eigenen Gedanken geworden ist.


    Ironisch finde ich bei deiner Ansicht zudem, dass du sonst ja immer sehr wissenschaftlich-analytisch argumentierst.
    Nur eine Beobachtung, aber wie passt da der Optimismus rein? ^^



    Und wieder nichts zur eigentlichen Frage. *seufz* Später, Leute. Später.

  • Selbstmord ist meiner Meinung nach ein Ergebnis der menschlichen Intelligenz. Ein Mensch hat bestimmte, individuelle Ansprüche, die seine Existenz lebenswert machen. Erfüllt ihm das Leben diese nicht, so leidet er und versucht, den gegenwärtigen Zustand zu ändern. Ob er sein Leben dafür nun inhaltlich umstrukturiert oder gleich komplett beendet, ist seine Entscheidung, sofern er keiner Gewalt ausgesetzt ist, die seine Freiheit einschränkt.


    Für uns als Außenstehende ist das ein Problem. Das Leben an sich ist ja eigentlich ziemlich awesome, nicht wahr? Derjenige, für den das Leben nicht mehr lebenswert ist, hat offensichtlich ein Problem, mit dem er alleine nicht fertig wird. Logischerweise hilft man ihm dann. Doch es gibt Probleme, die sich nicht beheben lassen. Probleme, die auch mit viel Geld nicht aufgehoben werden können.
    Und deshalb bin ich gegen ein striktes Suizid-Verbot. Wer so etwas befürwortet, der maßt sich an, absolut jedes Problem lösen zu können, doch das ist ein Irrtum. Zwar ist das mit dem Verbot relativ sinnlos, da der Arm des Gesetzes (glücklicherweise) nicht weit genug reicht, um es durchzusetzen, doch Prinzipiell würde es dazu führen, einen Menschen aktiv leiden zu lassen.


    Kommen wir zum reichlich diskutierten, moralischen Aspekt. Wir Menschen unterwerfen uns ja gerne irgendwelchen Regeln, um ein reibungsloses Zusammenleben zu gewährleisten. Doch einem selbstmordgefährdeten Menschen ist die Moral verständlicherweise ziemlich egal, da mit dem schwinden seiner Existenz ihr Sinn verloren geht. Wenn man tot ist, dann kümmert es einen herzlich wenig, wie sehr der Anblick des eigenen zerstörten Körpers andere verstört und zuvor hat man ja auch irgendwie andere Sorgen, als das moralisch bedingte Wohlergehen der anderen.
    Ist das also egoistisch? Die Antwort ist: Ja. Definitiv. Dennoch ist der ganze Egoismus etwas, das man sorgfältig evaluieren sollte...


    Jeder Mensch lebt egoistisch, und damit meine ich nicht, dass er sich ab und zu etwas gönnt, sondern dass er zu jeder Sekunde mit jeder Handlung auf seine eigenen Interessen bedacht ist. Selbst scheinbar großzügige Taten, wie freiwillige Spenden an Arme, vollführt man nur, damit man von sich selbst behaupten kann, ein "guter Mensch" zu sein, oder anders gesagt, um seinem eigenen Ego gerecht zu werden. Egal wo. Ob ich nun meinem kleinen Bruder bei den Hausaufgaben helfe oder alte Omas über die Straße geleite. Man erhält keinen materiellen Gegenwert, doch dafür etwas völlig anderes. Man erhält die Liebe der anderen und dadurch dann ein gutes Gefühl, welches den Aufwand rechtfertigt. Eigentlich ziemlich simpel.
    Kurz um, jeder Mensch hat seine eigenen Interessen, die er verteidigt. Das eigene Wohl bzw. glücklich zu Leben ist in der Regel ein Teil davon, doch das variiert. Manchen Menschen mag der Frieden am Herzen liegen, anderen Tod und Verderben. Und wieder anderen ist alles egal, zum Beispiel, indem sie mit ihrem eigenen Leben zu viele Probleme haben, um sich wegen dem Wohl anderer einen Kopf zu machen. Das führt dann möglicherweise dazu, dass sie sich vom Dach eines Hochhauses stürzen, um auf einem belebten Platz voller Menschen ihr blutiges Ende zu finden, sowie reihenweise Kleinkinder auf ewig traumatisieren.


    Was ich von solchen Menschen halten soll, weiß ich nicht. Sie, wie Mereko, als feigen Egoisten zu beschimpfen, zieht nicht. Eigentlich taten sie ja nur, was sie für richtig hielten, genau wie wir alle es täglich versuchen. Folglich erlaube ich mir kein negatives Urteil.


    ...puh. Ich hoffe, ich konnte meine Sicht verständlich schildern.^^
    Wem sie zu undifferenziert ist, der kann gerne nachhaken.

  • Ich habe im Moment leider nicht die Zeit, ausgiebig auf die anderen Antworten einzugehen; wird später nachgeholt.


    Allerdings wollte ich mal eben eine Sache in den Raum werfen für all diejenigen, die stets argumentieren, dass ein Selbstmord bzw die sprichwörtliche Aufgabe des Lebens rücksichtslos den Mitmenschen gegenüber und egoistisch sei...
    Ihr findet, man solle bedenken, wie es den anderen dabei gehen würde, dass man nicht allein auf der Welt ist und seinen Arsch hochkriegen soll den anderen zuliebe. Abgesehen davon, dass eine solche Denkweise in diesem Krankheitsbild nicht zu erwarten ist, überlegt euch doch bitte mal eins: Wo sind denn all die anderen Menschen, die nicht wollen, dass man sich das Leben nimmt? Wenn man GANZ unten steht; Frau tot/verlassen, Job weg, man beginnt womöglich schon zu trinken, dann wird einem irgendwann der Strom abgeschaltet, es kommen immer mehr Schulden hinzu, man hat keine Familie, an die man sich wenden kann... wo sind denn da die Menschen, denen zuliebe man sich weiter durch einen solchen (entschuldigt meine Wortwahl) Scheißhaufen arbeiten soll? Wo sind da die Menschen, die denken, sie könnten jedes Problem lösen durch einen zwar bewundernswerten, aber leider in dieser Welt nicht immer anwendbaren Optimismus?


    Oder nehmen wir ein milderes Beispiel. Eine Schülerin, die nicht dick, nicht hässlich und auch sonst eigentlich ein ganz normales Mädchen ist, wird in der Schule gemobbt. Bei uns in der Klasse gab es diesen Fall. Sie hatte einen bayrischen Dialekt, und das war Grund genug. Meine Freunde sind auf sie abgegangen wie blöd, ich hab mich schlichtend schon stets in allen Fächern so gesetzt, dass ich zwischen ihr und meinen "Freunden" saß und hab genau wie diese Schülerin trotzdem jede Gehässigkeit ihr gegenüber mitbekommen. Wenn eine ganze Klasse gegen dich ist, und das nach 2 Wochen... du bist neu zugezogen, kennst niemanden in der Umgebung, und wirst deiner Herkunft wegen blöd angemacht. Dass sowas auf lange Sicht nicht gesund ist, sollte klar sein. Auch ein solcher Fall kann genug sein, dass man nicht mehr leben möchte, weil es aussichtslos scheint. Wenn das Trauma tief genug sitzt, das Gehirn/die Psyche (ich nutze "die Psyche" ungern, da einige hier in meinen Augen immer noch nicht verstanden haben, dass die Krankheit im Gehirn steckt und nicht in irgendeiner abstrakt situierten "Seele" o.ä.) zu schädigen, dann sieht man irgendwann keinen Ausweg mehr. Nun gibt es sogar Menschen (Eltern bspw.), die einem zeigen, dass das Leben in den anderen Bereichen noch lebenswert wäre; aber was können DIE gegen das eigentliche Problem tun? Stecken die in der Haut ihrer Tochter? Müssen die sich täglich mit einer Horde pubertierender, gehässiger Schüler aussetzen, über Wochen hinweg?


    Versteht ihr, worauf ich hinaus will? Man selbst als Außenstehender hat gut reden, denn wenn man nicht selbst drin steckt, kann man das alles rational und ohne Zweifel betrachten. Steckst du selbst drin, ist das Problem meist größer, als man fassen könnte; man hat Zweifel an jeder Ecke, glaubt nicht an einen Ausweg, weil die Emotionen ohnehin schon hoch kochen.


    Es ist sicher manchmal auch hilfreich, einen so optimistischen Menschen wie dich, Mereko, in einer solchen Situation an seiner Seite zu wissen, aber auf Dauer hilft das nicht. Dann kriegt man seinen Arsch einmal hoch - die Situation bessert sich nicht (bei Joblosigkeit kann der Gedanke schon bei der ersten abgelehnten Bewerbung wieder tief sitzen). Dann schafft man es vielleicht ein zweites Mal, trotz der nun verstärkten Selbstzweifel - und es bessert sich womöglich IMMER noch nicht! Wenn dir dann noch jemand kommt mit "Krieg mal dein Leben auf die Reihe!", dann kann man darauf einfach nichts mehr geben und stempelt den Ratgeber als außenstehenden, verständnislosen Teilhaber ab und steckt nur noch tiefer drin, weil es selbst dann nicht geholfen hat, als man seine Situation tatsächlich mit Aufwand von Arbeit ändern wollte.


    Edit:
    Achja und Mereko... psychisch kranke Menschen sind halt körperlich nicht gesund. Nur, weil die Symptome sich nicht in Form von irgendwelchen Ausflüssen oder hohen Temperaturen äußern heißt das nicht, dass die Krankheit nicht als solche anzuerkennen wäre. Das Gehirn selbst ist krank, und ich finde, ein "gehirnkranker" sollte erst recht Verständnis bekommen, denn genauso wie ein Krebskranker kann er seine Krankheit nicht verhindern durch warme Kleidung oder sorgsamem Umgang mit seinem Körper... Es kommt einfach, und meistens erkennen die Betroffenen selbst nicht einmal, dass sie krank sind. Von sich aus zu sagen, dass man krank ist, ist bereits ein enormer Schritt und bedeutet, dass derjenige bereits auf dem Weg der Besserung ist...

  • Zitat

    Original von Mereko
    @Sinaru: Ich hätte vielleicht erwähnen sollen, dass das was ich gesagt habe, sich nur auf "gesunde" Menschen bezieht und ich "assistierten Suizid" durchaus vertretbar finde. Wenn ein totkranker Mensch sich selber nur noch dahinsiechen sieht und dann beschließt, er möchte lieber sterben solange er noch seine Sinne halb beieinander hat, ist das in meinen Augen eine ganz andere Situation, wie wenn ein körperlich gesunder Mensch aus einer psychischen Erkrankung herraus beschließt, das Leben sei nicht mehr Lebenswert.


    Ich glaube, was ein paar der Diskutanten hier schon häufiger versucht haben zu erklären, was aber immer noch nicht ganz durchgesickert ist, ist: Depression ist eine Krankheit. Und damit meint man nicht "schon irgendwie so halb eine Krankheit", sondern eine (verzeiht die Wortwahl) stinknormale Krankheit gleichauf mit einer Angina oder Malaria. Die Unterscheidung zwischen "physisch" und "psychisch" sorgt deswegen nur dafür, dass die Leute diesen beiden Kategorien fälschlicherweise unterschiedliche Eigenschaften zusprechen, was aber nur dazu führt, dass "psychische" Krankheiten in der Medizin nicht ernst genug genommen werden. Bei einem Nierenversagen wird die Niere angegriffen. Bei einer Depression ist es stattdessen das Gehirn. Der einzige Unterschied darin ist, dass eine Krankheit des Gehirns nicht unbedingt die körperlichen Funktionen, dafür aber die eigene Wahrnehmung schädigt. Trotzdem alles nur biologische Vorgänge.


    Nochmal zitiert aus Strukturgründen:

    Zitat

    Original von Mereko
    [...]und ich "assistierten Suizid" durchaus vertretbar finde. Wenn ein totkranker Mensch sich selber nur noch dahinsiechen sieht und dann beschließt, er möchte lieber sterben solange er noch seine Sinne halb beieinander hat, ist das in meinen Augen eine ganz andere Situation, wie wenn ein körperlich gesunder Mensch aus einer psychischen Erkrankung herraus beschließt, das Leben sei nicht mehr Lebenswert.


    Das ist ein Beispiel dafür, wie zwischen physisch und psychisch viel zu sehr differenziert wird. Du musst dir einfach folgendes vorstellen:
    Der schwer Depressive ist in der gleichen Situation wie der, sagen wir mal, Parkinsonpatient. Er (oder sie) sieht sein Leben nicht mehr als lebenswert, sieht sich selbst nur dahinsiechen, wie du selbst schon sagst, und will es deswegen lieber beenden. Klar, körperlich ist er schon noch in der Lage, den Alltag ganz normal zu bewältigen, aber da spielt das Gehirn eben nicht mit. Ein Extrembeispiel dazu ist das Koma: körperlich könnte sich derjenige noch ganz normal bewegen und durch die Gegend springen, aber das Gehirn blockiert halt und geht auf standby. (Nur ein Beispiel für die Gehirnfunktion - selbstverständlich sollte man Komapatienten ohne Zustimmung nicht den Hahn abdrehen!).


    Die Entscheidung kommt bei beiden Fällen (Parkinson und Depression) aus dem gleichen Grund heraus: man möchte so nicht weiterleben. Nun kann man dazu argumentieren, dass ein Depressiver bessere Aussichten auf eine Linderung seiner Krankheit hat. Das erfordert allerdings, wie bereits gesagt wurde, äußerstes Fachwissen, häufig Medikation, und nicht zuletzt die Kooperation des Patienten selbst - und da hakt's auch schon wieder, da eine Krankheit im Gehirn eben auch die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, beeinflusst.


    Eines ist klar: man muss auf jeden Fall unterscheiden zwischen tatsächlich depressiven Menschen und Personen, denen es einfach nur mies geht. Das eine ist eine Krankheit, das andere lediglich eine Lebensphase, die fast jeder mal durchmacht. Mit gutem Zureden wird man den zweiten Fall sogar ganz gut lösen können, aber Depression funktioniert da leider anders, kann im schlimmsten Fall sogar noch extremer werden, wenn man die ganze Zeit Besserungsratschläge bekommt.


    Ein letztes Beispiel dafür, dass diese Krankheiten nicht anders sind als "normale" körperliche Wehwehchen auch:


    Nebenwirkungen. Man nimmt eine Tablette und kriegt davon Kopfschmerzen oder gar Fieber - offensichtlich ein physisches Krankheitssymptom ausgelöst durch Chemie im Körper.
    Ich selbst war für lange Zeit schwer depressiv, und dachte zu der Zeit, dass es am verunglückten Liebesleben und der allgemeinen Lebenslage liegt - tatsächlich waren es aber Nebenwirkungen eines Medikaments, welches ich über längere Zeit nehmen musste (im übrigen ein Medikament gegen Akne, also wirklich ÜBERHAUPT nicht in die "psychische" Ecke einzuordnen).
    Es fing an, als ich das Medikament genommen habe, hatte aber natürlich einen langsamen Start, sodass der Zusammenhang nicht direkt ersichtlich wurde; und es hörte tatsächlich auf, als die Prozedur fertig war nach etwa einem Jahr - wieder nur stückweise, sowas passiert ja nicht von einem Tag auf den nächsten.
    Alles, was mit mir in diesem Zeitraum falsch war, war einfach der Hormonhaushalt in meinem Gehirn, der offenbar durch die Chemie des Medikaments gestört war. Das hat aber dazu geführt, dass alle schlechten Ereignisse meines Lebens in meiner eigenen Wahrnehmung um ein VIELFACHES verschlimmert wurden, und ich Dinge gedacht habe, die ich heutzutage kein bisschen mehr nachvollziehen kann. Dass die Vorstellung, sich selbst die Haut aufzureißen und zu -schneiden aus irgendeinem Grund mit Befriedigung verbunden wurde.
    Somit bin ich jetzt in der ungewöhnlichen Situation, aus der Gegenwart auf eine Depression in der Vergangenheit zu blicken und sie beurteilen zu können, ohne noch unter den Nachwirkungen zu leiden (da die "gängige" Form der Depression nie verschwindet, meine aber schon, da sie nur durch Medikamente ausgelöst wurde).


    Zuletzt ist es vielleicht gar nicht so verkehrt, einen Vergleich zu wählen, mit dem sich mehr Leute identifizieren können:
    Wenn man sehr verliebt ist (vielleicht sogar die erste Liebe in der Pubertät), hört man genau so wenig auf Ratschläge von außen. Wenn man selbst anderen Leuten mit Liebeskummer Ratschläge gibt, hören diejenigen auch nur in den seltensten Fällen darauf. Dabei kann man es als neutraler Beobachter doch alles so vollkommen klar sehen und ist sich sicher, die beste Lösung für das Problem parat zu haben. Aber leider spielen da die Hormone im Gehirn des Verliebten nicht mit und derjenige begeht Fehler, vollkommen irrational, weil ihm seine Selbstwahrnehmung eben genau das vermittelt.

  • Ich sehe, ich stecke nicht tief genug in der Materie drin und bin auch unfähig, bedingt durch meinen ewigfröhliches Wesen, mich hinein zu veresetzen, deshalb werde ich mich aus dieser Diskussion zurückziehen. Das soll nciht heißen, ich würde gehen, weil meine Argumente hier nicht fruchten, eh nur zerlegt werden und alle gemein zu mir sind :P Ich mache das, weil ich keine Ahnung von dem Thema habe (zumindest kommt es mir selber inzwischen so vor) und ich der Meinung bin, man sollte nicht über etwas diskutieren, wovon man keine Ahnung hat.


    Ein paar kleine Klarstellungen müssen allerdings noch sein, um hier nicht ein falsches Bild aufkommen zu lassen:
    Ich sehe psychisch kranke Menschen genauso als krank an wie Menschen, die physisch erkrankt sind. Mir ist klar, dass auch psychisch kranke Menschen Hilfe brauchen und zwar Hilfe von fachlich kompetenten und nur dafür ausgebildeten Menschen, wie es auch bei physisch kranken Menschen ist.
    Der Grund, warum ich da trotzdem noch differenziere, warum ich psychische Krankheiten "als weniger schlimm" einstufe, ist der, dass psychische Krankheiten kein Todesurteil sein können. Natürlich kann ein geistig verwirrter Mensch sich selber Schaden zufügen (diskutieren wir hier nciht genau darüber?), aber er macht das wegen der Krankheit, es kommt nicht von der Krankheit selbst. Ein physisch Kranker, kann, wenn es schlecht läuft sterben, weil seine Krankheit lethal ist. Tuberkulose oder AIDS sind in der dritten Welt fast immer ein Todesurteil. Schizophrenie oder Depression sind zwar unschön, bringen den Menschen aber nicht um.
    Nochmal: Ich willd amit nicht sagen, dass psychische Erkrankungen grundsätzlich ja nicht so schlimm sind, ich will damit nur begründen, warum ich Verständnis für einen Todkranken aufbringen kann, der sein Leiden beenden will, und gleichzeit es verwerflich finde, wenn jemand aus einer Depression herraus Selbstmord begeht. Natürlich geht es ihm auch schlecht, aber seine Krankheit bedeutet "nur", dass es ihm schlecht geht, aber nicht, dass es das Ende sein muss.


    Und jetzt lasse ich euch in Ruhe. Mit Sinaru, Rahume und Midna sehe ich meine Meinung, dass Selbstmord nichts ist, was als die freie Entscheidung eines Menschen respektiert werden sollte, gut vertreten, auch wenn die beiden diesbezüglich anders, wahrscheinlich sogar besser argumentieren.


    Zitat

    Original von Si'naru
    Ironisch finde ich bei deiner Ansicht zudem, dass du sonst ja immer sehr wissenschaftlich-analytisch argumentierst.
    Nur eine Beobachtung, aber wie passt da der Optimismus rein? ^^


    Nun ja.... Ich denke, man kann sagen, der Optimismus ist die Quelle des ganzen. Ich glaube, ich kann deshalb alles wissenschaftlich analytisch sehen, weil mein Optimismus es mir erst ermöglicht. Kein Wunder, dass ich ihn so verteidige^^

  • Mereko
    Genau das schätze ich so an dir, du merkst, wann du mehr inhaltliches Wissen brauchst, um mitreden zu können. ^^


    Aber etwas siehst du immer noch zu getrennt. Du sagst, dass andere, "normale", Krankheiten einen Menschen zwingend umbringen, wenn er nicht die entsprechende Medikation erhält (oder diese noch nicht erfunden ist), und behauptest, dass dies bei einem Depressivem nicht der Fall ist. Aber das ist ein Trugschluss; Depressionen bringen einen Menschen genauso um, wenn man nichts dagegen tut. Wie schon sehr gut beschrieben wurde, man ist zu vernünftigen Entscheidungen schlichtweg nicht mehr fähig. Das Gehirn macht einem tagaus, tagein, deutlich, dass dieses Leben nicht mehr lebenswert ist. Man glaubt tatsächlich daran. Das hat dann nichts mehr mit Entscheidungsfreiheit zu tun, wenn man seinem Leben ein Ende setzt. Es kommt direkt von der Krankheit, man kann von sich aus herzlich wenig dagegen tun.


    Genau das ist ja das Fiese an dieser Krankheit. Man sieht sie nicht nach außen hin und die Betroffenen merken meistens viel zu spät, was überhaupt mit ihnen passiert. Erste Symptome ziehen sich über Jahre hinweg durch das Leben, bis sie sich aufeinander stapeln und eben zu dem Denken führen, das einen schließlich umbringen kann. Das muss man als Außenstehender erst mal nachvollziehen: Der Verstand funktioniert nicht mehr rational, Arawn hat das sehr schön umschrieben mit seinen Beispielen. Jemand, dessen Depression so weit fortgeschritten ist, dass er tatsächlich an Suizid denkt, kann sich nur sehr schwer, wenn überhaupt, um letzten Moment dagegen entscheiden. Und das auch nur, wenn ihm einfällt, dass sein Umfeld ihn nicht verlassen hat, dass er Unterstützung bekommen kann, wenn er raus aus diesem Sumpf will. Ist das nicht vorhanden, hat er ein Problem. Und dann gute Nacht, Marie.


    Und sagen wir so: Ich hatte letztes Jahr das Glück, meine Mutter an meiner Seite zu wissen, sonst hätte ich mich auch arg verrannt. Hat es einer hier im Forum gemerkt? Wohl nicht. Eben weil man es nicht nach außen trägt, man ist sich dessen nicht bewusst. Ohne familiären Rückhalt säße ich vielleicht nicht mehr hier, das muss man ganz klar sagen. ^^




    Arawn & Midna
    Wenn ich eure beiden Ausführungen so lese, kann ich selbst jedenfalls auch noch so einiges daraus entnehmen und lernen. Bevor ich anfing, mich an dieser Diskussion zu beteiligen, hätte ich wohl ähnlich wie Audi argumentiert, mittlerweile habt ihr mich da auf einen anderen Trichter gebracht.


    Einem Depressivem die Entscheidung über Leben und Tod ihm selbst zu überlassen, ist wohl eher gefährlich als förderlich. Einerseits kann man natürlich argumentieren, dass er wie jeder "normal" Kranke (also sei es Krebs oder ähnlich schlimmes) lediglich endlich sein Leiden beenden möchte, da es keinen Ausweg gibt. Auf der anderen Seite muss man sich dabei eines vor Augen halten: Jemand mit einer rein körperlichen Krankheit ist nicht geistig eingeschränkt, zumindest selten in dem Maße wie ein tatsächlich psychisch Kranker. Habe ich Krebs, können damit auch Depressionen einhergehen, die meinen Verstand vernebeln, müssen aber nicht.
    Und das ist eben der große Unterschied: Ein körperlich Kranker kann in vielen Fällen noch rational denken und auch entsprechende Entscheidungen treffen, die sein Leben oder seinen Tod betreffen. Ein geistig Kranker kann dies nicht, sein Denken ist fernab von jeglicher Rationalität. Kann man einem Menschen, der dahingehend komplett den Wirklichkeitssinn entbehrt, die Entscheidung über Leben und Tod in die Hand geben? Das denke ich nicht. Es wäre eine Entscheidung, die er ja nicht einmal wirklich selbst getroffen hat, sondern zu der er durch seine Krankheit lediglich getrieben wurde. Das zu unterstützen ist also genauso fehl am Platz wie nachträgliche Vorwürfe.




    Anders sieht es aus, wenn man tatsächlich rational entscheiden kann. In einem anderen Forum kam neulich eine ähnliche Diskussion auf, daher habe ich noch einen Wikipedia-Artikel im Sinn, den ich euch dalassen möchte: Suizid in der Schweiz. Demnach sei es in der Schweiz ein Menschenrecht, über das eigene Leben auch mit dem Tod entscheiden zu können, "dies zumindest, soweit der Betroffene in der Lage ist, seinen entsprechenden Willen frei zu bilden und danach zu handeln". Also genau die Voraussetzungen, die ein schwer Depressiver nicht erfüllen kann.


    Jetzt stellt man sich natürlich die Frage: Wie stellt man fest, ob der Mensch, den man vor sich hat, tatsächlich seinen Willen frei bildet? Was ist Willensfreiheit, Entscheidungsfreiheit? Bin ich nicht schon stark eingeschränkt in meinem Denken und meinen Entscheidungen, wenn mein Körper mir den Dienst versagt? Ist es dann die Verzweiflung, die mich zu der Entscheidung treibt, dass ich sterben möchte?
    Im Grunde wirft das Ganze noch mehr (philosophische) Fragen auf als dass es Antworten liefert. Was meint ihr?

  • Meine Sichtweise


    Wenn jemand eine schwere Krankheit/Verletzung hat (egal ob psychisch oder physisch) dann sollte Primär versucht werden, die Lebensqualität zu verbessern, sprich die (Begleit)Symtome zu lindern oder, falls möglich, die Krankheit zu heilen. Gelingt dies nicht, gestehe ich jedem das Recht auf Suizid zu. Das heißt ist, nach Behandlungsversuchen, die Lebensqualität nicht besser oder wird zunehmend schlechter (oder für einen selbst nicht Hoch genug gesteigert wurden), dann sollte einem, auf eigen Wunsch hin, sogar geholfen werden zu sterben. Damit schließe ich auch nicht nicht tödliche Krankheiten mit ein.

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