Behinderte Kinder - Schwangerschaftsabbruch?

  • Hallo zusammen. So eben habe ich den Schluss der Sendung Tacheless auf Phoenix noch mitbekommen. Wo es diesmal um die Früherkennung von Behinderungen und die Folgen aus diesem Erkennen ging.


    Der Moderator wunderte sich darüber das viele den Film „Ziemlich beste Freunde“ gut finden aber trotzdem kein Behindertes Kind wollen. Einer der Gäste blies in das Selbe Horn. Und eine der Damen meinte am Ende noch das man den Müttern sagen müsste, das diese Tests ja am Ende vielleicht gar nichts bringen, weil das Kind ja auch noch nach der Geburt eine Behinderung bekommen kann.


    Ich sehe mich als Ethikaffin (kann man das so sagen?) und Religionsfreundlich. Aber das ist so ein Punkt den ich immer wieder bei solchen Diskussionen erlebe und einfach nicht verstehe. Warum es Menschen gibt die nicht verstehen können warum man einerseits alles für Menschen mit Behinderungen tun kann und ihnen im Leben hilft und die andererseits trotzdem nicht wollen das ihr Kind behindert ist. Das ist doch kein Widerspruch! Natürlich kann ein Kind auch später noch erkranken, aber wenn man die Möglichkeit hat, das dass Kind was man tatsächlich dann auch bekommt erstmal Gesund ist, weil man das durch Tests festgestellt hatte. Dann ist das doch für das junge Leben erstmal ein wesentlich besserer Start ins Leben als wenn es von Anfang an schwer behindert ist. Ich schätze die Leute die das so sehen, sind die gleichen die auch generell gegen Schwangerschaftsabbrüche sind. Ja, es ist junges Leben, aber eben noch in einem Stadium wo es meiner Meinung nach vertretbar ist eine Entscheidung über dieses Leben zu fällen (auch wenn das hart klingt).


    Bringt man einen Menschen mit einer schweren Behinderung zur Welt oder möchte man ein weitestgehend gesundes Kind haben? Niemand hat das Recht das für die Eltern zu entscheiden. Meiner Meinung nach verbietet es sich sowohl die Eltern anzugehen die ein behindertes Kind bekommen (obwohl sie es wussten), als auch die, die sich bewusst dagegen entscheiden.


    Wie seht ihr das?

  • Ich bin ganz deiner Meinung. Wenn es um Abtreibungen geht, fange ich an, absolut klassisch-feministisch zu werden, was mir sonst eigentlich fernliegt. Aber meiner Meinung liegt diese Entscheidung absolut bei der Mutter -- niemand sonst hat mit ihrer Schwangerschaft was zu tun. Außer vielleicht der dazugehörige Mann. Ich bin absolut pro-choice und pro-body. Ob eine Frau Mutter werden will, kann nur sie entscheiden.


    Dazu muss ich sagen: Wenn ich selbst ungewollt schwanger würde, würde ich wohl nicht abtreiben können, wenn nicht irgendwas total unvorhergesehenes passiert.
    Sollte ich aber wissen, dass mein Kind irreversibel behindert zur Welt kommt, könnte ich es nicht gebären. Ich hatte schon zwei Pflegefälle in der Familie, ich weiß, wie das ist, sich 24/7 kümmern zu müssen, ich kenne die Hilflosigkeit, die Wut, die Verzweiflung. Und das bei dem eigenen Kind aushalten zu müssen -- dafür fehlte mir die Energie. Dafür bin ich einfach zu schwach. Ich wäre eine furchtbare Mutter, wenn ich ein behindertes Kind großziehen müsste. Da können sie mir tausendmal sagen, dass Behinderte unser Leben bereichern, aber ich käme mit dem Druck nicht klar. Und wenn ich mich im Endeffekt daran zerstören würde, würde ich dem Kind genauso schaden, und zusätzlich der Beziehung und allen um mich herum.


    Dann wirklich lieber abtreiben. Ich hab vollstes Verständnis für Mütter, die sich so entscheiden. Ich finde es klug. Man muss einfach wissen, wo die eigenen Grenzen sind. Zu viele (oftmals sehr junge) Mütter leiden da meiner Meinung nach an absoluter Selbstüberschätzung. Ich finde, man muss dem Kind die bestmöglichsten Umstände schaffen, damit es gut aufwachsen kann. Wenn ich wüsste, dass ich das nicht kann, würde ich es lassen...

  • Ich bin absolut gegen Abtreiben bei solchen Fällen. Ich meine, jeder Mensch hat ein Recht zu leben und ein anderer Mensch, selbst eine Mutter, hat nur in Ausnahmefällen das Recht, dieses Leben zu beenden. Außerdem halte ich ja von "Früherkennen" nicht sonderlich viel. Das kann alles trotzdem noch falsch sein. Und wenn ein Mensch wirklich überfordert damit ist, ein behindertes Kind zu umsorgen (von welcher Behinderung reden wir eigentlich?) kann er sich doch Hilfe holen. So wie ich das sehe (ich bin nicht sonderlich gut informiert, verzeiht mir) kann man doch mit "Früherkennung"sowieso nur Körperliches nachweisen. Die richtig schlimmen Behinderungen sind doch aber eher geistig. Die machen die Eltern fertig.


    Mir fehlt einfach das Verständnis.

  • Ich stimme Eternus zu. Ich denke, man weiß, worauf man sich einlässt, wenn man ein Kind zeugt. Was passiert, wenn es später eine Behinderung bekommt? fowo, wirst du dann eine schlechte Mutter? Wenn du vorher eine gute warst? Falls nein, dann kannst du auch ohne Probleme ein behindertes Kind zur Welt bringen und auch dann schon eine gute Mutter sein. Falls ja, dann müsstest du dir arg überlegen, ob du überhaupt Mutter sein willst. Denn man kann ja nicht automatisch davon ausgehen, dass schon immer alles gut sein wird.


    Eternus: Wie kommst du darauf dass geistige Behinderungen das schlimmste ist? Ich denke das nicht. Die schlimmen Behinderungen sind die körperlichen, die eine echte Pflege nötig machen. Denn das geht irgendwann an die eigene körperliche Substanz. Geistig behinderte Menschen leben unter Umständen in ihrer eigenen, heilen Welt und sind allermeist damit zufrieden. Was sollte Eltern da fertig machen?

  • Zitat

    Original von Cel
      fowo, wirst du dann eine schlechte Mutter? Wenn du vorher eine gute warst? Falls nein, dann kannst du auch ohne Probleme ein behindertes Kind zur Welt bringen und auch dann schon eine gute Mutter sein. Falls ja, dann müsstest du dir arg überlegen, ob du überhaupt Mutter sein willst. Denn man kann ja nicht automatisch davon ausgehen, dass schon immer alles gut sein wird.


    Erst mal: Ich lass mir von niemandem was vorschreiben, was mit meinem Körper zu tun hat. Soviel zum Feminismus.
    Und anschließend: Solang ich keine Mutter bin, kann ich weder gut oder schlecht sein. Wenn ich ein behindertes Kind hätte, wäre ich eine schlechte.
    Und nein, ich will keine Kinder. c: Generell nicht. Aber wie gesagt, wäre ich schwanger, würde ich wahrscheinlich trotzdem nicht abtreiben können, es sei denn, eine Behinderung wäre wahrscheinlich.
    Und was dieses blöde "Behinderungen können immer passieren"-Argument angeht: Klar kann das immer passieren. Auch dir, auch deinem Partner, auch deinem Kind. Das nennt man "Leben". Und wenn man danach ginge, dürfte man gar nicht erst existieren, insofern hätten wir alle abgetieben werden sollen, als es noch ging! Omfg!

  • Zitat

    Original von fowo
    Erst mal: Ich lass mir von niemandem was vorschreiben, was mit meinem Körper zu tun hat. Soviel zum Feminismus.


    Schwierig. Du hast ja selbst geschrieben, dass auch der Mann zumindest ein gewisses Mitspracherecht haben sollte. Finde ich auch. Zu dem größeren Teil sollte die Frau aber entscheiden.


    Zitat

    Original von fowo
    Und was dieses blöde "Behinderungen können immer passieren"-Argument angeht: Klar kann das immer passieren. Auch dir, auch deinem Partner, auch deinem Kind.


    Rede das bitte nicht klein. Dieses Argument wiegt sehr schwer. Die wenigsten Menschen machen sich das klar, bevor sie sich für irgendwas entscheiden. Genau wie du sagst, sollte man sich dessen vor der Entscheidung zu einem Kind oder einem Partner bewusst sein. Das hab ich schon am eigenen Leib erlebt. Mitnichten ist das ein blödes Argument.

  • Zunächst: Ich halte mich als Mann zu diesem Thema ganz bewusst raus, da ein Kind immer noch im Körper einer Frau geboren wird und die Männer lediglich erahnen können, was das wirklich für die Frau heißt. Von daher erlaube ich mir hier keine abschließende Meinung. Ich finde allerdings, dass die Frau zumindest mit dem zukünftigen Vater darüber sprechen sollte, das wäre eine faire Geste - die letztendliche Entscheidung liegt aber bei der Frau, denn sie ist die Hauptleidtragende in solch einem Fall. Hat auch meiner Meinung nach nichts Großes mit Feminismus zu tun, sondern liegt einfach in der Natur der Sache. Und ob die Frau ein behindertes Kind bekommt oder abtreibt ist immer von Person und Umstand abhängig.


    Dann: Mir ist nicht nur in diesem Thread der neuerdings ziemlich barsche Umgangston in letzter Zeit aufgefallen, der von einigen (neuen) Usern ziemlich brüsk vorgetragen wird, wodurch Aggressionen bereits unmittelbar geschürt werden. Man muss auch kein Moderator sein, um das zu erkennen. Das war, zumindest seit meinen aktiven Zeiten, nie der Diskussionsgrundstil auf ZE und sollte es daher auch nicht werden. Ich möchte daher einen Appell richten. Diskutiert friedlich, respektiert die Meinungen der Anderen und erweitert den Verlauf um logische Argumentationen ohne Totschlagargumente oder dergleichen. Das ist dann nämlich mehr schädlich als lebhaft für eine ordentliche Diskussion. Dankeschön.

  • Zitat

    Original von Cel


    Schwierig. Du hast ja selbst geschrieben, dass auch der Mann zumindest ein gewisses Mitspracherecht haben sollte. Finde ich auch. Zu dem größeren Teil sollte die Frau aber entscheiden.


    Eben, und auch wenn er das Kind gerne hätte, muss die Frau noch immer austragen, und solange das so ist, hat ihre Meinung Vorrang. Und Kinder kann man quasi immer machen, eine kaputte Psyche aber nicht immer heilen.


    Zitat

    Rede das bitte nicht klein. Dieses Argument wiegt sehr schwer. Die wenigsten Menschen machen sich das klar, bevor sie sich für irgendwas entscheiden. Genau wie du sagst, sollte man sich dessen vor der Entscheidung zu einem Kind oder einem Partner bewusst sein. Das hab ich schon am eigenen Leib erlebt. Mitnichten ist das ein blödes Argument.


    Das Argument wiegt überhaupt nicht schwer, weil es totalen Mist besagt. Der Druck, der auf Eltern lastet, die ein behindertes Kind erziehen, ist enorm. Dazu kommen unglaubliche Kosten für etwaige Operationen, für behindertengerechte Möbel, Accessoires und was nicht alles. Das sind durchaus Fakten, die man vor der Geburt eines Kindes bedenken soll und muss.
    Das Problem ist, wenn eine Frau ein behindertes Kind gebärt und dann damit nicht klar kommt, versaut sie auch dem Kind die Zukunft, denn dass aus einer gestörten Mutter-Kind-Beziehung noch nie was geworden ist, ist ja wohl erwiesen. Damit verbaut man dann also zwei Leben. Durch eine Abtreibung kann man sowas verhindern.
    Wer sich das zutraut, wie gesagt: Kudos! Ich sage ja auch nur, dass ICH das nicht könnte, und dass viele Menschen -- und da sind wir uns einig -- vielleicht nicht genau überdenken, was auf sie zukommt.


    Und ich finde, niemand hat das Recht, einer schwangeren Frau zu verbieten, was sie mit ihrem Körper tut. Absolut niemand. Wir leben ja wohl nicht mehr im Mittelalter.

  • Zitat

    Eternus: Wie kommst du darauf dass geistige Behinderungen das schlimmste ist? Ich denke das nicht. Die schlimmen Behinderungen sind die körperlichen, die eine echte Pflege nötig machen. Denn das geht irgendwann an die eigene körperliche Substanz. Geistig behinderte Menschen leben unter Umständen in ihrer eigenen, heilen Welt und sind allermeist damit zufrieden. Was sollte Eltern da fertig machen?


    Die Eltern kommen nicht an das Kind ran. Sie sind den Kind bei bestimmten Behinderungen sogar egal. Sie existieren nicht für sie. Ich habe da ein paar Bücher gelesen. Eines handelte von der Mutter zweier Autisten, die selbst Hebamme war und total an den beiden Kindern verzweifelt, sich nach einem Selbstmordversuch dann aber dazu entscheidet, weiterzukämpfen. Doch der einzige Zugang zum Kind blieb ein Hund. Ohne diesen wäre er vollkommen hilflos in die Welt getreten.


    Ein Anderes ging über einen Mann, der an Asperger leidet und dem absolut verborgen bleibt, warum es den Kindern wehtut, wenn er sie mit Stöcken schlägt. So was reibt Eltern auf, wenn sie ihn nicht ruhigstellen. Es gibt ja Eltern, die geben den Kindern dann einfach irgendwelche Medikamente, was alles aber eigentlich noch schlimmer macht.

  • Die Diskussion ist, wie im Grunde schon von anderen angedeutet, absolut müßig, da es am Ende immer die Entscheidung der Schwangeren sein und bleiben wird.


    Ich kann nur sagen, dass ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren könnte, Leben ganz bewusst zu nehmen. Ich bin der Meinung, jedes Leben ist lebenswert, und wenn man einen gesunden Menschen mit schwerer Behinderung fragt, ob er den Tod dem Leben vorziehen würde... ich bin mir sicher, die Antwort wäre Nein.
    Auch ein behinderter Mensch kann und wird sich über das Grün eines Baumes freuen, über den Klang von Vogelgezwitscher im Frühling, über das Gefühl einer Umarmung oder den Geschmack von Schokolade, ganz egal wie weit er in "seiner eigenen kleinen Welt" drinsteckt. Und dieses Potential, die Welt und das Leben lieben zu lernen, will ich niemandem nehmen :nick:


    Zum Thema kann ich übrigens "Ich will kein inmich mehr sein" von Birger Sellin sehr empfehlen ("Seit seinem Erscheinen erfährt dieses Buch große Aufmerksamkeit. Der damals 20-jährige Birger Sellin, autistisch behindert und jahrelang verstummt, schreibt Texte von ungeahnter Schönheit." - Kurzbeschreibung des Buches)

  • Leute, ihr könnt doch Autisten nicht mit Schwerstbehinderten vergleichen. Ich dachte ja eigentlich die ganz Zeit, Objekt der Diskussion sei ein Schwangerschaftsabbruch, wenn schwerwiegende Behinderungen vorliegen würden, wie starke Deformierungen, ein beschädigtes Hirn, Trisomie und dergleichen, aber doch kein Autismus.
    Natürlich ist auch der Autismus je nach Form und Ausprägung recht Anstrengend - für Eltern und Kind - aber doch nicht mit ner Trisomie 21 oder der Harlekin-Ichthyose zu vergleichen. Und mit letzterem tut man niemandem einen Gefallen.


    Zum Thema selbst schließe ich mich soweit fowo an: Vorrangig sollte die Mutter entscheiden, ob sie das Kind bekommen will oder nicht, jedoch sollte dem Vater ein gewisses Mitsprache-Recht gewährt werden, immerhin hat auch er diese Bürde zu tragen. Alles andere wurde bereits gesagt.

  • Wenn überhaupt, dann hab nur ich den Vergleich gezogen - hab ich aber auch nicht ;-) Nur IST Autimus nunmal auch eine Behinderung... und gut geeignet, um dem zweiten Abschnitt in meinem letzten Post Nachdruck zu verleihen.


    Edit:
    Wobei, da hab ich Eternus' Beitrag überlesen :xugly:

  • Die Frage ist doch eh, wie man Behinderung definiert. Wenn ein Kind ohne beine zur Welt kommt, klar kann es ein erfülltes Leben haben. Kann es das mit den von Martikhoras genannten Trisomoe 21 und Konsorten auch? Das ist eben die Frage... Klar sagen viele Behinderte (die sich formulieren können), dass sie mit ihrer Behinderung klar kommen. Das ist auch gut für's Image. Wie viele Behinderte es auf der Welt gibt, die sich selbst das Leben nehmen, weil sie's nicht mehr aushalten, darüber hört man nicht oft was...


    Der Mensch kann einfach nicht über Leben und Tod entscheiden, wohl aber die Mutter um ihr eigenes Wohl, und deswegen bleib ich dabei, dass ich pro-choice bin.

  • Zitat

    Original von Midna
    Ich bin der Meinung, jedes Leben ist lebenswert, und wenn man einen gesunden Menschen mit schwerer Behinderung fragt, ob er den Tod dem Leben vorziehen würde... ich bin mir sicher, die Antwort wäre Nein.


    Durch meine soziale Ader und im Bekanntenkreis kenne ich ein paar behinderte Menschen. Die meisten Behinderten - geistig oder körperlich - möchten durchaus Leben und das finde ich gut, aber ich habe schon in Schwächephasen oder bei richtig heftigen Fällen - davon kenne ich keinen persönlich - erlebt wie Menschen nicht mehr Leben wollten. Von den heftigen Fällen habe ich nur gehört, aber was mir so erzählt wurde würde mich selbst überlegen lassen ob ich damit klarkommen würde. Bei Behinderungen und Krankheiten bei den man nur noch 24h im Bett liegen kann würden sich viele Leute überlegen ob sie noch Leben wollen. Insbesondere wenn sie vorher gesund waren.


    Ich würde mich gegen eine Abtreibung entscheiden. Verständnis für Frauen die sich wegen Ausnahmesituationen - auf der Straße, jugendlich ohne Eltern bereit für Unterstützung... - dagegen entscheiden kann ich aufbringen. Die Frau sollte mit dem Mann über ihre Gedanken sprechen, weil die Männer sich selbst auf das Kind einstellen. Manchmal habe ich das Gefühl in der Gesellschaft wird so getan als ob dem Mann das Kind völlig egal wäre. Nach dem Motto : Die Frau entscheidet bei Abtreibung, den Mann braucht das nicht zu kratzen.


    Behinderung kann für die Mitmenschen und die behinderte Person eine starke Belastung sein. Abtreibung noch vor der Geburt ohne hundertprozentig sicher sein zu können, dass das Kind behindert wird und wie stark das Kind behindert ist finde ich nicht in Ordnung. Man könnte sich Hilfe holen oder das Kind im Notfall abgeben.


    Die Angst diese schwere Verantwortung zu tragen oder ein Kind in den Händen gehabt zu haben, dass man später abgibt kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann nur erahnen wie hart das sein muss, dennoch bin ich der Überzeugung, dass manche Abtreiben, weil sie das Kind nicht kennen. Was man nicht selbst gesehen hat vermisst man nicht so stark. Wie das für Frauen ist die schon das Kind spüren kann ich nicht beurteilen.


    Behinderung kann eine Hindernis auf einem steinigen Weg sein, aber behinderte Menschen die ich kenne zeigen wie vorbildlich man damit umgehen kann und was man erreichen kann. Ich kenne zum Beispiel einen Behinderten mit Doktortitel und mehrere die gesunde Kinder großgezogen haben.

  • Erst einmal danke an Audi für seine Bemerkung, das kann ich so nur unterschreiben. Seit nett zueinander, lasst persönliches raus und benehmt euch!


    Und zum Thema: Ich lasse mal den Diskussionspunkt, wem diese Entscheidung zusteht außen vor, damit könnte man mindestens einen weiteren Thread füllen, aber nicht diesen hier. Ich verstehe Darungos Einführung so, dass es hier um die Ethik der Euthanasie gehen soll. Und ja, praktisch ist es Euthanasie, ein Kind abzutreiben, weil es eine Behinderung haben wird, machen wir uns da nichts vor.
    Nichts desto trotz würde ich so weit gehen und einen Fötus mit bestätigter Behinderung (geistig oder körperlich) abtreiben lassen. Ich bin wahrscheinlich einfach nicht sozial genug, aber ich habe schlicht und ergreifend kein Interesse daran, ein behindertes Kind groß zu ziehen. Ich habe zwar großen Respekt vor Leuten die das tun und können, denke mir aber gleichzeitig, dass die Natur das so nicht vorgesehen hat... Eltern sollen ein Kind großziehen, damit es irgendwann selbstständig ist und wiederum selber Kinder bekommen kann. Behinderte, zumindest geistig Behinderte und schwer körperlich behinderte sind meist von anderen abhängig. Nennt es egoistisch und verwerflich, aber ich möchte nicht den Rest meines Lebens mit einem Klotz am Bein verbringen, auch wenn es mein eigenes Kind ist.
    Und in eine Kerbe muss ich noch reinschlagen: Das Argument "was wenn dein Kind erst später durch einen Unfall behindert wird" ist wirklich unnötig. Genau so könnte ich fragen, "was wenn du vom Bus überfahren wirst" oder "was wenn dein Kind Opfer eines Verbrechens wird". Solche Argumente können nur zu der Einsicht führen, keine Kinder in unsere "schreckliche" Welt setzen zu wollen, weil es unverantwortlich wäre.

  • Zitat

    Original von Midna
    Nur IST Autimus nunmal auch eine Behinderung...


    Sind Seh- und Gehörsschwächen auch, aber hier käme wohl niemand auf den Gedanken, sein Kind deswegen abzutreiben, zumal Autismus (zumindest der Asperger) auch eine erblich bedingte Kiste ist. Sind Fälle von Autismus in der Familie bekannt, und man will das Risiko nicht eingehen, ebenfalls ein autistisches Kind zur Welt zu bringen, bekommt man am besten erst gar kein Kind.
    Will man das Risiko eines schwerbehinderten Kindes verringern, sollte man sich aber generell vor der Schwangerschaft untersuchen lassen und sich mal im näheren Verwandtenkreis umsehen. So wird eine Abtreibung gar nicht erst notwendig.



    Und jetzt mal nen kleines Geheimnis: Mütterlicherseits liegen schwere Depressionen in der Familie, väterlicherseits der Asperger-Autismus. Meinen kleinen Bruder hat es voll erwischt, er ist Aspi durch und durch und auch ich und mein anderer Bruder können uns wohl nicht davon freisprechen (auch wenn die Psychologen sich da bislang alle uneins waren, ob nun schizoid oder autistisch oder doch einfach nur Arschloch :xugly:). Logischerweise hatte unsere Mutter deshalb einiges an Aufwand und Ärger mit uns, primär mit dem Kleinsten, weshalb sie mir vor einem Jahr anvertraute, dass sie uns nie bekommen hätte, wenn sie das alles vorher gewusst hätte. Hätte sie natürlich nicht wissen können, denn damals war das Asperger-Syndrom noch kein Thema und weitestgehend unbekannt, weshalb der Gedankengang per se unnötig war. Jaja, hätte hätte Fahrradkette.

  • Ich will jetzt nicht an der Diskussion teilnehmen, sondern vielmehr einen kleinen Einwurf machen, denn das was ihr hier gerade diskutiert (Autismus und Asperger-Syndrom), sind (afaik) noch nicht pränatal diagnostizierbar, da noch nicht bekannt ist welche genetische Vorraussetzungen dafür nötig sind. Darungos wollte, glaub ich, mit euch über Kinder sprechen die bereits im Mutterleib diagnostizierbare Behinderungen aufweisen.
    Wollt ich nur mal gesagt haben :D


    Nur damit dieser Post hier ein wenig auf das Thema geht:


    Ich denke auch, dass die Entscheidung, ein beeinträchtigtes Kind durch unsere harte Welt zu begleiten, einzig und allein bei den verantwortlichen Eltern liegt und bei keinem anderen, denn jene anderen müssen sich nicht 24/7 um das Kind kümmern.

  • In der von mir oben genannten Sendung schien es hauptsächlich um das Down-Syndrom zu gehen. Ich finde es aber gut wenn das etwas allgemeiner diskutiert wird.


    Ich persönlich denke das man einen Menschen den man in diese Welt setzt, möglichst gute Startbedingungen mitgeben sollte, sofern es möglich ist. Aber die Ethik kann natürlich auch nicht ganz außer acht gelassen werden.


    Man könnte es wenn man ganz weit ausholt auf folgendes Herunterbrechen:


    Wird jemand mit schweren Behinderungen geboren und lebt hier, leidet er unter diesen Behinderungen?


    Und wenn man das Leid verhindern könnte sollte man es dann nicht tun?


    Das führt ganz abschweifend sogar zu einer Gemeinsamkeit mit alten und sehr kranken Menschen die nicht mehr Leben wollen und bei denen man über Sterbehilfe nachdenkt.


    Nur das in unserem Fall hier natürlich noch kein richtiges Bewusstsein bei dem Wesen vorhanden ist. Sollte man für dieses Lebewesen, für sich und sein Umfeld, das Leid meiden? Oder soll es sich entwickeln dürfen? In der Hoffnung das dieser Mensch dennoch glücklich werden könnte.

  • Ich finde es einfach anmaßend, über fremdes Leben entscheiden zu wollen, nur weil es einem selbst nicht in den Kram passt.


    Wenn man sich einem behinderten Kind nicht gewachsen fühlt - gibt man es halt zur Adoption frei! Passt doch, ein anderer Mensch wird glücklich, man selbst hat kein behindertes Kind.
    Wenn man denkt, man müsse "zum Wohle des Kindes" handeln, dann sollte man das Kind das bitte mal schön selbst entscheiden lassen. Wenn ein behinderter Mensch dermaßen unglücklich ist mit seinem Leben, darf und wird er es selbst beenden. Klar, es gibt Behinderungen, da denkt man, die Leute merken ja gar nicht, wie schlecht es ihnen geht, und man denkt, ihr Leben sei nicht lebenswert - aber das ist einfach mal unsere Sicht der Dinge, weil wir uns anmaßen, unsere Lebensart sei die "bessere" oder "richtige".


    Wenn einem die bloße Geburt eines Kindes nachträglich Schaden bereitet, bspw. weil das Kind aus einer Vergewaltigung stammt, dann kann ich da eine Abtreibung verstehen. Nicht verstehen kann ich es aber, wenn man ein Kind der "Bequemlichkeit" halber bzw. des eigenen Egoismus wegen abtreibt... Ich sehe es als Mord und Elitarismus an, einem anderen Lebewesen das Leben zu verwehren wegen einer Behinderung. Wenn nun meine Freundin sowas machen würde, würde ich ihr deshalb sicherlich nicht die Freundschaft quittieren, aber ich hätte eine weitaus schlechtere Meinung von ihr.


    Will damit auch keinen angreifen oder auf die Füße treten, aber diese Ansicht "Ich will kein behindertes Kind, es ist mein Körper, also treib ich ab" entzieht sich einfach völlig meinem Verständnis. Wenn man kein behindertes Kind will, dann sollte man halt nicht schwanger werden.

  • Zitat

    Original von Midna
    Ich finde es einfach anmaßend, über fremdes Leben entscheiden zu wollen, nur weil es einem selbst nicht in den Kram passt.
    [...]
    Nicht verstehen kann ich es aber, wenn man ein Kind der "Bequemlichkeit" halber bzw. des eigenen Egoismus wegen abtreibt... Ich sehe es als Mord und Elitarismus an, einem anderen Lebewesen das Leben zu verwehren wegen einer Behinderung.


    Ich finde deine Haltung zu dem Thema nicht uninteressant, Midna. Dennoch bleibt bei bei dem, was du sagst, ein wichtiger Bestandteil offen, der meiner Meinung nach essenziell für eine solche Argumentation ist. Du sprichst ständig von "Leben" und "Lebewesen", dabei erklärst du allerdings mit keinem Wort, wo das Leben deiner Meinung nach beginnt.


    Zitat

    Ich bin der Meinung, jedes Leben ist lebenswert


    Dem kann ich nicht einfach so zustimmen. Manche Leben sind von vornherein ein komplettes Drama, das im verfrühten Selbstmord endet. Doch das lässt sich nur im Nachhinein sagen, niemand ist in der Lage, das Schicksal eines Menschen im Vorfeld als nicht lebenswert zu bezeichnen.
    Deshalb hätte ich diesen Satz anders formuliert. Ich würde sagen, dass jedem Leben das Potential innewohnt, lebenswert zu sein. Doch das nur am Rande.^^


    Ich will jetzt keine wissenschaftliche Diskussion darüber anzetteln, ab wann ein Kind sein Bewusstsein entwickelt, ob dies schon nach wenigen Monaten nach der Zeugung, oder erst ein Jahr nach der Geburt vorhanden ist, oder was auch immer. Denn eigentlich geht es um das Potential, irgendwann ein glückliches Leben führen zu können, egal welcher Zustand gerade herrscht.
    Deshalb meine Frage an dich, Midna: Steckt nicht bereits in jeder deiner Eizellen das Potential, einen gesunden und fröhlichen Menschen hervor zu bringen? Indem du zulässt, dass mit jeder deiner Monatsblutungen eine von ihnen verloren geht, verwehrst du auch jenen das Leben, die aus ihnen hervorgehen könnten. Angenommen, jemand würde das durchziehen, und wäre sozusagen dauerhaft schwanger, ohne Eizellen zu verschwenden. Ich denke nicht, dass eines der daraus entstandenen Kinder später sagen würde, es wäre nicht froh um die Chance, die ihm gegeben wurde.


    Deshalb wüsste ich gerne, wie du das siehst. Zweifellos steckt in jedem ungeborenen Kind das Potential, glücklich zu leben, ganz egal ob behindert oder nicht. Doch ist das wirklich ein Argument, in Anbetracht all des ohnehin "verschwendeten" Potentials außerhalb der Schwangerschaft?
    Ab wann ist für dich ein Kind tatsächlich ein Kind, und nicht mehr nur ein Zellhaufen, der von einer Nabelschnur am Leben gehalten wird?

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!