Achtung, der folgende Text enthält Spoiler zu Story und Aufbau des Spiels, nicht aber zu den DLCs
Breath of the Wild hat in meinen Augen vieles Richtig gemacht, aber was habt ihr für Wünsche für die Zukunft? Obwohl BotW viele coole, neue Elemente hat, stellt sich die Frage, was man beim nächsten Mal besser machen könnte. Es haben sich ein paar Punkte ergeben die ich mir fürs nächste mal anders wünschen würde, bzw. die mir in BotW negativ aufgefallen sind. Das alles ist meckern auf hohem Niveau, das Spiel gefällt mir dennoch gut.
Für mich ist die zweischneidigste Neuerung von Breath of the Wild die offene, freibegehbare Spielwelt. Zum einen bringt es massive Vorteile - zum ersten mal fühlt sich Hyrule wie ein tatsächliches, vollständiges Land an und nicht wie eine aneinanderreihung von Schauplätzen. Zum ersten mal gab es in einem Zelda so viel Freiheit wie es nicht mal im ersten Teil möglich war.
Mein Problem damit ist, dass ein Spiel in meinen Augen ein Gewisses maß an Führung braucht um dauerhaft spannend zu bleiben. Das liegt für mich vor allem an folgenden Punkten:
1. Story
Die Story kann nicht allzu tiefgründig werden wenn alles in nicht zusammenhängenden Abschnitten vorgesetzt wird, damit meine ich folgendes: Die vier Gebiete in Breath of the Wild sind vollkommen autark voneinander, niemand von der Gerudos hat beispielsweise irgend eine Ahnung von den Problemen der Goronen, Orni oder Zoras und es tangiert sie auch nicht. Es besteht einfach überhaupt kein Zusammenhang und das muss nach der Philosophie von BotW so sein, denn ansonsten könnte man die Abschnitte nicht nach beliebiger Reihenfolge angehen. Allerdings führt das auch dazu dass es keinen vernünftigen Story-Aufbau geben kann. Außerdem hat man spätestens nach dem ersten oder zweiten gespielten Abschnitt eine recht genaue Vorstellung davon, wie es in den verbleibenden Gebieten zu gehen wird. Alle Gebiete haben eine recht ausgewogene Menge an spielbarem Inhalt und auch der Ablauf dieser vier Questreihen ist sehr ähnlich. Der Weg zur jeweiligen Siedlung ist mehr oder weniger gefährlich. Jedes Volk hat ein Essentielles Problem, das deren Leben stark einschränkt und bedroht. Um sich dem Titanen nähern zu können muss zuvor eine einzige andere Angelegenheit erledigt werden (Donnerhelm, Flugtraining, Häuptlingssohn retten, Donnerpfeile besorgen). Um in den Titanen zu gelangen muss eine Art Minispiel absolviert werden. Jeder Titan hat ein verstellbares Element das als Bestandteil des Tempels bewegt werden kann. Nach dem der Titan zurück erobert wurde, wird er nicht mehr als böse angesehen - und so weiter.
Die Kulisse ist bei diesem Ablauf natürlich jedes mal anders, auch der genaue Inhalt der Aufgaben ist unterschiedlich. Aber dennoch hat das alles etwas zu "ritualhaftes" für mich, wodurch es nicht zu großen Überraschungen oder Twists kommen kann. Auch kann es, abgesehen von stärker werdenden Gegnern, keinen Anstieg im Schwierigkeitsgrad im Bezug auf die Rätsel geben.
Auf der anderen Seite haben mir die Ausschnitte aus den Rückblenden extrem gefallen, es hat sich viel mehr angefühlt wie winzig kleine Bruchstücke von etwas größerem, was ich gerne erlebt hätte. Mir ist bewusst, dass die Stories der vier Gebiete im Prinzip auch optional sind, wie in etwa "riesige Sidequests", wobei man schon merkt, dass man dazu angehalten wird den vier Völkern zu helfen bevor man Ganondorf herausfordert. Eine "Pflicht-Story" die man durchmachen muss gibt es ja bis auf das Tutorial und den Kampf gegen Ganon nicht.
Wäre es nicht besser anstelle von vieren eine einzige Hauptquest zu haben, die sich jedoch an ein oder zwei Stellen gabelt und somit dem Spieler ebenfalls Entscheidungsmöglichkeit bietet? Das Problem bei diesem Konzept wiederum ist, dass man in einem Durchlauf auf diese Weise nicht den gesamten Content der Hauptquest spielen kann. Andererseits erhöht sich aber der Wiederspielwert und wesentlich interessantere Storyverläufe sind möglich.
2. Rätsellösen und Items
Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass alle Items die fürs Rätsellösen notwendig sind auf einen Schlag verfügbar sind sobald das Tutorial abgeschlossen ist. Meines wissens bekommt man nur die Fotokamera etwas später, ihr Nutzen beim Rätsellösen ist aber nicht vergleichbar mit den Bomben und den anderen Fähigkeiten. Das bedeutet, dass man in Sachen Gameplay das ganze Spiel hindurch keine Neuerungen erfährt, wie es z.B. bei Super Mario Odyssey (Steuerbare Kreaturen mit verschiedenen Fähigkeiten) oder Majora‘s Mask (durch die 24 verschiedenen Masken) geschieht. Dadurch sind alle vier Haupttempel austauschbar, es gibt keine wirklichen „Themen“ für die Tempel, wie es z.B. in The Minish Cap, Ocarina of Time und vielen anderen Titeln üblich war und das schadet in meinen Augen der Abwechslung.
Ich bin kein Zelda-Fan der ersten Stunde sondern „erst“ mit Ocarina of Time und A Link to the Past eingestiegen, aber für mich gehört in eine Zelda-Welt auch eine Anzahl von Hindernissen und Problemen, die ich nicht sofort bewältigen kann. Es gehört für mich zum Gefühl stärker und fortgeschrittener im Spiel zu sein, wenn ich durch erlangte Fähigkeiten und Items später Areale betreten kann, die zuerst mit unter zwar zum greifen nah, aber unereichbar sind. In mir hat das immer eine besondere Neugier ausgelöst. Ich spreche z.B. vom Wald- und Schattentempel in Ocarina of Time, deren Eingänge man beide bereits lange Zeit bevor sie wichtig werden sehen kann. Mir sind immer Items mit besonderen Funktionen am wichtigsten - ob ich Ganondorf nun aber einen Speer, ein Masterschwert oder ein Nudelholz über den Kopf ziehe macht dagegen keinen all zu großen Unterschied und hat nur mit verschiedenen Waffenparametern und der Optik zu tun, nicht jedoch mit den Spielmechaniken.
Ich stelle in Frage ob eine offene, freie Welt, in der man sofort alles tun kann, wirklich besser ist als eine mit Einschränkungen, die man erst nach und nach überwindet. Es mag komisch klingen aber Einschränkungen und die Entwicklung von Fähigkeiten machen für mich einen wesentlichen Bestandteil von gutem Gameplay aus.
3. Abwechslung in der Spielwelt
Es mag ein Designelement sein, dass es im Hyrule von BotW in Relation zu dessen Größe nicht all zu viel zu erforschen und zu tun gibt. Was mich aber stört, ist dass sich sehr viel in dieser Welt wieder und wieder und wieder wiederholt. Ich rede dabei von verschiedenen Bestandteilen des Spiels, ein wesentlicher sind aber sicher die Krogs. Es gibt eine Handvoll möglichkeiten in wie fern ein Krog versteckt sein und gefunden werden kann, aber dennoch 900 verschiedene Fundstellen. Das hat zur Folge, dass sich viele Rätsel ständig wiederholen und geht so weit, dass man bereits aus der Ferne beurteilen kann, wo sich ein Krog befindet, Beispielsweise wenn man ein Spitz zulaufendes Gebäude oder einen Fahnenmast entdeckt. Das Spiel ist dermaßen inflationär mit diesen Krogs überladen, dass es nur wenig Platz für andere Geheimnisse oder Sammelgegenstände gibt, obwohl die Belohnung für die ganzen Krogs sich lediglich auf die Taschenkapazität auswirkt, also auch nicht sooo Reizvoll ist.
Bei den Schreinen verhält es sich ähnlich, wobei man beim Lösen der Schreine wesentlich mehr Abwechslung hat. Hier wurde sich viel mehr Mühe gegeben als bei den Krogs, auch wenn sich einige dennoch wiederholen und alle Schreine dasselbe Designasset verwenden (hat mich persönlich stark an die Testkammern aus Portal 1 erinnert). Hinzu kommt dass alle Schreine äußerlich die exakt gleiche Aufmachung haben, findet man die Mönchsmumie wird stets die selbe Animation abgespielt, man bekommt immer dieselbe Belohnung (die Anstelle der Tasche die Audauer/Lebenspunkte erweitert) und man hat abgesehen von den zu lösenden Rätseln selbst, niemals eine Überaschung zu erwarten. Positiv fallen hier die Schreine auf deren Rätsel außerhalb warten, z.B. die Labyrinthe und die einsame Insel im Südosten. Warum bei diesen überhaupt noch der Schrein vorkommen muss, den man nur Betritt um seine Belohnung abzuholen, kann ich nicht sagen - es wirkt geradezu zwanghaft.
Ein weiteres Beispiel sind die Pferdeställe, diese haben ebenfalls immer den gleichen Aufbau (Design, Schrein in der Nähe zur bequemen Erreichbarkeit, Mädchen das Pferde frisiert, Typ der Pferde registriert, Hund), bis auf einige kleinere Sidequests, die man sich vor Ort abholen kann, sind sie ebenfalls austauschbar. Hinzu kommt der Verkehr (Reiter, Terrihändler) zwischen den Ställen, der komplett Fake und reine Deko ist.
Noch ein Beispiel sind die Yiga-Hinterhalte und die Notleidenden denen man helfen soll. Das ist so repetitiv, dass ich mir nicht mal ganz sicher bin ob es sich nicht um einen Bug handelt. Jedes mal wenn man an einer bestimmten Stelle vorbei reitet findet man dort exakt die selben Charaktere in der exakt gleichen Situation wieder, egal wie oft man sie schon gerettet, besiegt oder im Stich gelassen hat. Paradebeispiel ist hier eine Schatzsucherin und ihr nicht überzeugt wirkender Freund vor dem großen Plateau, die stets an exakt jener Stelle gegen die selben Goblins kämpfen wenn man vorbei kommt und nie irgend eine Art von Fortschritt machen, egal was man tut.
Allgemein frage ich mich ob man Quantität bei diesen Themen unbedingt so hoch über Qualität stellen musste. Wäre eine kleinere Spielwelt mit einer kleineren Anzahl von interessanteren Schreinen und Krogs und Begegnungen mit NPCs nicht besser gewesen? Beispielsweise als Teil von Nebenquests, mit unterschiedlichen Designs der Schreine. Selbst das "als Schrein Kategorisieren" müsste in meinen Augen nicht sein. Warum nicht mal eine alte Mine, eine Ruine oder eine Tempelanlage betreten und rätsel lösen ohne dem Spieler gleich zu erzählen um was es sich genau handelt?
4. Kontext
In eine andere Richtung geht mein vierter und hoffentlich letzter großer Kritikpunkt an Breath of the Wild. Und zwar existieren viele Orte und Bauwerke, über die man/ich gerne mehr erfahren hätte aber es gibt einfach keine Informationen dazu und man bekommt auch nichts aus den NPCs heraus. Das gilt zum Beispiel für die Hateno-Festung, das Reiterdenkmal, Hyrulestadt, das Schloss, das Kolosseum, die Gebäudekomplexe auf und vor dem großen Plateau, die Akkala-Festung, den Steinbruch und die Gerüstkonstruktionen im Canyon zur Gerudo-Wüste, die Lanayru-Promenade und viele andere. Viele dieser Orte haben einzigartige Namen und Designs, dennoch findet man kaum etwas zu deren Bedeutung in der Vergangenheit oder sonstige Hintergründe, vielleicht z.B. in Form eines Tagebuchs oder einer Inschrift. Die einzige Ausnahme bilden die Steintafeln der Zoras. Es scheint als wurden sehr viele Kulissen aufgestellt die das Zeug zur Epik hätten, aber einfach nicht vertieft wurden. Ich habe das Gefühl, dass hier ein Ungleichgewicht herrscht: Zum einen will BotW mehr sein als ein kleines, überschaubares Märchen, zum anderen verspielt es die Chance seine Spielwelt auszubauen, wie es z.B. bei den The Elder Scrolls-Teilen getan wird (man muss es aber natürlich nicht gleich so übertreiben). Die Rückblende-Cutscenes saugt man auf wie ein Schwamm, da sie eine interessantere Geschichte zu erzählen scheinen als die, die man im tatsächlichen Spiel erlebt, trotzdem sind sie leider nur winzige Fenster um die Welt von BotW überhaupt zu verstehen. Ich bin mir im Klaren dass es Vorzüge hat einiges der Fantasie des Spielers zu überlassen, aber oft gibt es hierzu in meinen Augen nicht genug Ansatzmöglichkeiten.
Auch hier ist wieder die Frage ob es vielleicht daran liegt, dass Nintendo nach dem Prinzip „Masse statt Klasse“ vorgegangen ist. Wäre eine kleinere Welt mit mehr Tiefgang, wie wir sie schon in anderen Zeldaspielen hatten, nicht schöner?
Ich würde mich über andere Meinungen sehr freuen.