Seltsam oder? Bilder gehören sowieso zur Kunst und Bauwerke auch. Aber auch Musik und Filme. Warum gehören dann Spiele nicht zur Kunst, obwohl sie eigentlich die interaktivste Form der Kunst sind? Warum sind Spiele immer noch verschrieen, gerade wenn es um Gewalt geht?
Weil es einfach keine Spiele mit Anspruch gibt. Halt! Ganz stimmt das nicht...es gibt einige...aber nur wenige und die sind selten erfolgreich oder zumindest nie so erfolgreich wie die großen Blockbuster. Das ist zwar beim Film genauso, da aber der Film an sich schon seit Jahrzehnten ein Kunstmedium ist, tut das nichts zur Sache. Klar heutzutage kann man gute Filme auch mit der Lupe suchen, aber es gab eine lange Zeit in der wegweisende Filme gemacht wurden, allen voran "Panzerkreuzer Potemkin". Auch wenn das keinem von euch was sagen wird, ohne diesen Film gäbe es Filme wie wir sie kennen nicht. Und dann wären da noch Metropolis, Der Pate, Apocalypse Now, alles wegweisende Filme.
Sowas gibts bei Spielen auch, leider zu wenig und auch zu unbeachtet. Heutzutage sind Spiele eigentlich Casualspiele...egal ob Shooter, Jump'n'Run, RPG. Die meisten Spiele kommen mit einer Spielzeit von 8 bis 15 Stunden aus, haben selten wirkliche Innovationen, machen aber trotzdem Spaß. Bei RPG wird die Spielzeit immer länger, ansonsten ändert sich auch nicht viel. Fließbandproduktionen im Endeffekt.
Klar es gab auch wegweisende Spiele, die bekannt geworden sind, Mario, Final Fantasy, Zelda, Metroid, Half-Life, GTA etc. Aber die wirklich außergewöhnlichen Perlen dümpeln meist nur im seichten Wasser, wenn sie nicht sogar floppen.
Warum will die Allgemeinheit das nicht? Schauen wir uns ein paar Spiele an...was wäre, wenn sie tatsächlich Vorlagen, Blaupausen geworden wären? Wie würde die Spielewelt heute aussehen?
Beyond Good and Evil zum Beispiel. Entwickelt von Ubisoft, die ja eigentlich nicht so sehr für Innovation bekannt sind. Die Reporterin Jade wird Zeuge wie fiese Soldatenwesen die Bevölkerung von Hyllis einer Gehirnwäsche unterziehen. Das ganze ist ein Plattformspiel, ähnlich bekannter Jump'n'Runs, allerdings mit mehreren anderen Inhalten. Die wenigen Kämpfe sind kunstvoll umgesetzt und erinnern eher an ein ehrgeiziges Capoeiraspiel als an ein Jump'n'Run. Der Clou der Sache ist, dass es nicht reicht, die Schurken zu verdreschen, nein man muss die Bevölkerung von der Verschwörung überzeugen, indem man Beweise liefert und Personen und Orte fotografiert, die dann über eine Untergrundzeitung publiziert werden. Großartig, vor allem da man nebenbei auch noch die Wesen des Planeten fotografieren muss, um Geld zu bekommen, ähnlich der Scanfunktion bei Metroid. Das Spiel endete als Beinaheflop, Gott sei Dank ist Ubisoft mutig genug und hört auf die vielen Fans, sodass bald ein zweiter Teil herauskommt.
Mit sowas ließen sich doch einige Adventures oder Shooter aufpeppen. Mal ner interessanten Story, die nicht einfach nur wirr und stumpf ist.
Beim Storytelling können die Entwickler sowieso noch einiges von alten Spielen lernen. Allein Final Fantasy VIII. Ich meine gut, die FF-Serie ist hinlänglich bekannt. Aber außer dem Vorgänger hat keiner der Teile auch nur annähernd eine so dermaßen komplexe und doch simple Story mit so vielen Überraschungen und so vielen Emotionen. Wo sind die Emotionen hin in den Spielen? Kann mir irgendjemand ein Spiel aus der heutigen Zeit nennen, dass solche Emotionen rüberbringt, ein Spiel aus dem Jahre 2008? ich denke nicht. Weil die Entwickler lieber in Grafik und Physik-Engine investieren als in Story. Ich freu mich schon auf den Tag, an dem wir die Grenze des Machbaren erreicht haben. An dem Spiele so aussehen wie die Realität. Dann nämlich stehen die Entwickler vor dem gleichen Problem wie damals kurz vor dem Sprung in die dritte Dimension. Sie brauchen Inhalt. Nur diesmal wird es wohl lange keinen Sprung geben...schön für die Storys...dann vielleicht werden Spiele zur Kunst.
Da gibts noch etliche Beispiele...Welches Spiel hat es sich je wieder erlaubt so eine mitreißende und düstere Liebesgeschichte zu erzählen wie Max Payne? Klar das Spielprinzip ist simpel...aber über zwei Teile mit anzusehen, wie Max Payne zu Grunde geht, wegen einer Frau...das gabs nie wieder.
System Shock und Deus Ex...zwei Spiele, sowohl in Sachen Spielmechanik (RPG als Shooter) als auch in Sachen Storytelling und Atmosphäre einzigartig. System Shock erschuf eine solch beklemmende Atmospäre, wie kein Spiel danach wieder, auch nicht der inoffizielle Nachfolger Bioshock. Eine leere Raumstation und man erhält nur Informationen durch Sprachnotizen und die Gespräche mit S.H.O.D.A.N., der durchgeknallten KI.
Oder Deus Ex mit seiner dystopischen Welt, die locker mit Blade Runner mithalten kann, wo Menschen geteilt werden in Normale und Verbesserte (ähnlich Gattaca: Valid und Invalid), wo man sich mit Implantaten verbessert...Ein Spiel, das einem wirklich die Wahl gab, welche Dinge man tut und nicht das ganze Spiel über nur so tut als ob, vielleicht deinen Charakter noch anders aussehen lässt, aber im Endeffekt nur Gut und Böse kennt und die Entscheidung dafür in der letzten Minute fallen lässt. So wie drücke X für gut und B für Böse...Da gibts tausende Beispiele...Jade Empire, KotOR, Mass Effect, Fable I+II und so weiter.... alles tolle Spiele...Aber Deus Ex war halt doch anders. Nur wurde Deus Ex leider nicht als Blaupause genommen...
Und dann ganz zum Schluss gibts noch die wahren Kunstspiele, die allerdings allesamt gefloppt sind...Kaum ein Entwickler hat heutzutage noch Mut, solche Spiele zu entwickeln. Spiele wie Killer 7, das zwar eine etwas seltsame Story hat, aber sowohl in Spielmechanik als auch im ganzen Aufbau und Stil so einzigartig ist, wie brutal. Es ist nur bunt und überzeichnet und erreicht dadurch eine Genialität wie sie leider auch No More Heroes nicht erreichen konnte...bei Weitem nicht.
Oder Psychonauts...ein kleiner Wicht namens Raz, der in einem Sommercamp zum Psychonauten ausgebildet wird und in die Gehirne fremder Leute eindringt, um eine Verschwörung aufzudecken. Voller Witz und Einfallsreichtum, bei Weitem das besten Jump'n'Run aller Zeiten. Auch wenn die Banjo-Spiele ebenfalls nah ran kommen, ist doch Psychonauts einfach nochmal eine Generation weiter. Level, die in sich schlimmer verbogen sind als bei Mario Galaxy und in denen Agenten aufpassen, dass keine Psychonauten vorbeikommen sind schon einzigartig...Wenn man die Agenten dann austrickst, indem man einfach ein Stopschild hochhält und die einen dann als kompletten Bauarbeiter sehen...dann ist die Schwelle zur Kunst meines Erachtens überschritten. Nur leider blieb es bei einem Spiel, das nur wenige lieben...
Was ist mit ICO? Ein Spiel ohne Gewalt, das nur aus Rätseln und Hüpfpassagen besteht, aber dennoch gänzlich anders ist als ein harmloses Tomb Raider. Das so atmosphärisch ist, als sei es ein einziges Gemälde. Ein Spiel das wirklich Kunst ist.
Und was ist mit Shadow of the Colossus? Ein Spiel, von den ICO-Entwicklern, indem man nichts anderes macht als 16 hochhausgroße Kollosse zu besiegen, um seine Freundin von den Toten zurückzuholen. Mit einer riesigen Welt, in der es kein Leben gibt, außer den Hauptfiguren und den Kolossen und die trotzdem tausendmal lebhafter wirkt als die wesentlich kleinere Welt von TP. Indem man nur 16 Gegner besiegt, die aber in ihrer Vielfalt so einzigartig sind, dass es nie auch nur ansatzweise langweilig wird...Warum schafft Assassins Creed das nicht...da gibt es nur 9 Gegner und eine wesentlich lebhaftere Welt...
SotC ist ein Kunstwerk ohnegleichen, eines der simpelsten und trotzdem großartigsten Spiele aller Zeiten. Wie eigentlich viele der Spiele oben. Sie alle hätten zum Panzerkreuzer Potemkin der Spieleindustrie werden können.
Aber nein...stattdessen spielen wir den x-ten belanglosen Shooter und das x-te belanglose RPG.
Halo ist zur Farce seiner selbst geworden und trotzdem kaufen es alle wie bekloppt. Zelda ist mittlerweile, auch wenn ich die Serie mag, stecken geblieben und muss sich grundlegend ändern, um irgendwann nochmal die Größe zu erreichen, die OoT erreicht hatte. Mario hat den ersten Schritt getan. Metroid auch...aber da fehlt noch einiges...
Ach und zum Abschluss mal was witziges...ausgerechnet von den Entwicklern von Gears of War 2 kommt eine Neuerung, die eventuell wegweisend sein könnte, wenn man sie nur richtig einsetzt. Die Möglichkeit Berührungen darzustellen. Zwar im Moment nur anhand des MEATCUBEs (könnt ihr gern bei Google suchen, ich darf ihn hier nicht verlinken), aber das zeigt schon deutlich die Möglichkeiten.
Klar das Spiel nutzt das nur, um es noch spektakulärer aussehen zu lassen, wenn man einen Locust mit der Kettensäge zerfleischt. Aber was wären das für Möglichkeiten.
Man sieht wie sich die Oberschenkel verformen, wenn der Charakter sich hinsetzt, man kann sehen, wie sich Hände natürlich berühren. Was gibt das für Möglichkeiten Emotionen ins Spiel zu bringen, die bisher nur dem Film mit seinen realen Schauspielern möglich war. Vielleicht der Schritt über die Schwelle vom Unterhaltungsmedium zur Kunst.
So..viel geredet...was meint ihr?